Die Pferdelords 05 - Die Korsaren von Umbriel. Michael Schenk

Die Pferdelords 05 - Die Korsaren von Umbriel - Michael Schenk


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Schiff, und ebendies war auch der Grund, warum Elodarion, ihr

      Vater und der Älteste ihres Hauses, seine Kinder auf dieser Reise begleitete.

      Elodarion wirkte kaum älter als die beiden Geschwister, obwohl er zu den

      ältesten Elfen gehörte. Aber noch immer wirkten seine Züge jung, und seine

      Bewegungen waren geschmeidig. Die weich fließenden Gewänder, welche

      die Körper der drei Elfen umhüllten, schimmerten in den blauen und grünen

      Schattierungen, die für die Häuser des Waldes typisch waren. Darüber trugen

      sie die zartblauen Umhänge der Elfen des Waldes und einen schmalen

      goldenen Stirnreif mit einer Lilie aus Kristall, dem Symbol des Hauses

      Elodarion.

      Sie führten keine Waffen mit sich, wenn man einmal von Lotaras’

      Langbogen absah. Nichts bedrohte einen Waldelfen im Gebiet seiner Häuser,

      denn selbst die großen Pelzbeißer hielten respektvollen Abstand. Lotaras hatte

      sich zudem die große Tasche mit den Reisevorräten umgehängt, denn sie

      hatten den Weg zu Fuß zurückgelegt. Natürlich hätten sie reiten können, aber

      sie alle hatten es genossen, die Strukturen des Bodens unter ihren nackten

      Fußsohlen zu spüren. Erst in Sichtweite der Weißen Sände hatten sie ihr

      Schuhwerk wieder angelegt.

      »Ich habe die Bucht nun schon so oft gesehen«, bekannte Elodarion, »doch

      der Anblick des Meeres fasziniert mich immer wieder aufs Neue.«

      »Ja, der Anblick ist ganz nett«, seufzte Lotaras.

      Seine Schwester Leoryn, die wie er kaum mehr als fünfhundert

      Jahreswenden alt war, lachte fröhlich auf. »Er schätzt das Meer nicht

      besonders, mein Vater. Als wir das Volk der Seeelfen zum ersten Mal

      besuchten und mit einem seiner Schiffe fuhren, wurde ihm übel.«

      »Es hat gewackelt«, erwiderte Lotaras errötend.

      Elodarion lächelte sanft. »Ein alter Freund von mir sagt immer, man muss

      mit den Bewegungen des Wassers und des Schiffes in Harmonie sein.« Er

      lachte gut gelaunt. »Es ist nicht bedeutend anders, als auf dem Rücken eines

      Pferdes zu sitzen.«

      »Der Rücken eines Pferdes ist trocken. Das Meer hingegen ist nass«,

      wandte Lotaras ein.

      Sie standen ein Stück oberhalb des Strandes an einer der kleinen

      Plattformen, die einen wundervollen Ausblick über die Bucht und das Meer

      boten. Elodarion wies in die Bucht hinunter. »Das muss es sein. Das erste

      Schiff von vielen, die unser Volk zu den Neuen Ufern tragen werden. Kommt,

      Kinder, lasst uns hinuntergehen. Ich bin gespannt, was sich die Elfen der See

      haben einfallen lassen.«

      Das Wasser der Bucht schimmerte kristallklar, und so konnte man von

      oben den Reichtum an Pflanzen und Fischen erkennen, der sich darin

      entfaltete. Je tiefer die drei Elfen auf ihrem Weg zum Strand kamen, desto

      stärker schimmerte die Oberfläche in grünen und blauen Farben. Eine frische

      Brise ließ ihre langen weißblonden Haare auswehen und brachte den leicht

      salzigen Geruch der See heran.

      Der Weg, dem sie folgten, führte sie an der Innenseite der Klippe entlang

      hinunter zur Mitte der Bucht und zu den Schiffen. Die Elfen der See hatten

      drei verschiedene Schiffstypen entwickelt, in welche die im Laufe von Äonen

      erlangten Fähigkeiten ihrer Erbauer eingeflossen waren.

      Ein Pfeilschiff wirkte mit seinem einzelnen Mast zierlich und fast

      verspielt. Es diente der raschen Erkundung des Meeres. Die größeren

      Transporter waren fast dreimal so groß. Sie besaßen zwei Masten und größere

      Segel, da sie auch mehr Last trugen. Viele waren bereits umgebaut worden

      und weitere würden folgen, denn bald würden diese mächtigen Schiffe nicht

      mehr nur Waren, sondern auch Passagiere über das Meer tragen.

      Den dritten Schiffstyp bildeten die schnellen, starken Kampfschiffe, von

      denen es nur wenige gab. Mit ihrem scharfen, extra bewehrten Bug waren sie

      in der Lage, ein feindliches Schiff zu zerschneiden. Aber ihre eigentliche

      Waffe bestand in den zwei Feuerrohren, die sich an Bug und Heck befanden.

      Sie versprühten einen Strahl aus Feuer, der feindliche Schiffe verbrannte und

      dem Schiffstyp die Bezeichnung »Flammschiff« eingebracht hatte. Es war ein

      Feuer, das sich mit Wasser nicht löschen ließ, und die Elfen gingen sorgsam

      damit um. Denn selbst sie, mit all ihrem alten Wissen, vermochten seine

      Flammen nicht zu ersticken.

      Diese drei Schiffstypen hatten dem elfischen Volk lange und gut gedient,

      doch nun war eine neue Konstruktion hinzugekommen, die den

      Anforderungen der langen Reise zu den Neuen Ufern standhalten sollte.

      Elodarion winkte einer Gruppe Elfen zu, die am Ufer der Bucht standen

      und den Ankömmlingen neugierig entgegenblickten. Die Männer und Frauen

      trugen kürzere Gewänder, wie sie bei den Häusern der See üblich waren. Die

      Muster waren den Schuppen der Fische und den Schalen von Muscheln

      nachempfunden, und im Gegensatz zu den Waldelfen bevorzugten die Häuser

      der See leuchtende und kräftige Farben.

      Ein Mann in der Gruppe beschattete seine Augen gegen die grelle Sonne

      und trat dann lächelnd hervor. Die Füße des Seeelfen waren bloß und wiesen

      an den Sohlen dicke Schwielen auf, denn als Seefahrer legten sie Wert darauf,

      ein Schiff und seine Bewegungen zu spüren. Daher verzichteten sie auf

      störendes Schuhwerk, das sie auch an Land nicht anlegten.

      Lotaras stieß ein leises Brummen aus. »Ich kenne den Mann.«

      »Das will ich meinen.« Leoryn schob ihre Tasche mit den Utensilien ihres

      Heilerstandes auf den Rücken und lachte fröhlich auf. »Das ist Gendrion, der

      Steuermann der ›Sturmschwinge‹.«

      Elodarion streckte seine Hand zum elfischen Gruß aus, und Gendrion

      erwiderte ihn erfreut.

      »Es tut gut, Bruder Elodarion, Euch nach so langer Zeit wieder einmal

      willkommen


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