Krafttraining - Die 100 Prinzipien. Jan Pauls

Krafttraining - Die 100 Prinzipien - Jan Pauls


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beeinflussen. Neben dem Trainingszustand sind dies insbesondere das Alter, das Geschlecht und das Körpergewicht. Im Laufe des Erwachsenenalters kommt es ab dem 30. Lebensjahr zu einem langsamen Absinken der Kraftleistungsfähigkeit. Im 6. Lebensjahrzehnt tritt ein besonders deutlicher Verlust ein. Daher kann man die Kraftleistungen junger Männer nicht mit denen von 60-Jährigen vergleichen, ohne dies zu berücksichtigen. Dieser Tatsache trägt man durch die Bildung von Altersklassen Rechnung. Dass Männer und Frauen unterschiedliche Voraussetzungen für Kraftleistungen haben, führt zu einer Trennung der Geschlechter in Wettkämpfen. Innerhalb der Geschlechter und einer gleichen Altersgruppe wird die Kraft jedoch maßgeblich durch das Körpergewicht bestimmt, da der schwerere Sportler normalerweise auch mehr Muskelmasse besitzt. Die absoluten Kraftleistungen werden deshalb in relative umgerechnet, indem man das erzielte Ergebnis auf das Körpergewicht bezieht:

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      Im Beispiel oben hatte ein Sportler 100 kg gedrückt. Wiegt er 80 Kilogramm beträgt seine relative Kraft im Bankdrücken 1,25. Drückt ein 65 kg schwerer Sportler dasselbe Gewicht, ist dessen Leistung höher zu schätzen, da seine relative Kraft 1,5 beträgt. Üblicherweise nimmt mit dem Anstieg des Körpergewichts die absolute Kraft zu, während sich die relative verringert. Im Gewichtheben, Kraft-Dreikampf, Bodybuilding und in Kampfsportarten wird der Beziehung zwischen Kraft und Körpergewicht durch die Bildung von Gewichtsklassen Rechnung getragen. Ein Sportler mit 75 kg Körpergewicht startet in einer anderen Gewichtsklasse als der mit 95 kg. Daher hat jeder Wettkämpfer Konkurrenten mit ähnlicher Körpermasse, was die Chancengleichheit verbessert. Im Kraft-Dreikampf wird sogar bei einem gleichen Hebeergebnis innerhalb der Gewichtsklasse derjenige zum Sieger erklärt, der beim Wiegen vor dem Wettkampf weniger auf die Waage gebracht hat. Zudem wird in dieser Sportart der Gesamtsieger eines Wettkampfs durch die Berechnung einer relativen Leistung, bei der man das Verhältnis von gehobener Last und Körpergewicht berücksichtigt, ermittelt (sogenannte Wilks-Punkte). Im Kraft-Dreikampf gibt es bei den Männern zehn, bei den Frauen neun Gewichtsklassen, im Gewichtheben acht bzw. sieben. Bei einigen Kräftigungsübungen kann man die relative Kraft direkt aus der erzielten Leistung ablesen, nämlich dort wo das eigene Körpergewicht bewegt werden muss, z. B. beim Klimmzug, beim Barrenstütz (Dips) oder beim Liegestütz. Auch in Sprungleistungen fließt das Verhältnis von Kraft und Körpergewicht direkt ein.

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      Relative Kraft der Olympischen Goldmedaillengewinner im Gewichtheben der Männer 2008 in Peking; Quelle: Institute of Applied Training Science (IAT) unter www.bvdg-online.com

      VERWEISE:

      

Referenzwerte (70)

      

Körpergewicht (51)

      

Frauen und Männer (75)

