Sanktionsbewehrte Aufsichtspflichten im internationalen Konzern. Andreas Minkoff
in §§ 15 bis 22 AktG sowie §§ 291 bis 328 AktG. Die Bezeichnung Konzernrecht ist dabei unpräzise. Wie einleitend dargestellt, werden unter dem Konzernrecht Regelungen verstanden, die nicht nur den Konzern i.S.d. § 18 AktG betreffen, sondern daneben auch weitere im Aktiengesetz geregelte Unternehmensverbindungen.[1] So nennt § 15 AktG neben dem Konzern i.S.d. § 18 AktG Unternehmen im Mehrheitsbesitz gem. § 16 Abs. 1 AktG, Unternehmen im Abhängigkeitsverhältnis gem. § 17 Abs. 1 AktG, wechselseitig beteiligte Unternehmen gem. § 19 AktG sowie Vertragsteile eines Unternehmensvertrages i.S. der §§ 291, 292 AktG. Gleichwohl sich die Regelungen im Aktiengesetz wiederfinden, gelten §§ 15 bis 18 AktG nicht nur für die Aktiengesellschaft, sondern grundsätzlich für Unternehmungen sämtlicher Rechtsformen, inklusiver solcher des ausländischen Rechts.[2] § 19 AktG beschränkt seinen Anwendungsbereich hingegen auf Kapitalgesellschaften.[3] Die §§ 20 bis 22 AktG regeln schließlich besondere Mitteilungspflichten bei Bestehen einer Beteiligung von mindestens 25 % des Kapitals an einer Aktiengesellschaft oder durch eine Aktiengesellschaft und entfalten für andere Gesellschaftsformen als Bezugsobjekt damit keine unmittelbare Relevanz.[4]
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Auch die §§ 291 bis 328 AktG entfalten unmittelbare Geltung allein für Aktiengesellschaften, sie werden insofern vereinzelt als besonderer Teil des Aktienkonzernrechts bezeichnet.[5] Für die Anwendbarkeit des Aktienkonzernrechts maßgeblich ist dabei grundsätzlich die Rechtsform des abhängigen Unternehmens.[6] Die Regelungen der §§ 291 bis 328 AktG finden damit auch Anwendung auf Unternehmensverbindungen, in denen die Obergesellschaft etwa als Gesellschaft mit beschränkter Haftung ausgestaltet ist, sofern die abhängige Gesellschaft eine Aktiengesellschaft oder eine Kommanditgesellschaft auf Aktien ist.[7]
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Mit Ausnahme des Bilanzrechts[8] finden sich darüber hinausgehend keine umfassenden Regelungen zum Konzernrecht. Insbesondere abseits der Rechtsform der Aktiengesellschaft ist es damit Aufgabe von Rechtsprechung und Literatur, die bestehenden Regelungslücken zu schließen.[9]
Anmerkungen
Vgl. hierzu bereits oben Rn. 15.
BGHZ 115, 187 (189 f.); BAGE 110, 100 (115); 112, 166 (173); Maier-Reimer in: Henssler/Strohn, § 15 AktG Rn. 1; Emmerich in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 2 Rn. 2; Kuhlmann/Ahnis Konzern- und Umwandlungsrecht, Rn. 18; Saenger Gesellschaftsrecht, Rn. 929.
Vgl. § 19 Abs. 1 S. 1 AktG.
Eine Ausnahme stellt insofern die KGaA dar, die insofern wie eine AG behandelt wird und damit ebenfalls in den Anwendungsbereich der §§ 20 ff. AktG fällt, vgl. Habersack in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, Einleitung, Rn. 3; Maier-Reimer in: Henssler/Strohn, § 20 AktG, Rn. 2.
Vgl. dazu Kuhlmann/Ahnis Konzern- und Umwandlungsrecht, Rn. 20 ff.
Emmerich in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 2 Rn. 1.
Emmerich in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 2 Rn. 1.
Vgl. hier die Regelungen der §§ 290 bis 315 HGB.
Saenger Gesellschaftsrecht, Rn. 929; Kuhlmann/Ahnis Konzern- und Umwandlungsrecht, Rn. 20.
