Wilderer und Jäger Staffel 2. M. Bachmann
die mehr einbrachte als Butter und Käse!
Sepp lächelte grimmig vor sich hin, als er wortlos davonstampfte.
Er entblößte die Zähne zu einem bösen Grinsen.
*
Die Sonne stand schon tief über den Gipfeln, als ein Mann im grünen Lodengewand den Bergpfad hinauf zur Schoberalm stieg. Das Hütl hatte er aus der Stirn geschoben. Der rasche Aufstieg trieb ihm den Schweiß aus allen Poren.
Doch er machte keine Pause, um zu verschnaufen, sondern kletterte im raschen Takt seines Herzens weiter.
Es war die Ungeduld, die Liebste zu sehen, die den Aufreiter-Johann so schnell bergan trieb.
Die Pfiffe der Murmeltiere gellten über die Felswände. Der Jäger schaute lächelnd hinauf zu den Hängen des Raffen.
»Euch werd ich auch bald einen Besuch abstatten!« murmelte er vor sich hin.
Doch heute abend wollte er nicht an die Arbeit denken. Er hatte Feierabend, und den wollte er mit Marthl verbringen, der sein Herz gehörte!
Die Sonne vergoldete den Bergwald, während im Tal schon die Schatten regierten.
Immer, wenn Johann hinaufstieg, fühlte er sich frei und glücklich. Er summte vor sich hin.
Als er die Alm erreichte, war die Sonne hinter den Bergen verschwunden, nur der Gipfel des Raffen leuchtete noch in zartem Rosa, und die Wolken am Himmel verrieten mit ihrem Leuchten, wo die Sonne untergegangen war.
Das Klappern der Melkeimer, das er schon von ferne hörte, beflügelte seinen Schritt.
Fast wäre ihm eine Gestalt begegnet, die, beladen mit einem schweren Rucksack, im Schutz der hereinbrechenden Dämmerung den Pfad herabkam.
Doch gerade in diesem Augenblick ließ der Jäger einen Jodler zur Begrüßung der Sennerin ertönen.
Wie ein Schatten glitt der andere hinter einen Felsen und duckte sich. Ahnungslos schritt der Jäger an ihm vorbei, während dunkle Augen lauerten.
»Warte nur!« knirschte der Mann hinter dem Felsen. »Das ist das letzte Mal, daß du es wagst, zu meinem Madl auf die Alm zu kommen. Du wirst es noch bitter bereuen, daß sich unsere Wege gekreuzt haben, Jager! Alles wirst du mir heimzahlen. Bald ist es soweit!«
Lautlos glitt die Gestalt weiter bergab, während der Jäger vor der Alm Marthl in seine Arme schloß.
Stürmisch begrüßten sich die beiden. Doch dann schaute ihn Marthl nachdenklich an. Sie konnte nicht vergessen, was Sepp vom Jäger behauptet hatte!
Auch wenn sie in seinem Gesicht kein Falsch entdecken konnte, so hatten doch die Worte des Bauernburschen genügt, den Schatten eines Verdachts in ihrem Herzen zurückzulassen.
Der Jäger bemerkte ihr Zögern.
»Was hast du denn, Marthl?« fragte er zärtlich. »Stimmt was net?«
»Doch, doch, es ist alles in Ordnung«, versicherte das Madl hastig.
»Aber ich spür doch, daß du etwas hast«, beharrte Johann.
»Laß mich raten! Du bist dir net sicher, ob ich es ernst mit dir meine!«
»Ach, geh!« wehrte Marthl ab und fuhr ihm mit den Fingern durch sein buschiges Haar.
»Doch, das wird es sein! Glaub mir, Dirndl, noch nie hab’ ich es mit einem Madl ernster gemeint. Wenn du mich auch magst, dann sollst du mein Weib werden«, versprach er ernst.
Da ging ein Leuchten über Marthls Gesicht, und es schien ihm noch schöner als sonst.
Doch gleich darauf sah er, daß ein flüchtiger Schatten das Blau ihrer Augen verdunkelte.
