Im Licht der Horen. Petra E. Jörns

Im Licht der Horen - Petra E. Jörns


Скачать книгу
sagte es bereits: Nutzen Sie Ihre Chance. Ich habe Sie für eine Mission hierher gebracht. Jetzt liegt es an Ihnen! Beweisen Sie mir, dass Sie es wert sind. Dann werde ich mich weiterhin für Sie einsetzen.«

      McAllister schwieg. Ganz langsam öffneten sich seine Fäuste, bis er sich plötzlich einen Ruck gab und nach dem Seesack griff. »Ich werde mein Bestes tun. Das verspreche ich Ihnen.«

      Coulthard versperrte ihm den Weg. »Oh nein, Jameson. Nicht Ihr Bestes! Das, was erforderlich ist. Ich brauche Sie!«

      »Es wird keinen Anlass zur Klage geben. Sie haben mein Wort darauf.« Die Worte klangen, als müsse er sie zwischen seinen Zähnen hervorpressen. Dabei hob er sein Kinn noch ein wenig. Seine Haltung war so aggressiv, dass Dee einen Moment um Coulthards Wohlergehen fürchtete.

      Lange standen sich die beiden so gegenüber, bis Coulthard ihm den Weg zur Hangartür freigab. »Ich erwarte Sie in Uniform und mit vorschriftsmäßiger Frisur um neunzehnhundert im Besprechungsraum. Sorgen Sie dafür, dass ich es nicht bereue.«

      »Aye – Sir.« Da war sie wieder, diese kleine, kaum wahrnehmbare, provokante Pause vor dem »Sir«. Doch Coulthard schien gewillt, sie zu ignorieren.

      Als er sich zur Tür wandte, konnte Dee sein Gesicht sehen. Einen irren Augenblick glaubte sie, er habe sie bemerkt, aber er schritt mit festem Blick an der Kabine vorbei Richtung Schott.

      Dees Herz machte einen Satz. Das war der Mann aus ihrem Traum. Und er trug Sträflingskleidung.

      Er stand auf Hawks Platz, als Dee den Besprechungsraum betrat. Sein makelloses, frisch rasiertes Gesicht wirkte wie aus Stein gemeißelt. Die dunkelgraue Uniform betonte seine durchtrainierte Figur, als wäre sie für ihn entworfen worden. Die blonden Haare waren nur noch zwei Fingerbreit lang.

      Die Verwandlung war perfekt, trotz der kurzen Zeit, die er zur Verfügung gehabt hatte. Hoch aufgerichtet, breitbeinig und mit den Händen auf dem Rücken wirkte er, als wäre er einem Werbefilm der Flotte entsprungen. Nur die widerspenstigen Haare schienen zeigen zu wollen, welcher Geist wirklich in diesem Mann wohnte.

      »Darf ich Ihnen Lieutenant Jameson McAllister vorstellen?«, brach Coulthard das Schweigen. »Er wird für die Dauer dieser Mission unser Pilot sein.«

      Die anderen Offiziere hatten Platz genommen. Nur McAllister stand noch. Mit regloser Miene fixierte er die Wand ihm gegenüber.

      Woher kannte sie nur seinen Namen? Die Frage ließ Dee keine Ruhe.

      »Ma’m, ich habe eine Beschwerde vorzubringen«, brach De Suttons näselnde Stimme das Schweigen. »Lieutenant McAllister hat meine ... unsere Kabine verwüstet. Ich bestehe darauf, dass Sie ihn dafür zur Rechenschaft ziehen.«

      McAllister atmete tief ein. Sein Blick suchte Coulthard.

      Deren Miene war eisig. »Wir hatten eine Abmachung.«

      »Ich war in Eile«, quetschte McAllister hervor. Seine dunkelgrauen Augen fixierten De Sutton. »Ich werde den Schaden selbstverständlich beheben. – Sir.«

      De Suttons Stimme wurde ungewöhnlich laut. »Ich weigere mich, mit ihm ein Quartier zu teilen.«

      »Sir.« McAllisters Blick wanderte zu Coulthard. »Ich versichere Ihnen, dass es zu keinen weiteren Zwischenfällen kommen wird.«

      Coulthard schien befriedigt. »Setzen Sie sich, McAllister.« Zu De Sutton gewandt sagte sie: »Sie haben Lieutenant McAllister gehört, Commander De Sutton. – Zu den Ergebnissen! Watanabe!«

      De Suttons Lippen wurden schmal. »Ma’m, mit Verlaub. Sie können mich nicht zwingen ...«

      »Commander De Sutton!« Coulthard sprach leise, dennoch hatte jedes ihrer Worte die Schärfe eines Peitschenhiebs. »Die Sache ist geklärt. Sollten Sie weitere Einwände haben, richten Sie diese bitte schriftlich über meine Person an die Admiralität. Ansonsten steht es Ihnen frei, von Ihrem Posten zurückzutreten. Für adäquaten Ersatz zu sorgen, dürfte nicht schwerfallen.«

      Das waren klare Worte. McAllisters Anwesenheit war ihr wichtiger als De Suttons. Wobei Coulthard recht haben dürfte: Es würde um einiges leichter sein, einen qualifizierten Ersten Offizier als einen weiteren Piloten für dieses Schiff zu finden. Auch wenn diese Crew noch so handverlesen war.