Teil 2 Gesellschaftsrechtliche Grundlagen › B. Erscheinungsformen des verbundenen Unternehmens › I. Allgemeine Regelungen
I. Allgemeine Regelungen
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Allen genannten Unternehmensverbindungen i.S.d. § 15 AktG ist das Vorliegen der Unternehmereigenschaft als Grundvoraussetzung gemein. Bei einem Aktienkonzern etwa muss damit neben der beherrschten Aktiengesellschaft auch der herrschende Aktionär Unternehmen sein. Diese Unterscheidung zwischen Unternehmensaktionären und anderen (Privat-)Aktionären resultiert aus der bereits dargelegten Risikolage. Von einem Aktionär, dessen wirtschaftliche Tätigkeit sich auf ein einziges Unternehmen beschränkt, wird erwartet, dass er im Regelfall das Interesse dieses Unternehmens als sein eigenes betrachtet oder jedenfalls keine ihm zuwiderlaufenden Sonderinteressen verfolgt.[1] Bei einem Unternehmensaktionär ist die Verfolgung unterschiedlicher Interessen jedoch häufig nicht auszuschließen oder gar unvermeidlich. Denn neben dem Interesse der beherrschten Gesellschaft verlangt auch das eigene Interesse des Unternehmensaktionärs Beachtung. Die möglicherweise widerstreitenden Interessen verlangen insofern nach ausdifferenzierten Regelungen.[2] Der BGH sieht in der Folge eine Unternehmereigenschaft als gegeben, wenn bei einem Gesellschafter eine wirtschaftliche Interessenbindung außerhalb der Gesellschaft hinzukommt, „die stark genug ist, um die ernste Besorgnis zu begründen, der Aktionär könnte um ihretwillen seinen Einfluß zum Nachteil der Gesellschaft geltend machen.“[3] Das Vorliegen einer bestimmten Rechtsform ist dabei nicht erforderlich.[4] In Betracht kommen neben Kapital- und Personengesellschaften vielmehr auch Vereine und Stiftungen.[5] Vor allem kann auch eine natürliche Person Unternehmen in diesem Sinne sein, sofern diese auch außerhalb der Gesellschaft unternehmerische Interessen verfolgt.[6] Vor dem Hintergrund des Regelungszwecks, der vorrangig dem Schutz des beherrschten Unternehmens gilt, bezieht sich diese Begriffsdefinition ausgehend von der Gefahr des außerhalb der Gesellschaft stehenden Interesses dabei lediglich auf die Bestimmung des herrschenden Unternehmens.[7] Hinsichtlich der beherrschten Gesellschaft ist indes von einer anderen Begriffsdefinition auszugehen;[8] hier soll jedwede rechtlich verselbstständigte Organisationsform in Betracht kommen und damit vermieden werden, dass der Anwendungsbereich der insofern schützenden Normen zu eng ist.[9] Die Bestimmung des Unternehmensbegriffes im Rahmen der § 15 ff. AktG folgt damit der Prämisse, die Konzerngefahr weitestgehend einzudämmen.[10]
Anmerkungen
So BGHZ 69, 334 (337).
Vgl. hierzu BGHZ 95, 330 (334 f.); Bayer in: MK-AktG, § 15 AktG Rn. 7 f.
BGHZ 69, 334 (337); daran anknüpfend BGHZ 74, 359 (365); 80, 69 (72); 95, 330 (337); 115, 187 (189 f.); 117, 8 (16); 135, 107 (113); 148, 123 (125); BGH NJW 1994, 446 (446). Vgl. auch Koppensteiner, in: KK-AktG, § 15 AktG Rn. 15; Hirschmann in: Hölters, § 15 AktG Rn. 5; Koch in: Hüffer, § 15 AktG Rn. 10; Bayer in: MK-AktG, § 15 AktG Rn. 13; Kuhlmann/Ahnis Konzern- und Umwandlungsrecht, Rn. 30. Während die Rechtsprechung damit versucht, den Unternehmensbegriff durch positive Merkmale zu definieren, geht ein Großteil der Literatur den entgegengesetzten