Mein (Ex-)Partner ist ein Psychopath. Bärbel Mechler
aufklären. Wir waren beide am Boden zerstört. Der einzige Trost, den wir hatten, war, dass wir nicht alleine mit unserem Schmerz waren, sondern uns durch das gemeinsame Leid verbunden fühlten. Marcel meldete sich in der darauffolgenden Woche nicht. Dann erhielt ich die überraschende Nachricht von ihm, dass er eine Entschuldigung für mein indiskretes Verhalten erwarte; dafür, dass ich ihm hinterherspioniere und dieser Schlampe mehr glaube als ihm. Wenn ich ihn nicht verlieren möchte, wäre es das Mindeste, mich bei ihm zu entschuldigen, und zwar verbunden mit einer Einladung in ein gutes Restaurant. Ohne dass ich Reue zeige, werde er mir nicht verzeihen.
Wie schade, dass er nicht den Mumm hatte, bei mir zu Hause vorbeizuschauen. Dann wäre er nämlich im hohen Bogen hinausgeflogen. Ich hatte mir schon gedacht, dass er sich für mich entscheiden würde. Er hatte sich gern damit gebrüstet, dass ich Rechtsanwältin bin. Und er hatte sehr viel von meinen wohlhabenden Eltern profitiert. In der kurzen Zeit, in der wir uns kannten, hatte mein Vater ihn zu seinem jährlichen Segeltörn mit Freunden eingeladen und wir beide waren bereits in unserem Ferienhaus am Meer in Spanien. Diese Annehmlichkeiten werden bei seiner Wahl bestimmt besondere Berücksichtigung gefunden haben. Es ist nur widerlich. Ich antwortete ihm, dass ich ihm untersage, sich ein weiteres Mal bei mir zu melden oder auf andere Art Kontakt mit mir aufzunehmen. Ansonsten werde ich eine einstweilige Verfügung erwirken. Daraufhin habe ich nichts mehr von ihm gehört.“
Nicht viel anders plante Sven vorzugehen, was er mir in leicht angetrunkenem Zustand gestand. Er ist verheiratet und hat drei Kinder.
Sven, 59 Jahre alt, hatte sich in ein junges, blondes Mädchen verguckt. Mit allen Tricks wollte er sie dafür gewinnen, mit ihm die Silvesternacht auf seiner Yacht zu verbringen. Dieser Teil würde kein Problem für ihn sein. Doch wie sollte er es angehen, sich von zu Hause wegzustehlen? Schließlich war traditionell ein Fest mit der Familie geplant.
Doch Sven wäre nicht er selbst, wenn ihm solche Kleinigkeiten ernsthaft Kopfzerbrechen bereitet hätten. Er entschied sich kurzerhand für die Unschuldsvariante: Er plante, am Vortag alle Feuerwerkskörper zu verstecken und seine Frau dafür verantwortlich zu machen, dass sie nicht zu finden seien. Dabei beabsichtigte er einen Wutanfall vorzutäuschen und Hals über Kopf aus dem Haus zu stürmen. Am nächsten Tag müsste sich seine Frau dann bei ihm entschuldigen, was er großzügig annehmen würde.
Dass er damit nicht nur ihr, sondern auch dem Rest der Familie das Fest richtig vermasseln würde, interessierte ihn nicht im Geringsten.
Fazit:
Seien Sie sich für jedwede Angriffe zu schade. Die wahren Beweggründe liegen ohnehin außerhalb Ihres Vorstellungsvermögens.
Dies war ein kurzer Abriss über das psychopathische Instrumentarium, das noch wesentlich umfangreicher ist. Alles zu benennen, würde hier den Rahmen sprengen, doch beim Lesen des Buches werden Sie noch auf weitere Strategien und Vorgehensweisen dieser dissozialen Persönlichkeiten stoßen.
Nach alledem, was Sie erlebt und aus den Geschichten der Menschen, denen es ganz ähnlich erging, erfahren haben, sollten Sie zu dem Schluss gelangen, dass dieser Menschenschlag in erschütternder Weise einen durch und durch parasitären Lebensstil pflegt. Das ist die wohl noch sozialverträglichste Formulierung, die ich für Ihren Peiniger benutzen kann. Er wird sich jedenfalls nicht ändern. Das Privileg zu lernen, damit umzugehen, bleibt also leider wieder einmal Ihnen vorbehalten.
Psychopathische Besonderheiten
Ich habe nachfolgend ein paar der markantesten Persönlichkeitsmerkmale aufgelistet. Alle wiederzugeben wäre auch hier aufgrund der Dimension dieser Thematik zu umfangreich. Deshalb setzen wir uns mit jenen auseinander, die den Partnern psychopathischer Charaktere am meisten zu schaffen machen.