      Während De Sutton nach Luft schnappte, setzte McAllister sich in einer gleitenden Bewegung an den Tisch. Sein Blick traf Dee. Ertappt senkte sie die Lider. Nur um aus den Augenwinkeln zu beobachten, dass er sie weiterhin fixierte. Als suche er nach einer Antwort, die nur sie ihm geben könne.

      Natürlich! Er hatte sie gesehen – im Hangar!

      Ihr Herzschlag beschleunigte sich. Bemüht, sich nichts anmerken zu lassen, widmete Dee ihre Aufmerksamkeit dem Captain.

      »Die Ergebnisse, Watanabe!«, wiederholte Coulthard ungerührt.

      Watanabes Blick wanderte zuerst zu McAllister, bevor er endlich antwortete. Als müsse er sich vergewissern, dass dieser seinen Bericht wirklich hören durfte.

      »Alle Crewmitglieder haben die entsprechenden Sicherheitsfreigaben. Wenn auch bei einigen aufgrund ihrer Vorgeschichte Zweifel an ihrer Loyalität aufkommen könnten.«

      Coulthard runzelte die Stirn. »Präzisieren Sie das!«

      »Nahezu fünfzig Prozent der Crew haben während des Krieges durch Kriegshandlungen Familienmitglieder verloren. CPO Rileys Familie wurde während eines Angriffs auf den Heimatplaneten seiner Eltern vollständig eliminiert. Grund genug für die Hälfte der Crew, um im Untergrund gegen einen Waffenstillstand mit der Erdregierung zu kollaborieren.«

      Watanabes Blick ruhte auf McAllister, als gehöre er zu dieser Hälfte.

      »Des Weiteren haben wir drei Crewmitglieder an Bord, die als Mutanten klassifiziert wurden.«

      Dee vergaß einen Augenblick zu atmen. Ungerührt fuhr Watanabe fort, während er McAllister weiterhin fixierte.

      »Zwei Crewmitglieder wurden als Klasse fünf eingestuft, können also als unbedeutend angesehen werden. Ein weiteres Crewmitglied wurde als Klasse zwei klassifiziert, kommt jedoch aufgrund äußerer Umstände nicht für den Sabotageakt in Betracht.«

      Watanabe sah Coulthard an und Dee glaubte, Missbilligung in seinen dunklen Augen zu erkennen.

      »Da das Waffenstillstandsabkommen aber auch die künftige Stellung der hoch eingestuften Mutanten behandelt, halte ich dieses Crewmitglied für ein Sicherheitsrisiko.«

      Er sprach nicht von ihr, zum Glück! Dees Herz schlug laut und hart. Er sprach von ...

      McAllister presste die Lippen aufeinander.

      Coulthards Stimme klang erstaunlich ruhig. »Wie Sie bereits erwähnten, kommt dieses Crewmitglied nicht für den Anschlag infrage.«

      Es ging um McAllister. Coulthard verteidigte ihn. Fühlte sie sich ihm so sehr verbunden?

      »Noch etwas?«, fragte Coulthard.

      Watanabes Blick richtete sich auf Nayiga. »Junior Lieutenant Nayigas Name fiel in Zusammenhang mit einem Datendiebstahl auf der CFF Bellerophon vor knapp einem Jahr. Der Vorfall konnte bisher nicht geklärt werden. Ein anderes Crewmitglied ist ebenfalls ...«

      »Ma’m! Ich schwöre Ihnen, dass ich nichts damit zu tun hatte«, unterbrach Nayiga ihn. Sie sah zu McAllister, der ihrem Blick mit finsterer Miene begegnete.

      Bellerophon. Die Testmatrix. Dee horchte auf. Gerade noch rechtzeitig senkte sie den Kopf, statt wie Nayiga McAllister anzustarren.

      Daher kannte sie seinen Namen! Er war der Pilot, der vor Hawk die Testmatrix geflogen hatte. Derjenige, der die Forschungsdaten gestohlen hatte. Coulthard musste verrückt sein! Wie konnte sie nur ...

      Coulthard hob die Hand. »Beruhigen Sie sich, Nayiga! Wenn ich Grund zu der Annahme hätte, dass irgendjemand hier an diesem Tisch einen Akt des Hochverrats begangen hätte oder ihn unterstützte, dann wäre er nicht hier. Das gilt für jeden. War das alles, Watanabe?«

      »Ja,


Скачать книгу