Marthas Boot. Polly Horvath

Marthas Boot - Polly  Horvath


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rief Miss Webster über ihre Schulter hinweg. Die Mädchen hörten, wie sie auf dem Weg zum Auto vor sich hinmurmelte: «Das werde ich bereuen. Ich weiß, dass ich es bereuen werde. Eine dumme Entscheidung. Eine dumme, dumme Entscheidung.»

      «Sie ist nicht dumm», fand Charlie, als sie sich auf die Verandastufen setzten und zuschauten, wie Miss Webster abfuhr.

      «Nein», sagte Fiona nachdenklich. «Ich finde sie sehr mutig.»

      «Wahrscheinlich hat sie gelernt, mutig zu sein, als sie in unserem Alter allein gelebt hat», meinte Marlin. «Und jetzt kann sie es, wenn es sein muss.»

      «Tja», lachte Fiona, «da sind wir noch mal mit einem blauen Auge davongekommen. Wie wollen wir das feiern?»

      «Mit Kuchen!», rief Marlin. «Mrs Weatherspoon hat mich wohl angesteckt, bei jeder Gelegenheit einen zu backen.»

      «Wir haben keinen Kuchen», gab Natasha zu bedenken.

      «Nein, aber das muss ja nicht so bleiben», erwiderte Marlin. «Ich schaue mal nach, was ich in Tante Marthas Schränken finde.»

      «Das sind jetzt unsere Schränke», verbesserte Fiona sie geistesabwesend.

      «Stimmt. Unsere Küchenschränke. Und aus den Vorräten backen wir einen Kuchen.»

      «Wir haben kein Kochbuch», erinnerte Natasha. Sie hatten Tante Marthas Bücherbestand bereits am Vortag durchsucht, als sie ein Brotrezept gebraucht hatten. Daher wussten sie, dass es Regale über Regale voller Bücher gab, doch kein einziges Kochbuch.

      «Dann sehe ich eben wieder im Internet nach», sagte Marlin. «Da finde ich alle Rezepte, die ich brauche. Da fällt mir ein, Fiona, werden Dinge wie das Internet nicht abgestellt, wenn Tante Martha die Rechnungen nicht mehr bezahlt?»

      «Sie ist erst vor vier Tagen gestorben. Das können wir mit dem Anwalt besprechen, wenn wir in die Stadt gehen, um mit ihm zu reden.»

      «Und zwar ohne irgendwie preiszugeben, dass wir die Rechnungen selbst bezahlen», mahnte Marlin.

      «Ja, das wird nicht so leicht sein», seufzte Fiona und stützte den Kopf in die Hände. «Wie auch immer, am besten machen wir unsere Hausaufgaben, während Marlin den Kuchen backt. Und ich rufe in der Kanzlei an, solange ich mich noch traue. Wir brauchen bestimmt einen Termin.»

      Mit einem Gefühl, als hätte sie Felsbrocken im Bauch, schloss Fiona sich in Tante Marthas Arbeitszimmer ein und rief den Anwalt an. Als Mr Pennypackers Sekretärin Fionas Namen notierte, sagte sie «Oh!», als hätte sie den Namen schon einmal gehört und wäre jetzt überrascht, sie persönlich am Apparat zu haben. Doch dann gab sie ihr reibungslos und ohne weiteren Kommentar einen Termin.

      Während Fiona telefonierte, durchforstete Marlin die Küche und fand unter anderem Mandelmehl sowie Kirschen in der Tiefkühltruhe. Nachdem sie sich im Internet schlau gemacht hatte, beschloss sie einen Mandelkirschkuchen zu backen. Es handelte sich um ein einfaches Rezept und sie bereitete den Kuchen in einer mittelgroßen gläsernen Form zu. Als sie schließlich mit den Hausaufgaben fertig waren und ein Abendessen aus Dosensuppe und überbackenem Käse verspeist hatten, war der Kuchen so weit abgekühlt, dass man ihn essen konnte.

      «Der schmeckt richtig gut», lobte Fiona und nahm einen großen Bissen.

      «Du bist die geborene Bäckerin», sagte Natasha.

      «Ja, das glaube ich auch», erklärte Marlin, die anschließend noch ihre Schularbeiten machte, während die anderen die Küche aufräumten und Fiona Pausenbrote für den nächsten Tag vorbereitete.

      Am Ende fielen sie erschöpft von diesem aufregenden Tag in ihre Betten und schliefen zu dem lauten Orchester der Baumfrösche ein, die sich in ihrem Märzdrang, einen Partner zu finden, die Kehle aus dem Leib quakten.

