Wilderer und Jäger Staffel 2. M. Bachmann

Wilderer und Jäger Staffel 2 - M. Bachmann


Скачать книгу
Wie ein Hauch kam der Wunsch von Marthls Lippen, denn trotz des hellen Sonnenscheins schien plötzlich ein Schatten über ihr Glück zu fallen.

      Eilig machte sie sich auf den Weg ins Tal, um den Schutz der Gottesmutter zu erflehen. Allzu zerbrechlich erschien ihr die Liebe und das Glück, das dieser strahlende Morgen verhieß. Sie wußte, wie schnell im Gebirge das Wetter umschlagen konnte. Ebenso plötzlich konnte das Unglück über ihre junge Liebe kommen.

      Marthl wußte nicht, wie recht sie mit ihren Befürchtungen hatte.

      Als sie bald darauf das Portal der Kirche öffnete, wandten sich der Verspäteten alle Augen der Dörfler zu.

      Erhitzt und mit geröteten Wangen suchte sie sich ihren Platz in der Bank, während sich die Neugierigen anstießen und ihren Teil dachten.

      Doch als kurz darauf auch der junge Jäger lange nach Beginn der Messe die Kirche betrat, da ging fast ein Raunen durch die Reihen. Mehr als ein Augenpaar wanderte von der Sennerin zum Jäger und zurück.

      Darunter war auch ein dunkles, in dem ein verhaltenes Feuer glomm, das so gar nicht zum festlichen Anlaß dieses Tages und zum Gebet zur Heiligen Jungfrau passen wollte.

      Ebensowenig paßten die Gedanken des Stirnthaler-Sepp zum Feiertag, während er wie alle anderen das Knie beugte.

      Voller Genugtuung schoß ihm durch den Kopf, was er eingefädelt hatte.

      *

      Erwartungsvoll trat der Aufreiter-Johann aus der Kirche. Alle Dörfler standen auf dem Kirchplatz im Sonnenschein in kleinen Gruppen beisammen. Würde Marthl zu ihm kommen, sich offen zu ihm bekennen?

      Voller Enttäuschung sah er, wie sie sich schnell entfernte, ohne einen Blick zurückzuwerfen. Sie wollte wohl den Frauen keinen Anlaß zum Ratschen liefern!

      Schon wollte er sich abwenden, um ebenfalls den Heimweg anzutreten, da wurde er von hinten angesprochen.

      »Grüß dich, Jager. Hast auch einmal den Weg herab gefunden!«

      Verwundert schaute sich Johann um. Dicht bei ihm stand der Wirt vom »Gamskrickl« und beugte sich vertraulich zu ihm hinüber. Der Jäger hatte ihn in der Kirche nicht gesehen. Er mußte eben erst zum Kirchplatz gekommen sein.

      »Grüß Gott, Wirt!« gab Johann reserviert zurück. Noch hatte er nicht vergessen, wie ihm im Wirtshaus mitgespielt worden war, und der Wirt mit seiner schleimigen Art war ihm unsympathisch.

      Jetzt ergriff er gar mit seiner schlaffen Hand die des Jägers und legte ihm die andere auf die Schulter.

      Johann wich befremdet zurück. Was wollte der Wirt von ihm?

      Wieder näherte der Mann sein Gesicht dem Johanns, und als er sprach, sprühten ihm Tröpfchen seines Speichels ins Gesicht. Angewidert wandte sich Johann ab, doch der Wirt hielt ihn fest.

      »Na, hast schon Erfolg gehabt?« fragte der Gamskricklwirt.

      »Erfolg? Was meinst du denn?«

      Johann wollte nicht so unhöflich sein und den Mann einfach stehenlassen.

      »Tu doch net so. Du weißt ganz genau, was ich meine«, zischte der Wirt.

      Eine Gruppe von Bauern kam jetzt, über irgend etwas diskutierend, an ihnen vorbei. Sofort hob der Wirt die Stimme.

      »Du hast dir doch vorgenommen, Geschäfte zu machen«, sagte er lauter als nötig.

      Die Bauern wandten neugierig die Köpfe. Da beugte der Wirt sich wieder zum Jager und sprach leiser, so daß sie ihn nicht mehr verstehen konnten.

      »Ich tu meine Pflicht und mach keine Geschäfte«, gab Johann aufgebracht zurück.

      »Ja, ja, schon gut!« Wieder faßte der Wirt beschwörend nach seinem Arm. »Ich hab’ doch nur einen Spaß gemacht«, murmelte er leise.

