Craving Lily. Nicole Jacquelyn

Craving Lily - Nicole Jacquelyn


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anrufen sollen“, sagte sie gereizt.

      Zehn Minuten später war Brent immer noch nicht aufgetaucht.

      Zwanzig Minuten später spürte ich, wie mir die Röte den Hals heraufstieg. Zum Glück hatte ich den Eindruck, dass niemand es sehen konnte. Rose war in dieser Situation allerdings keine Hilfe. Sie schimpfte vor sich hin und lief hin und her. Ich hörte ihre High Heels bei jeder Runde auf dem Parkett klicken.

      „Ihr solltet losfahren“, sagte ich schließlich und unterbrach damit ihre Tirade.

      „Oh, halt die Klappe“, erwiderte sie. „Ich gehe nicht ohne dich.“

      Sie blieb vor mir stehen, griff nach meiner Hand und legte sie sich auf die Schulter. „Wir gehen zusammen.“

      „Rose“, sagte ich sanft und drückte ihre Schulter. „Das ist peinlich. Jayden wartet schon seit fast einer Stunde. Geht einfach.“

      „Nein.“

      „Bitte“, flüsterte ich fast unhörbar. „Geh. Mach es nicht noch schlimmer für mich.“

      „Auf keinen Fall.“

      „Rose“, presste ich zwischen den Zähnen hervor. Ich liebte ihre Loyalität, verfluchte aber ihre Sturheit. „Wenn du nicht mit deinem verdammten Date gehst, damit ich dieses verfluchte Kleid ausziehen kann, muss ich dich umbringen.“

      Sie schwieg sehr lange, doch sie musste etwas in meiner Miene gesehen haben, denn sie murmelte schließlich: „Ich wusste, dass ich Jayden hätte sagen sollen, dass er zwei Anstecksträußchen mitbringt. Ich werde Brent in die Eier treten, wenn ich ihn sehe.“

      „Gut. Ich bin nicht ganz sicher, wie groß er ist, also würde ich sie wahrscheinlich verfehlen, wenn ich es versuchen würde.“

      „Bist du sicher?“, fragte sie und legte ihre Hand auf meine.

      „Ich bin sicher.“ Ich schluckte hart. „Geh.“

      Zehn Minuten später stand ich immer noch auf derselben Stelle. Mein Herz hämmerte wie wild, als Tommy und Leo lärmend durch die Haustür kamen.

      „Mann, du musst an diesem verfluchten Auspuff arbeiten“, sagte Leo. „Der klingt echt scheiße.“

      „Fick dich …“ Tommy brach ab. „Hey, Lily, ich dachte, ihr wärt schon weg.“

      Ich lachte trocken und spielte mit meinen Armbändern, drehte sie immer wieder. „Nur ich bin noch hier. Rose ist schon gegangen.“

      „Wolltet ihr nicht vor einer Stunde gehen? Ist dein Typ verloren gegangen?“, witzelte Tommy.

      „Tommy“, schnappte Hawk, die aus der Küche kam, wohin sie gegangen war, um mir etwas Privatsphäre zu geben. „Halt die Klappe.“

      „Was denn?“, fragte er verwirrt. „Was habe ich denn gesagt?“

      „Er ist nicht aufgetaucht?“, fragte Leo sanft.

      „Vielleicht ist er in ein Erdloch gefallen?“, antwortete ich an dem Kloß in meiner Kehle vorbei.

      „Dieser Dreckskerl“, knurrte Tommy. „Wie heißt er?“

      „In welcher Welt trägst du meine Kämpfe aus, Thomas Hawthorne?“, fragte ich gereizt.

      „In dieser“, schnappte er.

      „Falsch.“

      „Okay, dann frage ich Rose.“

      „Sie wird dir nichts sagen, und das weißt du.“

      „Sie sollte es besser tun!“

      „Hört auf, ihr beiden“, mischte Hawk sich ein. „Tommy, lass sie in Ruhe.“

      Mein Cousin sagte kein Wort mehr, stupste mich aber in die Seite, als er und Hawk an mir vorbeigingen. Seine Freundin musste ihn weggezogen haben. Sonst hätte er es nicht auf sich beruhen lassen.

      „Du bist wunderschön“, sagte Leo, nachdem die beiden weg waren. „Lass mich alles ansehen.“

      Lächelnd hob ich die Arme an und drehte mich langsam um mich selbst.