      Auch Miss Webster fiel todmüde ins Bett, abgekämpft von den schwierigen Entscheidungen, die sie hatte treffen müssen, doch es war ein Irrglaube gewesen, dass sie wach liegen und sich Sorgen machen würde, was alles schiefgehen konnte. Sie schlief sehr gut. Fiona dagegen wachte immer wieder auf und grübelte. Denn ihr war noch etwas eingefallen.

      Das kann nicht funktionieren, dachte sie mit Blick auf den Großen Wagen, der in der oberen rechten Ecke ihres Fensters hing und großzügig Sternenlicht über den tintenschwarzen Himmel ergoss. Wir brauchen eine erwachsene Person, die so tut, als würde sie für uns sorgen. Hätten wir so jemanden gehabt, hätte Miss Webster nie herausgefunden, wie es wirklich um uns steht.

      Auf den ersten Blick war das eine schwierige Aufgabe, weil die Mädchen in St. Mary’s By the Sea bisher niemanden kannten. Doch auch diesbezüglich hatte Fiona schon eine Idee.

Al Farber

      Als die Mädchen aufgestanden waren, peilte Natasha die Kuchenplatte an und wollte Mandelkirschkuchen zum Frühstück naschen. Da rief Fiona: «Finger weg vom Kuchen!»

      «Sogar Mrs Weatherspoon hat uns Kuchen zum Frühstück erlaubt», protestierte Natasha. «Sie meinte, das wäre auch nicht schlimmer als Donuts.»

      «Mrs Weatherspoon war kugelrund», sagte Marlin. «Willst du auch so enden?»

      «Das ist nicht nett, Marlin», schimpfte Fiona. «Außerdem ist das nicht der Grund, weshalb ihr den Kuchen stehen lassen sollt. Ich habe etwas mit ihm vor.»

      «Was denn?», fragte Charlie.

      «Nicht so wichtig», wiegelte Fiona ab. Sie wollte nicht, dass in der Pause oder über Mittag drei Münder drei Versionen ihres Plans ausplauderten und ein weiterer Nachmittag in Miss Websters Büro dabei heraussprang. «Erzähle ich euch nach der Schule, wenn wir wieder zu Hause sind.»

      Es war ein herrlich ruhiger Tag und die Mädchen genossen das neue Gefühl, endlich mal wieder Bus zu fahren und die letzten vier zu sein, die abgesetzt wurden, so wie sie am Morgen beim Einsteigen die ersten vier gewesen waren. Charlie fand, dass sie das irgendwie hervorhob.

      «Wir waren noch nie die ersten und die letzten in einem Bus.»

      «Wen interessiert das?», fragte Natasha.

      «Dadurch sind wir etwas Besonderes», beharrte Charlie.

      «Du wohnst nur mit uns und keinem Erwachsenen zusammen», erklärte Marlin. «Du bist bereits etwas Besonderes.»

      «Genau und hoffentlich bleibt das so», sagte Fiona trocken.

      Nachdem sie einen schnellen Imbiss in der Küche gegessen hatten, packte Fiona den übrigen Kuchen in Frischhaltefolie.

      «So», verkündete sie. «Jetzt bringen wir den nach nebenan.»

      «Was – zu dem bösen Mann im Wohnwagen?», fragte Charlie entgeistert.

      «Ja. Ich habe über einem Plan gebrütet, seit Marlin im Scherz meinte, wir sollten den Tanten und Onkeln, die uns nicht haben wollen, Briefe schreiben und ihnen Geld anbieten. Es hat mich ganz verrückt gemacht, das war so, wie wenn es einen juckt und man an die Stelle nicht rankommt, aber letzte Nacht hatte ich endlich die zündende Idee. Ich hab mir verschiedene Situationen ausgemalt, in denen wir erwischt werden könnten, weil sich kein Erwachsener als unser Vormund ausgibt. Da ist mir der Nachbar eingefallen. Umsonst wird er es wohl nicht machen, aber vielleicht, wenn wir ihn dafür bezahlen

      «Warum ausgerechnet er?», fragte Marlin.

      «Weil er so aussieht, als hätte er keine Skrupel und kein Geld. Außerdem ist er im Notfall in der Nähe. Falls wir jemanden brauchen, der rüberkommt und so tut, als würde er auf uns aufpassen.»

      Marlin nickte bedächtig. Sie erkannte die Vorteile des Plans. «Und mit dem Kuchen willst du ihm die Sache schmackhaft machen? Gute Idee», meinte sie beim Gedanken an die Wampe, die sich über seinen Hosengürtel wölbte. «Er macht den Eindruck, als könnte er einem guten Kuchen etwas abgewinnen.»

      «Ich will nicht mitgehen. Er ist unheimlich», bat Charlie.

      «Musst


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