Der geschäftliche Betrieb als "Dritter" im Sinne des § 299 StGB. Maximilian Menn
enthielt deshalb in der Folge erneut keine strafrechtlichen Normen.[56] Zur Begründung wurde darauf verwiesen, dass die Mehrzahl der befragten Handelskammern sich gegen die Aufnahme strafrechtlicher Bestimmungen in das UWG ausgesprochen habe.[57] Auch der überarbeitete zweite Entwurf der Novelle vom 14.1.1909 enthielt noch keine entsprechenden Regelungen.[58] Als in der ersten Beratung des Entwurfs zur Novelle des UWG der Staatssekretär des Inneren ausführte, dass die verschiedenen Rundfragen und Feststellungen gezeigt hätten, dass die Zeit für strafrechtliche Normen noch nicht reif sei, wurde ihm von verschiedenen Parteien heftig widersprochen. Die Frage wurde daraufhin wieder an eine Kommission verwiesen, die in ihrem Bericht an den Reichstag aufgrund ihrer Vorberatungen erstmalig zu dem Ergebnis kam, dass es zur Regelung des Bestechungswesens einer strafrechtlichen Norm bedürfe.[59]
Der nach längeren Debatten letzten Endes von der Kommission vorgeschlagene Bestechungstatbestand des § 10 a UWG a.F. wurde schließlich vom Reichstag in der 259. Sitzung am 17.5.1909 und der 260. Sitzung am 18.5.1909 in 2. Lesung als § 12 UWG a.F. verabschiedet[60] und trat zusammen mit dem neuen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb am 1.10.1909 in Kraft.[61]
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In Abs. 1 der Vorschrift wurde die aktive Bestechung, in Abs. 2 die passive Bestechlichkeit geregelt. Der Tatbestand deckte sich schon in der damaligen Fassung, von einigen redaktionellen Änderungen abgesehen, im Wesentlichen mit der heutigen Fassung des § 299 StGB. Lediglich Vorteile zugunsten eines Dritten waren von der damaligen Norm nicht umfasst. Als Rechtsfolge war bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe und Geldstrafe mit einer kumulativen Verknüpfungsmöglichkeit vorgesehen. Abs. 3 der Vorschrift stellte eine Verfallsanordnung dar. Die Ansichten über das geschützte Rechtsgut der damaligen Vorschrift waren unterschiedlich. Das Reichsgericht wich einer eindeutigen Positionierung aus und sprach unter anderem vom Schutz des Geschäftsherrn vor der Pflichtwidrigkeit seiner Angestellten,[62] dem Schutz der Mitbewerber vor einer bestimmten Art des unlauteren Wettbewerbs,[63] sowie der Unparteilichkeit des Angestellten.[64] Andere Ansichten sahen als geschütztes Rechtsgut die Lauterkeit des wettbewerbsrechtlichen Verkehrs an.[65] Dies folge schon aus der Stellung der Vorschrift im Wettbewerbsrecht. Dieses sei Sonderrecht einer Berufsklasse und berühre die Allgemeinheit nur mittelbar.[66]
Teil 2 Grundsätzliche Erwägungen › A › IV. Reform der Straftatbestände 1974
IV. Reform der Straftatbestände 1974
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Vor allem Schwierigkeiten bei der Aufdeckung und der Beweisführung im Falle einer Angestelltenbestechung führten zu anhaltenden Forderungen nach einer Reform der Vorschrift.[67] Die Dunkelziffer, die das geschätzte Verhältnis der nicht entdeckten Taten zu den bekannt gewordenen und damit in der polizeilichen Kriminalstatistik auftauchenden Taten wiedergibt, wurde als sehr hoch eingeschätzt.[68] Dies wurde vor allem darauf zurückgeführt, dass die breite Öffentlichkeit infolge mangelnder Information keine Kenntnis von Korruptionsvorgängen erhalten würde. Zudem würden Zahlungen zumeist verschleiert und seien für die Strafverfolgungsbehörden nur sehr schwer nachzuvollziehen.[69] Im Mittelpunkt der Kritik stand jedoch das in jedem Fall erforderliche Antragserfordernis, was die Verfolgung der Angestelltenkorruption erheblich erschwerte.
