Unternehmenskriminalität ohne Strafrecht?. Charlotte Schmitt-Leonardy
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Siehe hierzu Bock Kriminologie, S. 385; Schlegel u. a. Wirtschaftskriminalität und Werte, S. 31 ff.
Bock Kriminologie, S. 386.
Vgl. hierzu Rn. 675 ff.
Aus diesem Grunde werden Wirtschaftsstraftaten auch als „special opprtunity crimes“ bezeichnet; siehe hierzu Heinz in: Wirtschaftskriminalität und Wirtschaftsstrafrecht in einem Europa auf dem Weg zu Demokratie und Privatisierung, S. 13 (27); Schwind Kriminologie, § 21 Rn. 22.
Vgl. hierzu beispielsweise Die Zeit vom 19.6.2008: Geschmiert, gelocht, abgelegt, wo auch die Diskrepanz zwischen einem umfassenden gesellschaftlichen Diskurs über Bestechung als Mittel zur Auftragserlangung und der steuerlichen Absetzbarkeit ebenjener Geschäftshandlungen bis 1998 eingegangen wird.
Siehe hierzu Bussmann MschrKrim 2003, 89 (96) und Bottke, der sogar so weit geht, Wirtschaftskriminalität als delinquentes Handeln von Personen zu interpretieren, die in güterproduzierenden, güterverteilenden oder sonstigen Dienste leistenden Wirtschaftseinheiten leitende oder sonst kriminelle Devianz ermöglichende Positionen innehaben bzw. in Anlehnung an § 74c I Nr. 6 GVG solche Unrechtsakte begehen, zu deren Aufklärung „besondere Kenntnisse des Wirtschaftslebens“ erforderlich sind; Bottke in: Deutsche Wiedervereinigung, S. 73 (74).
So ist im Kontext der Korruptionsbekämpfung die berühmte „Einladung zu einem Essen“ als strafrechtlich relevant erwogen worden, gehörte sie doch früher selbstverständlich zur Pflege „guter Geschäftsbeziehungen“. Vgl. zu den Überlegungen, ein generelles Geschenkverbot zu statuieren bzw. genaue Wertgrenzen zu formulieren: Dölling Korruptionsprävention, Rn. 56 ff. sowie grundsätzlich zu der Korruptionsprävention Bannenberg Korruption, S. 446 ff.
So zu Recht Jung Die Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität als Prüfstein des Strafrechtssystems, S. 24.
So Poerting in: Wirtschaftskriminalität, S. 9 (25) oder Bock Kriminologie, S. 389.
Kaiser Kriminologie, S. 423.
Während der Unterweltverbrecher direkt oder mit Gewalt vorgeht, z. B. sein Opfer überfällt und ihm die Brieftasche wegnimmt, arbeiten die white collar-Täter indirekt am liebsten, also so, dass der Geschädigte ihnen den angestrebten Vorteil ohne Aufhebens in einer normalen Geschäftshandlung übergibt (Vgl. Schneider Handwörterbuch der Kriminologie, S. 659 ff.; Terstegen/Zirpins Wirtschaftskriminalität, S. 79).
Dannecker in: Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, S. 10 (Rn. 23).
Boers/Nelles/Theile Wirtschaftskriminalität und die Privatisierung der DDR-Betriebe, S. 17.
Auch bezüglich des Forschungsprojekts Wirtschaftskriminalität und die Privatisierung der DDR-Betriebe wird eingeräumt, dass die Betrachtung der Unternehmen nur „fragmentarisch“ blieb und nur unvollständige Schlüsse gezogen werden können. Vgl. Karliczek Strukturelle Bedingungen von Wirtschaftskriminalität, S. 165.
Der Eindruck, ein Unternehmen könne eine Art Enklave darstellen, in dem die individuelle Straftatbegehung aus irgendwelchen Gründen erleichtert wird bzw. in verstärktem Maße folgenlos bleibt, wird auch dadurch gefestigt, dass in der Regel lediglich zwei von drei Straftaten in deutschen Unternehmen zur Anzeige gebracht werden; in Korruptionsfällen sogar nur 50% der Straftaten. Diese Tendenz gilt – wie gesehen – in besonderem Maße für die Führungsebene, die in jedem fünften Fall sowohl von externen als auch von internen Sanktionen verschont blieb. Vgl. insofern die internationale PwC-Studie unter Berufung auf die Angaben von 23% der befragten Unternehmen. Es wird dort ausgeführt: „Kriminelle Handlungen des mittleren Managements und anderer Beschäftigter blieben demgegenüber nur in 5% bzw. 3% der Fälle für den Täter folgenlos.“ Bussmann/Nestler/Salvenmoser Wirtschaftskriminalität 2007 – Sicherheitslage der deutschen Wirtschaft, S. 4 f.
Vgl. hierzu die kriminologischen Überlegungen ab Rn. 98.
Zuletzt eindrucksvoll im „Fall Siemens“ mit der Entscheidung BGHSt 52, 323–348 zur Untreuestrafbarkeit bei Bildung schwarzer Kassen.
„Unabhängig von der Position des Täters im Unternehmen überwiegen individuelle Gründe bei der Erklärung von Wirtschaftskriminalität, unzureichende Kontrollen reihen sich in ihrer Bedeutung erst dahinter ein. Dies bedeutet, dass jedes noch so perfekte Kontrollsystem am Ende scheitern muss, wenn der Faktor „Mensch“ nicht einbezogen wird. Dies gilt insbesondere für das Management. Für diese Gruppe wurden am häufigsten menschliche Schwächen als Tatgrund genannt.“ Bussmann/Nestler/Salvenmoser Wirtschaftskriminalität 2007 – Sicherheitslage der deutschen Wirtschaft, S. 40.
So etwa Boers MschrKrim 2001, 335 (336) m. w. N.
Boers MschrKrim 2001, 335 (338) m. w. N.
Vgl. oben Rn. 55.
Hiernach ist eine Wirtschaftsstraftat zu bejahen, wenn sie zum einen in den Zuständigkeitsbereich der Wirtschaftsstrafkammer nach § 74c I Nr. 1–6 GVG fällt und zum anderen im Rahmen tatsächlicher oder vorgetäuschter wirtschaftlicher Betätigung begangen wird und über eine Schädigung des Einzelnen hinaus das