Wilderer und Jäger Staffel 2. M. Bachmann

Wilderer und Jäger Staffel 2 - M. Bachmann


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damit er net das Weite sucht, wenn er zu sich kommt!« knurrte er grimmig. »Und ich sorg dafür, daß nix verändert wird. Net noch einmal soll einer versuchen, die Beweise seiner Schuld zu vertuschen.«

      »Oh, Johann!« Ein Schluchzen entrang sich Marthls Brust. Unendlich sanft strich sie eine Locke aus der Stirn des Bewußtlosen.

      Sepp sah es.

      »Verabschiede dich nur von ihm«, schleuderte er dem Madl voller Haß entgegen. »Wirst ihn lang nimmer sehen, deinen feinen Schatz!«

      Da sprang Marthl auf und stolperte wie blind davon. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als aus dem Dorf Hilfe für Johann zu holen, der gleich nach seinem verhängnisvollen Sturz, vielleicht beim Versuch, das tote Murmeltier zu holen, abgestürzt sein mußte. Auch wenn sie damit gleichzeitig den Liebsten seinem Schicksal auslieferte!

      *

      In den folgenden Tagen war Marthl froh, oben auf der Alm und nicht unten im Dorf zu sein.

      Sie konnte sich vorstellen, was dort für ein Hexenkessel tobte!

      Plötzlich wollten es alle vorher gewußt haben, daß mit dem neuen Jäger etwas nicht stimmte und erinnerten sich lebhaft an die Schatten, die dieses ungeheuerliche Ereignis vorausgeworfen hatte.

      Sepp genoß es, als er am Sonnabend hinauf zur Alm kam, Marthl die Neuigkeiten bis ins Kleinste zu berichten. Und als sie sich die Ohren zuhielt und weglaufen wollte, hielt er sie fest und riß ihr die Hände von den Ohren, um sie mit Worten zu quälen, die sich wie Messerstiche ins Herz des Madls bohrten.

      »Gell, das hast du net gewußt, daß er selbst geprahlt hat, daß er ein Angebot bekommen hat, Gewildertes zu verkaufen«, erklärte er genüßlich. »Er hat es gar so weit getrieben, mit dem Gamskricklwirt öffentlich nach der Kirche zu verhandeln. Das muß man sich einmal vorstellen, wie unverfroren er war! Was der Wirt für einer ist, na ja, darüber hört man ja allerhand!«

      »Sei doch still!« schluchzte Marthl. »Ich will gar nix mehr davon hören!«

      »Ja, jetzt kannst jammern und flennen«, gab Sepp ungerührt zurück. »Aber jetzt ist’s zu spät. Er hat’s aber auch zu toll getrieben in letzter Zeit. Kein Tag ist vergangen, ohne daß er net was geschossen, oder, wie man jetzt weiß, gar in der Schlinge gefangen hat.«

      »Du kannst reden, wie du willst. Ich halt zu ihm!« sagte Marthl tapfer, doch ihr Herz zitterte bei ihren Worten. Würde sie die Kraft haben, trotz allem zu ihrer Liebe zu stehen?

      Manchmal kamen ihr Zweifel, ob der Jäger wirklich all das getan hatte, was man ihm nun anhängte.

      Doch dann erinnerte sie sich jäh daran, daß er selbst von der Möglichkeit gesprochen hatte, etwas dazuzuverdienen. Damit konnte er nur eins gemeint haben!

      Und hatte sie ihn nicht selbst dort oben bei den Murmeltieren gesehen?

      Nein, auch wenn sich alles in ihr dagegen sträubte, sie mußte sich damit abfinden, einen Wildschützen zu lieben!

      Am nächsten Sonnabend brachte der Stirnthaler-Sepp wieder eine Neuigkeit aus dem Tal mit.

      Die Gendarmen hatten begonnen, den Fall gründlich zu untersuchen. Der Jäger, der sich inzwischen wieder von seinem Sturz erholt hatte, erzählte eine völlig unglaubhafte Geschichte über die Vorgänge auf dem Raffen und leugnete beharrlich.

      Doch das half ihm nichts. Eine Durchsuchung des Jägerhauses brachte den letzten, vernichtenden Beweis!

      Auch dort hatte man ein totes Murmeltier gefunden.

      Außerdem waren viele Dörfler Zeugen, daß der Jäger seltsame Dinge berichtet und erlebt hatte.

      All das genügte, um ihn sofort seines Amtes zu entheben. Außerdem lief eine Anzeige gegen ihn wegen schweren Wildfrevels.

      Marthl hatte ihren Widerstand gegen die genüßlichen Schilderungen des Stirnthaler-Sepp aufgegeben und ließ stumm alles über sich ergehen.

