Allgemeines Verwaltungsrecht. Mike Wienbracke
begibt, ohne dass dieser Personenkreis zunächst bestimmbar sein müsste.
Hinweis
„Nur abstrakt-generelle Regelungen sind Rechtsnormen; in allen anderen Fällen liegt ein Verwaltungsakt vor, ggf. in Form der Allgemeinverfügung.“[132] Letztere unterscheidet sich von der Rechtsnorm nicht durch die Unbestimmtheit des (generellen) Adressatenkreises, sondern durch den Bezug auf einen konkreten Sachverhalt (str.).[133]
g) Auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet
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Die hoheitliche Maßnahme der Behörde auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts zur Regelung eines Einzelfalls muss schließlich noch „auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet“ sein, um gem. § 35 S. 1 VwVfG als Verwaltungsakt qualifiziert werden zu können. Mit diesem Merkmal wird der Verwaltungsakt abgegrenzt von rein verwaltungsinternen Maßnahmen (z.B. Beschlüsse eines internen Willensbildungsorgans wie dem Gemeinderat, die i.d.R. erst noch durch den Bürgermeister „nach außen“ umgesetzt werden müssen).
Außenwirkung kommt einer Maßnahme dann zu, wenn sie den Rechtskreis einer außerhalb der Verwaltung stehenden natürlichen oder juristischen Person oder eines sonstigen (nur teilrechtsfähigen) Rechtssubjekts als Träger eigener Rechte betrifft, d.h. (interpersonal) zwischen diesem und dem Rechtsträger der Behörde wirkt.[134] Unmittelbar ist diese Außenwirkung, wenn sie aus dem Entscheidungssatz („Tenor“; Rn. 55) der Maßnahme selbst resultiert und nicht nur dessen – mittelbare – Nebenfolge ist.[135] Zudem muss die unmittelbare Außenwirkung nach dem objektiven Sinngehalt der Regelung beabsichtigt (intendiert) sein („auf… gerichtet“). Das ist dann der Fall, wenn die Maßnahme gerade zielgerichtet (final) eine unmittelbare Außenwirkung entfalten soll. Nicht ausreichend ist es dagegen, wenn eine ausschließlich für verwaltungsinterne Zwecke gedachte Maßnahme lediglich rein tatsächlich außerhalb des Verwaltungsbereichs Wirkung entfaltet.[136]
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Aus dem Vorstehenden folgt zugleich, dass die Rechtsnatur einer Maßnahme (z.B. aufsichtsbehördliche Genehmigung einer Satzung nach § 56 Abs. 1 HwO) richtigerweise teilbar ist (str.[137]): Ergeht sie gegenüber ihrem Adressaten (z.B. Handwerksinnung) zielgerichtet mit unmittelbarer Außenwirkung, entfaltet sie gegenüber anderen Betroffenen (z.B. Bürger) außerhalb der Verwaltung dagegen nur faktisch Wirkung (z.B. als integraler Bestandteil der gem. § 56 Abs. 1 HwO genehmigten Satzung), so liegt – die Erfüllung der übrigen Voraussetzungen des § 35 S. 1 VwVfG unterstellt – nur im Verhältnis zu Ersterem ein (relativer) Verwaltungsakt vor, nicht dagegen auch gegenüber den Letztgenannten. Gegen diese Beurteilung spricht auch nicht etwa der Umstand, dass die Zulässigkeit einer Nachbarklage gegen eine Baugenehmigung nicht daran scheitert, dass die Behörde den Verwaltungsakt regelmäßig nur dem Bauherrn, nicht aber auch dem Nachbarn, bekannt gibt. Denn die Baugenehmigung stellt – und zwar auch in Bezug auf etwaige Nachbarrechte – unmittelbar verbindlich fest, dass das Bauvorhaben mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften vereinbar ist, und gibt die Bauausführung frei, ohne dass es dazu noch eines weiteren behördlichen Aktes bedarf. Insofern ist die Baugenehmigung, selbst wenn sie dem Nachbarn nicht amtlich mitgeteilt wird, auf unmittelbare Rechtswirkung auch ihm gegenüber gerichtet.
