Wilderer und Jäger Staffel 2. M. Bachmann

Wilderer und Jäger Staffel 2 - M. Bachmann


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auffällig aufgestellt war, daß es fast den Anschein hatte, als solle der Jäger sie finden.

      Doch niemals gab es nur den geringsten Hinweis darauf, wer sein Unwesen im Bergwald trieb.

      Johann war verzweifelt. Er schlief kaum noch, war, solange es irgend ging, auf den Beinen, um dem frevlerischen Treiben Einhalt zu gebieten.

      Doch es schien, als ob sich der Wildschütz über den Jäger lustig mache.

      Immer kam Johann ein wenig zu spät, fand nur noch Blutspuren auf dem Waldboden oder ein paar Haare, wo ein Wild erlegt worden sein mußte.

      Schon überlegte er ernstlich, von der Kreisstadt her Verstärkung anzufordern. Doch dann wieder packte ihn der Ehrgeiz.

      Er wollte sich an seiner ersten Stelle behaupten und nicht als Versager dastehen! Wie sah es denn aus, wenn er nicht mit einem Wildschütz fertigwurde? Was sollte der Jagdherr von ihm denken?

      Nein, Johann gab noch nicht auf! Er würde es schaffen, mit allem selbst fertigzuwerden!

      Nach der neuen Enttäuschung mit Marthl hatte er einen solchen Erfolg für sein Selbstbewußtsein auch bitter nötig!

      Doch jeder neue Tag brachte neue Rückschläge.

      Der Wildschütz ging ihm einfach immer wieder durch die Maschen!

      *

      Auch im Dorf waren die Umtriebe im Bergwald Tagesgespräch. Besonders im Wirtshaus »Zum Gamskrickl« drehte sich die Diskussion heftig um den Wildschützen.

      »Machst wohl jetzt ein gutes Geschäft, Gamskricklwirt?« fragte Alfons.

      Der feiste Wirt grinste nur geheimnisvoll und zuckte vielsagend die Schultern.

      »Pst! Hab’ ja auch einen guten Lieferanten«, zischte er.

      »Er treibt’s wirklich zu toll«, mahnte ein besonnener Bauer. »Das kann ich nimmer gutheißen. Ich hab’ ja nix dagegen, wenn einer mal für den Sonntagsbraten zum Stutzen greift. Den tät ich auch niemals verraten. Aber es vergeht doch kein Tag, ohne daß net etwas im Bergwald geschieht. Das geht zu weit!«

      Die anderen murmelten beifällig. Alle blickten zum Stirnthaler-Magnus herüber.

      »Ich weiß von nix«, gab der unwillig zurück.

      »Merkwürdig, daß der Jager dem net Einhalt gebieten kann«, meinte ein anderer Bauer. »Es wär doch seine Sache, den frechen Wildschützen in die Schranken zu weisen!«

      Alle glaubten zu wissen, wer der Wildschütz war, der es zur Zeit im Bergwald so toll trieb, daß es auch den Bergbauern zu weit ging.

      »Vielleicht will er net«, gab der Wirt langsam zu bedenken.

      »Was?« Mit einem Ruck fuhren alle Köpfe zu ihm herum. In den Köpfen der Bauern keimte ein ungeheuerlicher Verdacht, den der Wirt nur noch schürte.

      »Ein Jager ist auch nur ein Mensch und kann manchmal das zusätzliche Geld gut brauchen, besonders, wenn er mit einem Madl anbandelt, das nix mitbringt.«

      Bewußt gleichgültig streute er seine Saat aus. Doch sie ging auf.

      »Was du net sagst!« fuhr ein Bauer auf. »Der Jager? Das kann ich net glauben!«

      »Er hat mit dem Gamskricklwirt an Mariä Himmelfahrt verhandelt«, gab ein anderer zu bedenken.

      Alle sahen den Wirt an.

      »Ich sag nix!« meinte der.

      »Er hat selbst erzählt, daß er ein Angebot bekommen hat!« erinnerte sich ein anderer. »Damals hat er noch entrüstet getan. Wer weiß, vielleicht hat er sich’s anders überlegt.«

      »Das sind doch alles nur Vermutungen«, mahnte ein anderer, der sich bisher nicht am Gespräch beteiligt hatte. »Laßt uns zuerst einmal abwarten.«

      »Aber wenn’s wahr ist, sollte man es melden. Ein Jager! Das ist viel schändlicher, als wenn’s einer von uns wär!« eiferte ein Bauer.