Doppelmoral
Zu Beginn möchte ich einen kleinen Auszug psychopathischer Doppelmoral präsentieren. Es ist eine kleine Veranschaulichung dessen, woran diese Menschen glauben, was sie sich herausnehmen oder zutrauen und was sie im Gegenzug von ihren Partnern einfordern bzw. ihnen unterstellen.
Er (Sie) … | Sein(e) Partner(in) … |
kann kommen und gehen, wann immer er (sie) möchte. | soll immer zur Verfügung stehen und stets erreichbar sein. |
hält sich an keine Absprachen. | wird auf seine (ihre) Aussagen festgenagelt. |
flirtet ungeniert. | darf nur ihn (sie) bewundern. |
stellt eigene Bedürfnisse über alles andere. | hat kein Recht auf eigene, „egoistische“ Bedürfnisse. |
verdreht jede Wahrheit. | muss sich streng an dessen (deren) Wahrheit halten. |
kann sich immer an alles erinnern. | leidet unter Gedächtnislücken. |
weiß, was gut für andere ist. | soll blind gehorchen: „Tu einfach, was ich dir sage.“ |
dreht anderen das Wort im Mund herum. | kann nicht richtig zuhören. |
stellt seine (ihre) eigenen Regeln auf. | hat sie einzuhalten. |
hält sich für einen geistigen Überflieger. | verhält sich psychisch auffällig. |
macht aus jedem Wehwehchen ein Drama. | soll sich im Krankheitsfall zusammenreißen. |
hält Liebe für ein Geschäft. | hat überzogene Vorstellungen von Liebe. |
spielt Entgleisungen als Scherz herunter. | reagiert humorlos und versteht keinen Spaß. |
Reflexion:
Erkennen Sie an, dass Ihr Partner blind ist für die Wahrheit. Verzichten Sie auf den Wunsch, ihn zu belehren; nutzen Sie Ihre Energie sinnvoller, nehmen Sie seine Behauptungen nicht mehr ernst.
Widersprüchlichkeit
Menschen, die ihrem inneren Chaos zum Opfer fallen, sind zu stringentem Handeln unfähig. Dass sie sich dabei innerhalb einer kurzen Zeit oder sogar noch im gleichen Satz selbst widersprechen, fällt ihnen möglicherweise nicht auf, oder sie messen dem keine Bedeutung bei. Ihr Motto lautet, auch wenn sie selbst es am wenigsten bemerken:
„Wie kann ich wissen, was ich denke, bevor ich höre, was ich sage?“
Wenn dann wenigstens das Gesagte eine gewisse Relevanz hätte. Zur Verdeutlichung möchte ich Ihnen zwei Beispiele nicht vorenthalten.
Thomas bearbeitete Irene viele Monate, ihren ersten gemeinsamen Urlaub in Portugal an der Algarve zu verbringen. Er sei der absolute Strandtyp, der Sonne und Meer zum Leben brauche. Sie ließ also von ihrem Traum, Schweden zu bereisen, ab und willigte ein. Das Ergebnis war, dass er zwei Wochen im All-inclusive-Hotel betrunken an der Bar herumlungerte oder auf dem Zimmer vor dem Fernseher lag und sich über die ‚Idioten, die sich wie Brathähnchen in der Sonne grillen‘, lustig machte. Mit Sonne, Strand und Meer war es nicht weit her. Und das alles selbstverständlich auf Irenes Kosten.
Auch Justine möchte ihr Beispiel weitergeben:
„Mein Freund hatte nur wenig sexuelles Interesse an mir. Er sagte, dass ihn das noch nie interessiert hätte. Doch kaum hatte er etwas getrunken, verlor er sich regelmäßig in Ausschweifungen, wie grandios der Sex mit meiner Vorgängerin gewesen sei. Wenn ich ihn dann am nächsten Tag darauf ansprach, lachte er mich aus und stellte meinen gesunden Menschenverstand infrage, der einem Betrunkenen Glauben schenke.
Dies hatte mich lange sehr verletzt, aber zwischenzeitlich habe ich mich verändert, womit er nie gerechnet hatte. Beim letzten Vorfall reagierte ich für ihn vollkommen unerwartet und sagte sehr ernst: ‚Ich bedaure sehr, dass du deine Männlichkeit verloren hast und nur noch in Erinnerungen schwelgen kannst. Jetzt verstehe ich auch, warum du dich regelmäßig mit Alkohol betäuben musst, um etwas Glück zu verspüren. Du benötigst dringend psychologische Hilfe. Meine Freundin hat mir einen sehr guten Therapeuten für dich empfohlen. Ach ja, das wollte ich dir noch sagen: Wenn wir Frauen über unsere Beziehungen sprechen, bleibt das natürlich unter uns.‘
Ich möchte jetzt mit meinen Ausführungen nicht zu weit gehen. Aber meine Worte haben ihn fertiggemacht. Wann immer danach eine Freundin zu mir kam, suchte er vor lauter Scham das Weite,