      »Seltsamer Spaß«, murrte Johann, dem die ganze Sache höchst eigenartig erschien. Er wollte dem Gespräch ein Ende machen und verabschiedete sich kurz von dem Wirt.

      »Dann sind wir uns also einig!« rief der Mann ihm leise nach, doch immerhin so laut, daß die Umstehenden die Worte verstehen konnten.

      Sofort steckten sie die Köpfe zusammen. Sie hatten neuen Gesprächsstoff! Schließlich ahnte man, welcher Art die heimlichen Geschäfte des Gamskricklwirts waren! Sollte etwa der neue Jäger etwas damit zu tun haben?

      Es dauerte nicht lange, da brodelten im Dorf Gerüchte über eine Verbindung zwischen dem Aufreiter-Johann und dem Wirt.

      Johann ahnte von alldem nichts. Er wollte den Wirt, der ihm ein bißchen wunderlich erschien und ihm immer unsympathischer wurde, endlich los sein.

      Plötzlich vertrat ihm ein junger Bursch mit dunklen Locken den Weg.

      Johann erkannte in ihm unverhofft jenen Mann, mit dem er gleich zu Anfang an der Klamm aneinandergeraten war.

      Da er keinen Streit suchte, wollte er mit einem kurzen Kopfnicken weitergehen. Doch plötzlich entsann er sich, daß der andere damals seinen Namen genannt hatte. Stirnthaler! Hatte nicht eben noch Marthl ihn vor einem Stirnthaler-Sepp gewarnt?

      Jetzt begann ihm plötzlich einiges klar zu werden! Interessiert blickte er in die dunklen Augen, in denen es loderte.

      »Ja, schau nur, Jager!« sprach Sepp ihn spöttisch an. »Bist ja ein feiner Jager, daß du sogar in aller Öffentlichkeit mit dem Gamskricklwirt verhandelst!«

      »Was soll das alles?« Jetzt riß Johann allmählich der Geduldsfaden.

      »Ach, tu doch net so un­schuldig. Hier wissen alle Bescheid!«

      Laut klang seine Stimme über den Kirchplatz. Die Leute, die begonnen hatten, sich zu zerstreuen, blieben stehen und schauten zu den beiden hinüber.

      »Jetzt langt’s mir aber!« Johann trat einen Schritt auf den Burschen zu. »Ich will wissen, was hier gespielt wird!«

      »Hört euch das an, er weiß von nix!« rief Sepp augenzwinkernd.

      Noch ehe der Jäger ihn zur Rede stellen konnte, lief er lachend davon.

      Verwirrt blieb Johann zurück. Er konnte sich keinen Reim darauf machen. Doch er sah wohl, wie die Dörfler erneut die Köpfe zusammensteckten und verstohlen zu ihm hinübersahen.

      Über was mochten sie reden? Johann spürte, daß es mit ihm zu tun haben mußte. Nur zu gern hätte er gewußt, um was es ging.

      Er fühlte sich plötzlich äußerst unbehaglich. Etwas braute sich über seinem Kopf zusammen. Wenn er nur wüßte, was es war!

      *

      Bevor Marthl wieder zur Schoberalm hinaufstieg, machte sie einen Besuch auf dem Stirnthalerhof.

      Der alte Bauer war gleich nach der Kirche heimgegangen und begrüßte freundlich seine junge Sennerin.

      »Ja, Marthl, das ist aber schön, daß du hereinschaust. Ist droben alles in Ordnung?«

      »Freilich, Bauer!«

      »Bist ein tüchtiges Madl«, lobte der alte Stirnthaler. »Ich hab’ ja meine Zweifel gehabt, weil du noch so jung bist. Aber es scheint, daß ich mich in dir net getäuscht hab’.«

      Marthl wurde rot vor Freude über das Lob. Der alte Stirnthaler galt als eigenwillig, und es gab Leute, die behaupteten, mit ihm sei nicht gut Kirschen essen. Auch munkelte man einiges über seine bewegte Vergangenheit.

      Doch Marthl störte das alles nicht. Sie kam gut mit dem Bauern aus und wußte ihn zu nehmen.

      »Dann werd ich jetzt wieder aufi gehen!« erklärte sie munter.

      »Wart, du wirst noch eine Jausen nehmen!« befahl er und schaffte der Küchenmagd an, Brot und Schinken zu bringen.

      Verlegen saß Marthl mit dem Bauern am Tisch. Sonst war es üblich, daß das Gesinde in der Küche saß. Sie empfand es als besondere Auszeichnung, daß sie beim


Скачать книгу