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Mit Inkrafttreten des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch am 2.3.1974 wurde der Gesetzgeber tätig und gestaltete die Vorschrift des § 12 UWG durch Art. 139 Nr. 6 EGStGB a.F. um. Änderungen am Wortlaut erfolgten dahingehend, dass aus dem bislang erforderlichen unlauteren Verhalten des Angestellten eine Bevorzugung in unlauterer Weise wurde. Außerdem strich der Gesetzgeber die Subsidiaritätsklausel sowie die Verfallsregel des Abs. 3.[70] Auf Rechtsfolgenseite konnten Geld- oder Freiheitsstrafe nur noch alternativ und nicht mehr kumulativ angeordnet werden.[71] Die Änderungen waren damit offensichtlich nicht auf die anhaltenden Reformforderungen zurückzuführen, sondern größtenteils redaktioneller Art. Die im Vorfeld der Reform geforderte Umgestaltung des Bestechungstatbestandes – insbesondere die Umgestaltung zum relativen Antragsdelikt – sollte noch gut 20 Jahre auf sich warten lassen.
Teil 2 Grundsätzliche Erwägungen › A › V. Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 13.8.1997
V. Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 13.8.1997
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Durch die Aufdeckung einer Reihe spektakulärer Bestechungsfälle in der öffentlichen Verwaltung Anfang der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts flammte das öffentliche Interesse an einer wirksameren Korruptionsbekämpfung wieder auf.[72] Im Mittelpunkt der Diskussion standen dabei allerdings die Amtsträgerdelikte der §§ 331 ff. StGB. In diesem Kontext waren nach einer Umfrage des „Instituts für Demoskopie Allensbach“ im Spätsommer 1992 lediglich 34 % der Westdeutschen und sogar nur 18 % der Ostdeutschen der Meinung, dass deutsche Beamte im Allgemeinen unbeeinflussbar und unbestechlich seien.[73] Nach wie vor wurde insgesamt mit einer erheblichen Dunkelziffer gerechnet.[74]
Den Höhepunkt der rechtspolitischen Auseinandersetzungen stellten die Beratungen der Strafrechtlichen Abteilung des 61. Deutschen Juristentages („DJT“) im September 1996 dar.[75] Da die Korruptionsbekämpfung eines der zentralen Gesetzgebungsvorhaben der laufenden Legislaturperiode auf dem Gebiet des Strafrechts war, verwundert es nicht, dass sich die Tagung mit dem Thema „Empfehlen sich Änderungen des Straf- und Strafprozessrechts, um der Gefahr von Korruption in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft wirksam zu begegnen?“ beschäftigte. Konsens bestand darin, dass bei der Korruptionsbekämpfung ein dringender Handlungsbedarf bestand, dessen Schwerpunkt jedoch die präventive Korruptionsbekämpfung außerhalb des Strafrechts darstellen sollte.[76] Zwar bildeten die Amtsträgerdelikte der §§ 331 ff. StGB den Schwerpunkt der Beratungen und des zugrunde liegenden Rechtsgutachtens von Dölling, doch beschäftigte man sich auch mit der Bestechung in der Privatwirtschaft.[77] Hier wurden zum Teil kontroverse Meinungen vertreten. So befürwortete Volk entgegen der Auffassung von Dölling beispielsweise die Aufnahme des Geschäftsherrn in den Täterkreis des § 12 UWG und sprach sich auch für eine weitgehende Angleichung des Strafrahmens an §§ 331 ff. StGB aus.[78] Schließlich fasste der DJT die Bestechung im geschäftlichen Verkehr betreffend die folgenden Beschlüsse, welche zum Teil auch im nachfolgenden Gesetzgebungsverfahren Beachtung fanden:
• | Der Geschäftsinhaber sollte Täter des § 12 UWG a.F. werden. |
• | Auch Betriebe, deren Aufgabe in der Aufklärung und Beratung von Kunden liegt, sollten von der Norm erfasst werden. |
• | Der Tatbestand sollte um Drittvorteile erweitert werden. |
• | Auf Rechtsfolgenseite sollte der Strafrahmen auf 3 Jahre Freiheitsstrafe, in besonders schweren Fällen auf 5 Jahre Freiheitsstrafe erhöht werden. |
• | In gravierenden Fällen („besonders schwerer Fall“) sollten Vermögensstrafe und Erweiterter Verfall ermöglicht werden. |
• | Eine Verfolgung sollte in Fällen des Bestehens eines besonderen öffentlichen Interesses auch ohne Strafantrag möglich sein (relatives Antragsdelikt). |
Abgelehnt wurden hingegen:
• | eine Eingliederung des § 12 UWG a.F. in das Kernstrafrecht, |
• |
eine Anhebung des Strafrahmens auf |