Warrior & Peace. Stella A. Tack

Warrior & Peace - Stella A. Tack


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drückte ich sie. Unser heimliches Zeichen, dass wir uns liebhatten. Dreimal feste drücken. Diamond drückte zurück. Einmal. Ich lächelte. Zweimal. Ihr Griff wurde unangenehm fest. Mein Lächeln verrutschte. Dreimal. Sie packte so stark zu, dass meine Fingerknöchel knackten. Ich quietschte, wollte meine Hände losreißen, doch Diamonds Griff blieb unnachgiebig.

      »Sieh mich an!«, befahl die blonde Schönheit streng.

      Erneut versuchte ich, meine Hände zu befreien, denn Diamond machte mir inzwischen genauso viel Angst wie das Karussell zuvor.

      »Warrior«, sagte sie und zwang mich, ihr ins Gesicht zu sehen. »Du musst aufhören, ein Kind sein zu wollen!«, schalt sie mich. Ihre Fingernägel gruben sich in meine Haut.

      Ich schrie. »Du tust mir weh!«, heulte ich.

      »Das Leben tut immer weh«, gab Diamond kalt zurück. »Du musst endlich anerkennen, wer du bist.«

      »Das tue ich doch!«, jammerte ich. Die Schmerzen in meinen Händen pulsierten mit jedem Herzschlag. Inzwischen wurden meine Ellbogen taub.

      »Nein, tust du nicht. Es macht nämlich einen Unterschied, ob du für dich selbst zur Göttin wirst oder für ihn.« Sie nickte nach rechts.

      Unter nassen Wimpern sah ich hinüber und spürte, wie mein Atem stockte. Auf dem zuvor davongefahrenen Regenbogeneinhorn saß Peace – mit der Ausstrahlung eines Raubtiers, das überhaupt nicht glücklich aussah, auf einem bunten Einhorn sitzen zu müssen. Seine seelenlosen Augen leuchteten kalt wie Schnee. Die blauen Haare fielen ihm bis fast auf die Schultern. Eine steile Falte zerteilte seine arrogant gerunzelte Stirn. »Was soll das werden, Warrior? Warum ziehst du mich in deine Träume? Du solltest dich ausruhen.«

      »Sieh ihn dir genau an!«, wies Diamond mich an. »Du hast dich ihm unterworfen. Beinahe widerstandslos. Willst du diese Art von Frau werden? Gezähmt und am Zügel, nur um seinen Erwartungen zu entsprechen?«

      »Ich habe mich nicht unterworfen«, widersprach ich sofort. Trotzdem tat ich mir schwer, den Blick von dem blauhaarigen Gott loszureißen, der uns seinerseits musterte. Alles in mir wollte zu ihm laufen, sich in seinen Armen vergraben und seine Kälte mit meiner Wärme teilen. Ich wollte seine Lippen auf meiner Haut fühlen. Seine schlanken Finger, die mir über den Nacken strichen. Ich wollte … ich wollte … ihn. Mit Haut und Haaren.

      »Er benutzt dich nur, Warrior«, flüsterte Diamond. Ihre Worte stießen unangenehme Spitzen durch meine Brust.

      »Das tut er nicht. Wir sind Gefährten!«, zischte ich.

      Diamond starrte mich an. »Denk doch mal nach. Wollte er dich? So wie du bist? Hat er dich gesehen und sofort Leib und Seele mit dir geteilt, wie es unter Gefährten üblich ist?«

      »Ich …« Mein Atem stockte abermals. »Das kann er gar nicht. Er hat keine Seele«, erklärte ich bestimmt.

      Diamond schnaubte belustigt. »Lüg dich doch nicht selbst an. Er hat erst Notiz von dir genommen, als er von deinen Kräften erfahren und dich als nützlich eingestuft hat!«, erwiderte sie missbilligend. »Es brauchte nur ein paar süß geflüsterte Worte, ein paar Berührungen und du bist praktisch willenlos in seinen Händen zerflossen. Sieh es ein, Warrior. Er benutzt dich. Das liegt in seinem Wesen. Sein Vater Zeus ist genauso. Er spielt Schach. Und du bist eines seiner Bauernopfer.«

      »Nein! Nein, denn wenn ich sterbe, stirbt auch er. Er braucht mich. Ihm zu helfen, ist das einzig Richtige!« Ich versuchte ein weiteres Mal, mich loszureißen, doch Diamond hielt mich beharrlich fest. Ihre Nägel stachen wie Messer durch die blasse Haut. Ich wimmerte, als ein paar Blutstropfen heraustraten. Süßlich. Silbern. Unsterblich.