      Ihr graute vor dem bevorstehenden Almabtrieb. Was würde dann über sie hereinbrechen!

      Sie konnte sich gut vorstellen, wie die Leute im Dorf mit Fingern auf sie zeigen würden. Auf sie, die einen Wildschützen decken und die Spuren seines Frevels beseitigen wollte!

      Sepp hatte keinen Zweifel daran gelassen, daß er auch diese Tatsache drunten im Dorf ausgiebig verbreitet hatte.

      Marthl hoffte nur, daß Sepp eines Tages seiner Quälereien überdrüssig würde.

      Doch darin sollte sie sich täuschen. Er steigerte sich in einen richtigen Rausch hinein, wenn er über den Jäger berichtete.

      »Jetzt weißt wohl, wer der Bessere von uns ist«, höhnte er. »Aber jetzt will ich von dir nix mehr wissen. Net von einem Wilderergspusi!«

      »Geh, Sepp, so hör doch endlich auf«, bat Marthl matt und zermürbt.

      Doch Sepp war nicht zu bremsen. »Dem hab’ ich’s gezeigt. Hab’ ich net gesagt, daß ich ihn zermalmen werde, ihn, der es gewagt hat, einem Stirnthaler in die Quere zu kommen?« prahlte er.

      »Du? Was hast denn du damit zu schaffen?« Auch wenn Marthl versuchte, ihr Herz zu verhärten gegen die Worte Sepps, so drang doch diese neue Wendung in ihr Bewußtsein.

      Sie beobachtete, wie Sepp für einen winzigen Augenblick zu erschrecken schien. Doch gleich darauf war dieser Eindruck schon wieder vorüber.

      »Schließlich hab’ ich ihn solange beobachtet, bis ich ihn gestellt hab’«, behauptete er großspurig. »Ich hab’ ja gleich gewußt, was das für einer ist. Einen Stirnthaler täuscht man net!«

      Doch in Marthl hatte sich etwas festgesetzt, die Spur eines unglaublichen Verdachts, der ein winzig kleines, schwaches Hoffnungsfünkchen in all der finsteren Verzweiflung nährte.

      Als Sepp endlich gegangen war, beladen mit Butter und Käse, dachte Marthl darüber nach.

      Was war, wenn Sepp tatsächlich seine Hände im Spiel hatte?

      Hatte er sich nicht eben selbst verraten? Oder entsprang nur alles seiner Prahlsucht und dem Triumphgefühl eines Eifersüchtigen?

      Marthl war unsicher. Doch sie klammerte sich an diesen Strohhalm wie eine Ertrinkende. Alles wollte sie tun, um Johanns Unschuld zu beweisen.

      Denn je länger sie über alles nachdachte, desto weniger glaubte sie an seine Schuld. Zwar sprach alles gegen ihn. Doch tief in ihrem Herzen glaubte sie an den Liebsten.

      Es mußte einen Weg geben, Licht in die Sache zu bringen. Und wer außer ihr stand auf der Seite des Jägers, der selbst nichts tun konnte, um sich zu rechtfertigen?

      *

      Wieder wurde der Aufreiter-Johann zur Vernehmung gebracht. Mit kalten Augen sah ihm der Gendarm entgegen.

      Der Jäger machte einen erschöpften Eindruck. Tiefe Falten hatten sich in sein Gesicht gegraben, um den Mund lag ein verbitterter Zug.

      Müde ließ er sich auf den bereitgestellten Stuhl fallen.

      »Hat denn diese Quälerei nie ein Ende«, fragte er resigniert.

      »Brauchst nur zu gestehen, Aufreiter, und uns alles zu erzählen. Dann lassen wir dich in Ruhe. Wirst dann mehr Ruhe haben, als dir lieb ist«, gab der Gendarm, ein junger, ehrgeiziger Beamter zurück, der sich mit der Überführung des Wildfrevlers die ersten Lorbeeren verdienen wollte.

      »Aber wie oft soll ich es euch denn noch sagen!«

      Verzweiflung klang aus der Stimme des jungen Jägers. »Es muß alles ein furchtbarer Irrtum sein. Oder aber einer hat alles so eingerichtet, daß der Verdacht auf mich fallen muß. Ja, so muß es sein!«

      »Red doch keinen Schmarrn. Wer sollte so etwas tun?« gab der Gendarm spöttisch zurück. »Es gibt genug Beweise, die eindeutig gegen dich sprechen. Gib alles zu, dann kann man wenigstens das zu deinen Gunsten auslegen.«

      »Ich war’s aber net!« Fast schluchzte Johann, zermürbt


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