»Jetzt glaubst, daß ich dich net ernähren kann«, vermutete er. »Freilich, ich bin kein Bauer mit einem großen Hof. Keiner wie der Stirnthaler-Sepp, der einmal einen stattlichen Berghof erben wird!«
»Was redest du nur«, beschwichtigte Marthl, die seine Erregung spürte. »Mir geht’s net um den Hof. Ich gehorche allein meinem Herzen, und das sagt ›ja‹ zu dir, immer wieder ja!«
Ihre Lippen suchten die seinen, um ihn an weiteren Worten zu hindern, die ihr doch so töricht erschienen. Als ob sie sich Gedanken über Geld und Gut machte, wenn doch das Herz seine Entscheidung längst gefällt hatte!
»Wir können im Jägerhaus wohnen«, sprach Johann unbeirrt weiter. »Fürs erste ist es groß genug, und auch mein Gehalt langt für uns zwei. Freilich, wenn einmal Kinder kommen, wird es eng im alten Jagerhäusl, und mit dem Geld wird es knapp werden.«
»Wo die Liebe wohnt, ist allweil genug da zum Leben«, erklärte Marthl voller Zuversicht. »Da wird halt zusammengerückt.«
»Ich kann was dazuverdienen, ich weiß auch schon wie!« meinte Johann mehr zu sich selbst.
Da zuckte Marthl zurück wie unter einem Peitschenhieb. Also hatte Sepp doch recht gehabt!
»Das darfst du net tun!« stammelte sie. »Sag, daß das net wahr ist!«
»Aber warum denn? Schließlich tun das viele, und es ist doch nix dabei!« gab er verwundert zurück.
»Nix dabei!« schrie Marthl auf. »Hast du denn gar kein Gewissen? Also stimmt es doch. Oh, ich hab’s net glauben wollen, hab’ dir vertraut!«
»Aber, Marthl, ich versteh dich net!« Johann war ratlos über die plötzliche Verwandlung, die mit Marthl vor sich gegangen war.
»Du verstehst recht gut. Geh, ich will dich nimmer sehen! Mit so einem will ich nix zu tun haben!«
Johann trat auf sie zu und wollte sie begütigend in die Arme nehmen. Es konnte sich doch alles nur um ein Mißverständnis handeln!
Aber Marthl wich vor ihm bis zur Hauswand zurück. Ablehnung stand in ihren Augen und Verachtung.
»Rühr mich net an!« fuhr sie ihn an. »Und geh jetzt!«
Da ließ Johann die Schultern hängen. Was sollte er tun?
»Ich weiß net, was ich dir getan hab’«, murmelte er. »Wenn ich dich irgendwie verletzt hab’, ohne es zu wissen, so verzeih mir. Es scheint, daß wir jetzt nimmer miteinander reden können. Vielleicht können wir ein anderes Mal alles aufklären, wenn du wieder zur Ruhe gekommen bist.«
»Ein anderes Mal wird’s für uns nimmer geben!« schluchzte Marthl. Nur mit Mühe konnte sie die Tränen zurückhalten. »Hörst du, nie und nimmer!«
Dann stürzte sie in die Almhütte und schlug die Tür hinter sich zu.
Johann hörte den Riegel knirschen. Von drinnen drang ihr heftiges Schluchzen an sein Ohr und zerschnitt ihm schier das Herz.
Wenn er wenigstens verstehen könnte, was sie hatte!
Unschlüssig machte er einen Schritt auf die Hütte zu.
Doch dann besann er sich. Offenbar wollte Marthl allein sein.
Es hatte keinen Sinn, sich ihr aufzudrängen, und das ließ schließlich auch bei aller Liebe sein Stolz nicht zu!
»Morgen ist auch noch ein Tag«, sagte der junge Jäger tröstend zu sich selbst. »Es wird sich schon alles wieder einrenken, wenn sie erst einmal darüber geschlafen hat!«
Noch ahnte er nicht, was der morgige Tag für ihn bereithalten sollte.
*
Wie schon einmal, suchte der Aufreiter-Johann Vergessen in der Arbeit.
Doch dafür gab es auch noch einen anderen Grund. Überall im Revier entdeckte er jetzt Spuren des Wildschützen.
Lange hatte dieser offenbar eine trügerische Ruhe bewahrt, nur um jetzt um so frecher und aufdringlicher zu werden.
Mal entdeckte der Jäger, wenn er am frühen Morgen durch den Bergwald streifte, die Stelle, wo ein Tier ausgeweidet worden war.
Ein