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Bedeutsam wird das Kriterium der Außenwirkung v.a. im Rahmen von Sonderrechts- bzw. -statusverhältnissen (Rn. 15), namentlich im Beamtenverhältnis. Weisungen eines Dienstherrn, die an den ihm unterstellten Beamten „allein in seiner Eigenschaft als Amtswalter und Glied der Verwaltung“ gerichtet sind, entfalten ausschließlich verwaltungsinterne Wirkung und können damit nicht als Verwaltungsakt qualifiziert werden (z.B. Weisung des Behördenchefs an den Beamten, die Akten in einer bestimmten Reihenfolge zu bearbeiten). Auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet sind demgegenüber solche Maßnahmen, die sich auf die Stellung des Beamten „als eine dem Dienstherrn mit selbstständigen Rechten gegenüberstehende Rechtspersönlichkeit“[138] erstrecken (z.B. statusverändernde Rechtsakte wie die Ernennung, Versetzung und Entlassung eines Beamten). Als Leitlinie für die in Grenzfällen mitunter schwierige Unterscheidung zwischen Innen- und Außenwirkung mag die von Carl-Hermann Ule[139] begründete Differenzierung zwischen Grund- und Betriebsverhältnis dienen. Danach entfalten nur solche Regelungen Außenwirkung, die auf die persönliche Rechtsstellung des Betroffenen abzielen (Grundverhältnis; z.B. Statusänderungen wie Ernennung, Versetzung und Entlassung). Innenwirkung haben dagegen solche Regelungen, die den Beamten allein in seiner Eigenschaft als „Rädchen“ innerhalb des Staatsapparats betreffen sollen (Betriebsverhältnis; z.B. Zuweisung eines anderen Dienstpostens [Amt im konkret-funktionellen Sinn] innerhalb derselben Behörde, Umsetzung).
Beispiel[140]
H wurde von der Vollversammlung der IHK in das Amt des Hauptgeschäftsführers berufen. Als bei der IHK im darauffolgenden Jahr eine Umstellung ihres Rechnungslegungssystems von der Kameralistik auf die Doppik anstand, kam es bzgl. des Niveaus der Alterssicherungsansprüche für ihre Mitarbeiter zu unauflösbaren Meinungsverschiedenheiten zwischen H und dem Präsidium der IHK, die letztlich zu einem Vertrauensverlust zwischen dessen Mitgliedern und H führten. Unter dem 14.3. lud der Präsident der IHK daher die Mitglieder der Vollversammlung zu einer Sitzung am 7.4. des Jahres ein. Einziger Tagesordnungspunkt war die Abberufung von H als Hauptgeschäftsführer. In geheimer Abstimmung stimmten die Mitglieder der Vollversammlung mehrheitlich für die sofortige Abberufung des H. Dieses Ergebnis wurde H noch in der Sitzung bekannt gegeben. Kommt der von H hiergegen vor dem Verwaltungsgericht erhobenen Anfechtungsklage gegen die IHK aufschiebende Wirkung zu?
Ja. Der Anfechtungsklage des H kommt gem. § 80 Abs. 1 S. 1 VwGO aufschiebende Wirkung zu. Denn bei der Abberufung handelt es sich um einen Verwaltungsakt i.S.v. § 35 S. 1 VwVfG, so dass die hiergegen erhobene, nicht offensichtlich unzulässige Anfechtungsklage gem. § 80 Abs. 1 S. 1 VwGO Suspensiveffekt entfaltet. Zwar fehlt es an einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung der Frage, in welcher Rechtsform die Abberufung des Hauptgeschäftsführers einer IHK zu geschehen hat und im Zweifel hier erfolgt ist. Doch geht der Bundesgesetzgeber für die vergleichbare Abberufung des Vorstandsmitglieds einer Krankenkasse gem. §§ 35a Abs. 7, 59 Abs. 2 und 3 SGB IV von einem Verwaltungsakt aus. Auch die Entlassung eines Vorstandsmitglieds der Bundesagentur für Arbeit nach § 382 Abs. 3 S. 4 SGB III ist als Verwaltungsakt einzustufen. Der Bundesgesetzgeber befindet sich insoweit in Übereinstimmung mit der überwiegenden Ansicht, dass bei einem Streit um das Recht an einem Amt, d.h. bei einem Streit um das Verbleiben in einem solchen Amt, regelmäßig nicht nur Positionen des Innenrechts betroffen sind, sondern die Abberufung auch unmittelbare Auswirkungen auf die persönliche Rechtsstellung des bisherigen Amtsinhabers hat und es sich dabei deshalb um einen Verwaltungsakt handelt. Dies gilt auch für die vorliegende Fallgestaltung. Denn mit der Abberufung ist zwingend ein Ende der Tätigkeit des H als Hauptgeschäftsführer sowie in Abhängigkeit vom Grund der Abberufung und der individuellen Vertragsgestaltung nach einer mehr oder weniger langen Übergangszeit auch ein Verlust der Vergütung als Hauptgeschäftsführer verbunden, die regelmäßig seine Haupterwerbsquelle darstellen dürfte. Diese Gesichtspunkte gebieten es, der Abberufung unmittelbare und nachhaltige Auswirkungen auf die persönliche Rechtsstellung des Betroffenen