      „Du kannst froh sein, dass dein Dad dich nicht in diesem Kleid gesehen hat, Löwenzahn“, sagte Leo und pfiff. „Er hätte dich nie aus dem Haus gelassen.“

      „Was ebenso gut gewesen wäre, weil mein Date erst gar nicht aufgetaucht ist“, antwortete ich und ließ die Arme an die Seiten sinken.

      „Da hat er etwas verpasst, Süße.“

      „Ja. Ich ziehe mich wohl besser um. Ich muss anrufen, um zu sehen, ob meine Mom mich abholen kommt.“

      „Soll ich dich fahren?“ Seine Schritte hallten auf dem Boden, bis seine Stimme viel näher war als zuvor.

      Ich öffnete den Mund, um zu antworten, schloss ihn aber wieder. Als Kind liebte ich es, auf dem Sozius des Bikes meines Vaters mitzufahren. Samstagmorgens weckte er mich vor meinen Geschwistern auf und wir schlichen uns aus dem Haus, um eine lange Fahrt zu machen, bevor die anderen aufwachten. Es war etwas, das wir beide für uns allein hatten. Nachdem ich blind wurde, änderte sich das allerdings. Ich fühlte mich desorientiert, wenn ich auf einem Bike saß. Den Wind empfand ich als stärker und ich hatte den Eindruck, das Gleichgewicht zu verlieren. Es war egal, wie sehr ich mich an der Taille meines Dads festklammerte, es fühlte sich nie wieder wie vorher an. Wie Fliegen. Wie Freiheit.

      „Ich weiß nicht“, sagte ich leise und versuchte, Mut aufzubringen. Vor Jahren war ich auch bei meinem Onkel und Bruder mitgefahren, aber seit ich mein Augenlicht verloren hatte, traute ich mich nur noch, bei meinem Dad aufzusteigen. Ich konnte es einfach nicht über mich bringen, mit jemand anderem zu fahren.

      Aber ich wollte wirklich auf dem Sozius von Leos Bike sitzen. Mehr als ich sollte, wenn man seine On-off-Beziehung mit meiner älteren Schwester in Betracht zog, auch wenn sie in letzter Zeit eher off gewesen war.

      „Ich fahre langsam“, sagte er und lachte. „Hol deine Sachen und zieh dir etwas anderes als diesen Rock an.“

      „Ich …“, stotterte ich. Dann räusperte ich mich unbehaglich. „Ich weiß nicht, wo das Schlafzimmer ist.“

      „Oh, Scheiße. Stimmt ja.“ Leo schlang einen Arm um meine Taille, legte die Hand an meine Seite und drehte mich in die richtige Richtung. „Manchmal vergesse ich das einfach“, murmelte er neben meinem Ohr.

      „Wie?“

      „Ich weiß es nicht. Ich glaube, es ist einfach eins der Dinge, die mir an dir nicht auffallen.“

      „Äh, wie kannst du das Fehlen des Blickkontakts nicht bemerken?“

      „Gewöhnlich starre ich auf deine Titten“, scherzte er und grunzte, als ich ihm den Ellbogen in den Magen stieß.

      „Das war ein Witz. Jedenfalls meistens.“

      Wir schlurften ins Schlafzimmer und Leo ging, nachdem er sich vergewissert hatte, dass ich wusste, wo alles ist. Er gab mir sogar die Jeans, die ich vorher getragen hatte, als ob ich sie nicht gefunden hätte, obwohl sie säuberlich gefaltet auf meinem Rucksack lag. Ich weiß nicht, wie er zwischen meiner und Roses Hose unterscheiden konnte, aber er hatte es geschafft.

      Ich schüttelte den Kopf, legte meinen Rock aufs Bettende und schlüpfte in meine Jeans. Bei allem, was hätte passieren können, hätte ich als Letztes damit gerechnet, dass mein Date mich im Stich lassen könnte. Es war ja nicht so, dass ich ihn gefragt hätte. Er war zu mir gekommen. Es war seine verdammte Idee gewesen.

      Ich hoffte, dass Rose Spaß hatte, aber ich war ziemlich sicher, dass sie den ganzen Abend über schmollen und jedem in der Schule erzählen würde, dass sie Brent in die Eier treten würde. Es käme ihr nicht einmal in den Sinn, für sich zu behalten, dass ich sitzen gelassen worden war. Solche Dinge machten sie nicht verlegen und sie ging davon aus, dass es bei mir genauso war.

      Ich war allerdings verlegen. Ich war so verlegen, dass ich mich bereits


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