17Beweglichkeit
Nutze große Bewegungsamplituden im Training

      Bei der Ausführung von Übungen im Krafttraining gilt das Prinzip, dass man grundsätzlich über den gesamten Bewegungsbereich eines Gelenks trainiert und Teilbewegungen vermeidet. Den Bewegungsbereich einer Übung nennt man auch R.O.M. (engl. range of motion). Die Forderung nach einem Training über den full R.O.M. ergibt sich aus der Erkenntnis, dass ein Muskel sich in seiner Funktion und Struktur spezifisch an die jeweiligen Anforderungen im jeweiligen Bewegungsbereich (also bei unterschiedlichen Gelenkwinkelstellungen) anpasst. Das bedeutet z. B., dass eine isometrische Halteübung im 90°-Kniewinkel vor allem die Oberschenkelkraft in diesem Winkelbereich trainiert, die Übertragungseffekte auf andere Winkelbereiche (z. B. 120° bzw. 60°) jedoch relativ gering sind. Zudem ist ein Muskel bestrebt, sich in seiner strukturellen Länge an die geforderten Belastungen anzupassen. Dies kann z. B. durch eine Verlängerung (Sarkomeranbau) oder eine Verkürzung (Sarkomerabbau) geschehen. Legt man dem Arm aufgrund einer Verletzung einen Gipsverband an, in dem der Ellbogenwinkel auf 90° fixiert ist, verkürzt sich der Bizepsmuskel strukturell, weil er ständig angenähert ist. Lässt man umgekehrt Mäuse auf einem Laufband ständig bergauf laufen, verlängert sich ihre Wadenmuskulatur, um für die neuen Belastungsbedingungen eine optimale Kraftentwicklung zu ermöglichen.

      Trainiert man also nur einen kleinen Bereich einer möglichen Bewegungsamplitude, können Verkürzungen und einseitige Anpassungen eine vielseitige und variable Leistungsfähigkeit des Muskels behindern. Zwar ist es für den Leistungssportler wichtig, bestimmte Winkelbereiche speziell zu trainieren, wenn er gerade diese für seine Wettkampfleistung benötigt. Dennoch ist es mindestens aus gesundheitlicher und verletzungsprophylaktischer Sicht wichtig, im Krafttraining möglichst große Winkelbereiche zu trainieren. Die Muskulatur kann dadurch in jeder Gelenkstellung eine optimale Stabilität und Schutzspannung zur Verfügung stellen. In der Regel ist es aber auch leistungsphysiologisch von Vorteil. Insbesondere Spielsportler, viele Kampfsportler oder Leichtathletik-Mehrkämpfer benötigen aufgrund der vielfältigen Bewegungsmuster im Wettkampf eine optimale Muskelfunktion im gesamten Winkel bereich von Knie-, Schulter-, Hüftgelenk und Wirbelsäule, um sich im Wettkampf effektiv, schnell und variabel bewegen zu können. Im Bodybuilding gilt das Training über den vollen Bewegungsumfang als notwendig für eine harmonische, vollständige Ausbildung der Muskulatur.

      Die Anpassung des Nerv-Muskel-Systems an unterschiedliche Bewegungsbereiche im Training hat neben dem Kraftaspekt auch eine deutliche Wirkung auf die Beweglichkeit. Ein Krafttraining über den full range of motion macht also beweglicher. Ein Training an einer Butterfly-Maschine (Brustmuskeltraining) kann z. B. die Beweglichkeit des Schultergelenks verbessern. Tiefe oder Ausfallschritt-Kniebeugen verbessern die Beweglichkeit der Hüftgelenke, Rumpfrotationen die der Wirbelsäule. Ein Krafttraining setzt nur dort die Beweglichkeit herab, wo die Weichteilhemmung durch eine extrem hypertrophierte Muskulatur die Gelenkbewegung behindert. Moderne Leistungsturner und viele Gewichtheber sind allerdings ein Beispiel für die Verbindung einer großen Muskelmasse mit einer hervorragenden Beweglichkeit. Das Vorurteil vom unbeweglichen Kraftsportler passt nur dort, wo einseitig und falsch trainiert wird.

      Eine Einschränkung der Forderung nach einem vollen Bewegungsumfang ergibt sich dort, wo die endgradige Gelenkwinkelstellung eine vollständige Entspannung der trainierten Muskulatur bewirkt (z. B. Durchdrücken der Knie an der Beinpresse) oder wo die Sicherheit und Gesundheitsverträglichkeit nicht mehr gewährleistet ist. Dies ist häufig bei Vorschädigungen oder im rehabilitativen Training der Fall bzw. bei dem Problem einer biomechanischen Zwangslage. In diesen Fällen ist von dem Prinzip eines möglichst großen R.O.M. abzusehen.

      VERWEISE:

      

Bewegungsbegrenzung (63)

      

Dysbalancen (82)

      

Dehnen (60)

      

Endkontraktionen (22)

      

Wirbelsäulenschutz (81)

      

Haltung (98)

18Wiederholungszahl und Intensität
Die Wiederholungszahl pro Serie hängt von der Intensität ab

      Die Lastintensität im Krafttraining zeigt einen


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