Der geschäftliche Betrieb als "Dritter" im Sinne des § 299 StGB. Maximilian Menn
Zu der Unterscheidung der Begriffe „geschäftlicher Betrieb“ und „Betriebsinhaber“ siehe ausführlich Grützner/Momsen/Behr NZWiSt 2013, 88 (88 ff.). Speziell in Bezug auf die Annahme von Drittvorteilen macht es letzten Endes aber keinen Unterschied, ob die Vorteile zugunsten des geschäftlichen Betriebes oder dessen Trägers bzw. Eigentümers angenommen werden. Daher wird eine generelle Unterscheidung nachfolgend auch nicht vorgenommen.
So kommt nach derzeit h.M. als „Dritter“ auch der geschäftliche Betrieb in Betracht, für den der Angestellte oder Beauftragte tätig ist. So Sch/Sch-Heine § 299 Rn. 12; MüKo-StGB-Diemer/Krick § 299 Rn. 10; NK-Dannecker § 299 Rn. 41; LK-Tiedemann § 299 Rn. 26; Heiß Bestechung und Bestechlichkeit, S. 31; Corsten Einwilligung, S. 304; Ulbricht Bestechung und Bestechlichkeit, S. 73 f.; Sprafke Korruption, S. 139; Kienle/Kappel NJW 2007, 3530 (3532); Lesch AnwBl. 2003, 261 (264); Bürger wistra 2003, 130 (131). Offen hingegen bei Fischer StGB, § 299 Rn. 11a. A.A. SK-Rogall § 299 Rn. 48.
Der Begriff ist zumindest in Bezug auf § 299 StGB gleichzusetzen mit dem des Geschäftsinhabers oder des Geschäftsherrn und wird in der Folge – um eine Vielzahl von Wiederholungen zu vermeiden –uneinheitlich verwendet. Es handelt sich dabei stets um den Träger des geschäftlichen Betriebes.
Zur fehlenden Täterqualität vgl. Joecks StGB, § 299 Rn. 5; Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 213; Bannenberg in: Wabnitz/Janovsky, Kap. 10 Rn. 101; HWSt-Rönnau III 2 Rn. 8; Bannenberg Korruption, S. 25; Pfefferle Korruption, S. 13; Mitsch Strafrecht BT II/2; § 3 Rn. 217.
Zu einem möglichen Strafausschluss durch das Einverständnis des Geschäftsherrn auf Tatbestands- oder Rechtfertigungsebene vgl. ausführlich Rn. 263 ff.
Teil 1 Einleitung › C. Gang der Untersuchung
C. Gang der Untersuchung
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Zunächst werden im zweiten Teil der Arbeit grundsätzliche Erwägungen angestellt, welche die für die weitere Untersuchung notwendigen Grundlagen vermitteln sollen. Neben einer Darstellung der historischen Entwicklung und des geschützten Rechtsguts des § 299 StGB werden die ökonomischen Grundlagen des Wettbewerbs skizziert und die Frage einer möglichen Wettbewerbsakzessorietät des Bestechungstatbestandes erörtert. Schließlich wird kurz auf das Verhältnis zu den Amtsträgerdelikten der §§ 331 ff. StGB eingegangen.
Im dritten Teil der Arbeit werden zunächst einige Beispielsfälle dargestellt, in denen Vorteile zugunsten des Unternehmens, für welches der Angestellte oder Beauftragte tätig ist, angeboten oder gefordert werden. Die Lösung der Beispielsfälle nach der herkömmlichen Interpretation des § 299 StGB wird deutlich machen, dass das strafrechtliche Bestechungsverbot eine bedenkliche Weite erreicht hat. Deshalb werden nachfolgend bisherige Lösungsansätze zu einer restriktiven Auslegung des § 299 StGB dargestellt und jeweils einer kritischen Bewertung unterzogen. Im Anschluss wird ein eigener Lösungsansatz vorgestellt. Neben methodischen Überlegungen werden hier auch einige grundsätzliche Erwägungen des zweiten Teils aufgegriffen, um ein sachgerechtes Ergebnis zu erzielen. Schließlich wird diskutiert, ob aufgrund der Untersuchungsergebnisse de lege ferenda Änderungen am Tatbestand des § 299 StGB vorzunehmen sind.
Der vierte Teil der Arbeit fasst die wesentlichen Ergebnisse der Untersuchung zusammen. Ferner wird ein kurzer Ausblick über die künftig zu erwartende Entwicklung des § 299 StGB und deren Auswirkungen auf den Untersuchungsgegenstand gegeben.
Teil 2 Grundsätzliche Erwägungen
Teil 2 Grundsätzliche Erwägungen
Inhaltsverzeichnis
A. Historische Entwicklung des § 299 StGB
B. Ökonomische Grundlagen des wirtschaftlichen Wettbewerbs
D. Wettbewerbsakzessorietät des strafrechtlichen Bestechungsverbots
E. Überblick zu den Amtsträgerdelikten der §§ 331 ff. StGB
Teil 2 Grundsätzliche Erwägungen › A. Historische Entwicklung des § 299 StGB
A. Historische Entwicklung des § 299 StGB
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Um das Rechtsgut des heutigen Delikts der Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr ermitteln zu können, ist es unerlässlich, die historische Entwicklung des § 299 StGB aufzuzeigen. Aus ihr können Rückschlüsse auf die Intention des Gesetzgebers bei der Schaffung der Vorschrift und möglicherweise auf den Sinn und Zweck des Tatbestands gezogen werden. Das Bedürfnis nach Sanktionierung wettbewerbsrechtlicher Verstöße ist dabei eng an die Entwicklung des Gewerbes und des freien Wettbewerbs als notwendige Ausgangsposition für das Entstehen unlauterer Geschäftspraktiken geknüpft. Ein Wettbewerb im Gewerbe entsteht dann, wenn mehrere gleichartige Gewerbe nebeneinander betrieben werden und ein jeder versucht, seine jeweiligen Leistungen abzusetzen. Dies ist naturgemäß erst dann möglich, wenn sich die Naturalwirtschaft in eine Tausch- und Geldwirtschaft gewandelt hat.[1]
Teil 2 Grundsätzliche Erwägungen › A › I. Vor Einführung der Gewerbefreiheit
I. Vor Einführung der Gewerbefreiheit
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Dem germanischen Recht (bis ca. 500 n. Chr.) waren das Wettbewerbsrecht und damit auch die Sanktionierung wettbewerbsrechtlicher Verstöße noch fremd. Es existierte eine primär auf Eigenbedarf ausgerichtete Wirtschaftsstruktur.[2] Geld war zwar schon vorhanden, wie entsprechende Münzfunde belegen, doch war es den Germanen als Handelsgut weitestgehend unbekannt. Stattdessen diente es oftmals religiösen Zwecken oder wurde schlichtweg als Schatz gehortet.[3] Das Volk war in Gemeinschaften gegliedert, welche vor und über dem einzelnen Individuum standen.[4] Wichtigste Gemeinschaft war dabei die Sippe[5]. Die genossenschaftliche Herrschaftsstruktur und die auf Bedarfsdeckung ausgerichtete Wirtschaft benötigten noch keine wettbewerbsrechtlichen Regeln.
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