      »Du mußt es doch wissen, Wirt!«

      »Den Teufel werd ich tun und mir mein Maul verbrennen!«

      Der Wirt begann Gläser zu wienern, als ob das die wichtigste Beschäftigung auf der Welt wäre.

      »Oder du, Stirnthaler!« forderten die Bauern.

      Der alte Stirnthaler hob die Schultern.

      »Glaubt mir, ich weiß es net«, brummte er und schaute dabei sehr nachdenklich drein.

      Die Dörfler sahen, wie es in seinem wettergebräunten Gesicht arbeitete. Aber über die Lippen des alten Bauern, von dessen bewegter Vergangenheit alle mehr oder weniger wußten, kam kein einziges Wort mehr.

      *

      Dunkle Wolken hatten sich vor den Mond geschoben. Das Dorf lag in tiefem Schweigen. Hoch oben ragte schattenhaft der Raffen auf.

      Plötzlich bellte ein Hofhund. Ein ärgerliches Zischen brachte ihn gleich darauf wieder zum Schweigen.

      Erkannte er die dunkle Gestalt, die gebückt unter der Last eines schweren Rucksacks heimlich an den Häusern vorbeischlich?

      Verstohlen blickte sie sich um, drückte sich noch tiefer in die schwarzen Schatten der Toreinfahrten und Mauern.

      Jetzt hatte sie ihr Ziel erreicht. Einen Augenblick lang wurden die Wolken von der Sichel des abnehmenden Mondes fortgezogen, und sein fahles Licht fiel auf die Lüftlmalerei über der Tür, von der allmählich die Farbe abblätterte. Sie zeigte einen Gamskopf mit einem prächtigen Krickl.

      Doch die finstere Gestalt mit dem Rucksack wählte nicht den Vordereingang zum Wirtshaus, sondern glitt um die Hausecke in den Hof.

      Verhalten begann der Hofhund wieder zu knurren und fletschte die Zähne.

      »Bist du wohl still, du Mistvieh!«

      Die Worte der rauhen Stimme beruhigten das Tier, und seine Schwanzspitze bewegte sich zaghaft hin und her.

      »Na also. Kennst mich doch!« brummte der Mann.

      Dann hob er ein Steinchen auf und warf es gegen eins der Fenster im Obergeschoß. Es klirrte gegen die Scheibe. Gespannt wartete die Gestalt im Hof.

      Doch nichts rührte sich.

      »Sakra, hat der einen Schlaf, während unsereiner sich bei der Nacht abmüht«, knurrte die rauhe Stimme ärgerlich.

      Wieder flog ein Steinchen gegen die Scheibe. Diesmal zeigte sich der helle Fleck eines Gesichts hinter dem Vorhang. Das Fenster wurde einen Spalt geöffnet.

      »Was ist?« Verschlafen klang die Stimme des Gamskricklwirts hinab.

      »Frag net so blöd!« Die Gestalt vor dem Fenster war ungeduldig.

      »Ich hab’ geglaubt, du kommst gar nimmer. Da hast dir aber eine gottlose Zeit ausgesucht, um mich aus dem Bett zu holen!«

      »Tratsch net lang herum, komm lieber. Und vergiß das Geld net.«

      Das Fenster wurde geschlossen, kurz darauf tappten Schritte die Stiege im Haus herunter, und die Hoftür wurde ein wenig geöffnet, gerade so, daß der Mann mit dem Rucksack hineinschlüpfen konnte.

      Im Licht der nackten Glühbirne an der Flurdecke begutachtete der Wirt kritisch die Ware.

      »Laß sehen, was du mir bringst.«

      »Heut sind’s Murmeltiere, mit der Schlinge gefangen, zwei hab’ ich mit dem Stutzen erlegt. Aber die zwei behalt ich selbst.«

      »Net schlecht«, lobte der Wirt. »Es gibt Leute, die ganz wild auf das Murmeltierfett sind. Aber warum willst zwei behalten? Willst gar selbst ins Geschäft einsteigen und sie auf eigene Faust verkaufen?« fragte er mißtrauisch. »Du, ich warne dich! Wenn du so anfängst, hab’ ich dir die letzte Zeit was abgenommen. Dann kannst in Zukunft schauen, wo du deine Ware läßt!« drohte er.

      »Nein, nein. Obwohl es keine


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