      »Die Sache an sich steht hier nicht zur Diskussion«, wies mich meine Schwester scharf zurecht. »Es geht um eure Rollen. Rede dir ein, was du willst. Aber es wird schlecht für dich enden, wenn du weiterhin den verliebten Welpen mimst. Du bist eine Chaosgöttin und viel mächtiger als er. Mit ihm wird die Welt untergehen. Er wird von Hass und Rachsucht gelenkt. Seine fehlende Seele, die Dunkelheit in ihm, frisst seinen Verstand auf. Zeus wusste ganz genau, was er tat. Aber mit dir … du an der Spitze würdest die Welt zu etwas Unglaublichem machen. Denk darüber nach. Früher oder später wird es heißen: fressen oder gefressen werden.« Mit diesen Worten ließ sie endlich los und richtete sich auf. Plötzlich wieder liebevoll rückte sie mir das verrutschte Krönchen zurecht. Ihre Finger blieben auf meinem Kinn liegen, hoben es sanft an. »Du bist eine Göttin, Warrior. Akzeptiere es.«

      Sie drehte sich um und ging. Ließ mich allein mit Peace zurück, der den eleganten Rücken aus schmalen Augen musterte. »Sie versucht, dich zu manipulieren«, stellte er nüchtern fest. »Einer der alten Götter muss einen Weg in deine Träume gefunden haben. Wir werden etwas dagegen unternehmen.« Sein Blick zuckte zu mir. Ein weicherer Ausdruck huschte über seine schönen Züge. »Hör nicht auf sie!«, raunte er mit belegter Stimme. »Ich bin dein Gefährte. Ich könnte dir niemals so etwas antun. Ich gehöre zu dir und du zu mir. Für immer … immer … immer … immer …«

      Ich keuchte. In den wenigen desorientierten Sekunden, in denen ich immer noch glaubte, auf einem Regenbogeneinhorn herumzudüsen, registrierte ich drei Dinge.

      1: Ich leuchtete grell wie ein Stern.

      2: Ich schwebte einen guten Meter über dem Bett.

      3: Jemand hämmerte lautstark gegen die Tür und ging mir damit gewaltig auf die Nerven.

      »Herrin Warrior? Ist alles in Ordnung?!«

      Ich hatte Schwierigkeiten, der grollenden, tiefen Stimme eine Person zuzuordnen. Als diese jedoch wütend knurrte und ein massiger Leib gegen die Tür krachte, erkannte ich sie endlich als die von Bloodclaw. Hilflos in der Luft schwebend schaute ich mich um. Mein Blick fing dabei meine Spiegelung in der Fensterfront auf. Ich leuchtete so hell, dass es blendete. Das gelöste lange Haar wogte um mich herum, als würde ich unter Wasser schweben, und ein so intensiver Rosengeruch stieg mir in die Nase, dass mir schlecht wurde. Kraftlos ruderte ich mit den Armen. Wie kam ich denn jetzt wieder runter?

      »Herrin Warrior?«, bellte der Hund.

      Ich öffnete den Mund, wollte um Hilfe rufen, doch die Wörter verstopften mir den Rachen. Heraus kam nur ein hilfloses Röcheln. Inzwischen schwebte ich so hoch, dass ich die Decke berühren konnte. Zappelnd versuchte ich, den Auftrieb zu stoppen, aber mein Körper schwebte stur auf die Zimmerdecke zu, bis meine Nase Bekanntschaft mit dem Putz machte. Stöhnend wollte ich mich abstoßen und im gleichen Augenblick geschahen zwei Dinge für mein schläfriges Hirn zu schnell.

      Es rumste laut. Die Tür splitterte und der Höllenhund sprang jaulend ins Zimmer, das schwarze Fell vor Aufregung gesträubt. »Herrin?«, bellte er ungläubig, als ich mit den Füßen strampelte und sich seine rötlich-lilafarbenen Augen endlich auf mich richteten. »Was macht Ihr da oben?«, fragte er mich baff.

      Gerade wollte ich etwas Schlagfertiges antworten, als ich fühlte, dass der Widerstand zwischen meinem Körper und der Wand ohne jede Vorwarnung nachgab. Als hätte jemand ein Gummiband überspannt, das schnalzend riss. Meine Haut kribbelte. Im nächsten Moment schwebte ich durch die Decke. Einfach so. Wie ein beschissener Geist!

      »Herrin Warrior!« Bloodclaw sprang. Seine Zähne schnappten nach meinem Hemdsärmel. Leider knapp vorbei. Ich fuchtelte wild herum, verlor den Höllenhund aus dem Blick. Kurzzeitig erspähte ich nur dunklen Stahl, Beton und die Stränge aus Magie, die das Konstrukt wie Kleber zusammenhielten. Meine Gedanken jagten kreuz und quer. Was passierte hier? Warum tat ich das? Meine Magie summte und füllte meine Zellen bis zum Überquellen. Wie ein See, dessen Damm gebrochen war und der jetzt alles überschwemmte. Die Göttin in mir schien Amok zu laufen. Aber warum? Es kam mir vor, als suchte sie nach etwas.

      Ich schnappte erleichtert nach Luft, als ich endlich die Wand hinter mir ließ und aus dem Fußboden eines Büros auftauchte. Eine Handvoll Schreibtische mit hochgefahrenen Computern stand im Raum rum. Dazu passend einige Götter, die ungläubig aufsahen, als ich neben dem Kopiergerät aus dem Boden purzelte. Ihre Präsenz füllte den Raum. Jung, wild und süßlich hing ihr unsterblicher Geruch in der Luft, wobei einer


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