Die Pferdelords 05 - Die Korsaren von Umbriel. Michael Schenk

Die Pferdelords 05 - Die Korsaren von Umbriel - Michael Schenk


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raus, Steuermann.« Herolas rieb sich die Hände und

      lächelte erfreut. »Die Anker kurz und festmachen! Am Hintermast

      bereithalten!«

      Die Anker der »Wellenvogel« hoben sich aus dem Wasser. Elfen zogen sie

      mit Leinen dicht an den Schiffsrumpf heran und machten sie fest, sodass sie

      auch bei schwerer See nicht gegen das Schiff schlagen konnten. Der Bug

      drehte sich langsam vom Steg weg und zeigte nun zu der zwischen

      aufsteigenden Felsen hindurchführenden Einfahrt der Bucht. Auf den Stegen

      und Laufgängen, welche die Häuser der Seeelfen in den steilen Klippen

      miteinander verbanden, standen jetzt Elfen und sahen dem Schiff zu, wie es

      der offenen See entgegenstrebte.

      Auf dem langen Oberdeck der »Wellenvogel« hatten sich unterdessen die

      Matrosen zwischen Kästen und Rollen ordentlich aufgerollter Seile

      nebeneinandergereiht und warteten auf die Kommandos des Kapitäns oder

      seines Steuermanns, während die Elfen mit den langen Stangen zurücktraten

      und diese in Halterungen am Vormast stellten.

      An der hinteren der beiden Treppen, die in den Rumpf hinunterführten,

      stiegen nun drei weitere Elfen auf das Oberdeck. Zwei von ihnen hatten

      langes schwarzes Haar, was für das elfische Volk sehr ungewöhnlich war. Es

      stellte eine Eigenheit der Elfen des Hauses Deshay dar, des lange verschollen

      geglaubten Hauses des Urbaums. Der Mann und die Frau hätten Geschwister

      sein können, doch handelte es sich um Jalan-olud-Deshay und seine Tochter

      Llarana. Jalan war der Älteste und Erste des Hauses Deshay und so etwas wie

      eine Legende im elfischen Volk, da er dessen künftige Heimat gesehen hatte.

      Seine Rückkehr war der Anlass gewesen, den endgültigen Aufbruch zu den

      Neuen Ufern nicht länger hinauszuzögern. Seine Tochter hatte die natürliche

      Schönheit und das Ebenmaß des elfischen Volkes, doch während Leoryn ihr

      Haar offen trug, hatte Llarana einen Teil davon zu zwei Zöpfen geflochten,

      die über ihre Schultern nach vorne hingen, eine Angewohnheit, wie sie

      üblicherweise die elfischen Kämpfer zeigten und daher für eine Elfin recht

      ungewöhnlich war. Zudem trug sie, wie ihr Vater, das leicht gebogene

      Schwert eines Kriegers an der Hüfte. Von ihrem Bruder war Leoryn es

      gewohnt, dass er sich kaum von seinem Bogen trennte. Die schöne Llarana

      schien es ähnlich mit ihrem Schwert zu halten.

      Der Elf, der jetzt hinter den beiden auftauchte, wirkte dagegen schmächtig

      und gebeugt. In seinem langen weißblonden Haar zeigten sich die braunen

      Strähnen des Alters, und in das Gesicht des Mannes hatten unvorstellbare

      Zeiträume tiefe Furchen gegraben. Obwohl ein Elf nicht körperlich alterte,

      sondern selber bestimmte, wann sein Körper die richtige Reife erlangt hatte,

      gab es Einflüsse, denen auch das Volk der Unsterblichen unterworfen war. So

      konnte zum Beispiel eine schwere Erkrankung den Leib in Mitleidenschaft

      ziehen und altern lassen.

      Mionas war einer der Ältesten des Volkes, älter noch als Elodarion, aber

      jünger als Jalan aus dem Hause Deshay. Für ein anderes Wesen wäre es

      verwirrend gewesen, die Generationen der Elfen nebeneinander stehen zu

      sehen und ihr Alter zuordnen zu müssen. Mionas gehörte zu jenen Wesen,

      deren Drang, neues Wissen zu erlangen und zu erproben, nie zu ermüden

      schien. Er hatte viele Dinge ersonnen, darunter auch die »Wellenvogel«. Es

      war also verständlich, dass er nun aufgeregt war und an die Reling des

      Schiffes trat, wo er sich festhielt und mit hastigen Blicken um sich sah.

      Immer wieder nickte er stumm, und das sanfte Lächeln auf seinen Lippen

      verriet seine Zufriedenheit.

      Er war so versunken, dass er Jalan und Llarana gar nicht beachtete, die

      soeben zum Heck traten, wo Lotaras und Leoryn mit den anderen standen.

      »Es freut mich, euch wiederzusehen«, sagte Jalan freundlich. »Das Haus

      Deshay wird nie vergessen, was die Kinder Elodarions für seinen Bestand

      taten.«

      »Wir taten es mit ganzem Herzen«, erwiderte Lotaras und lächelte. »Aber

      wir hatten nur geringen Anteil, wie ich einräumen muss.«

      »Die Pferdemenschen, ja.« Der Älteste und Erste des Hauses Deshay

      nickte. »Sie befreiten unser Haus aus der Gewalt der Grauen Wesen, weshalb

      wir dem Pferdevolk bei Merdonan aus Dankbarkeit beistanden.« Er seufzte

      leise. »Dennoch haben wir damit die Schuld nur zum Teil begleichen können.

      Das Haus des Urbaums hat den Menschenwesen viel zu verdanken.«

      »Sie sind uns zu Freunden geworden«, bestätigte Elodarion. »Vor allem

      meinen Kindern, die mit den Pferdemenschen vieles gemeinsam erlebten.«

      »Freundschaften mit Menschenwesen sind immer eine schmerzliche

      Erfahrung.« Jalan-olud-Deshay trat neben Elodarion und sah auf die

      näherrückende Zufahrt zum offenen Meer, hinter der bewegtes Wasser zu

      erkennen war. »Noch vor wenigen Jahreswenden hätte ich nicht geglaubt,

      dass man ihnen überhaupt trauen kann. Doch die Menschen um den

      Pferdereiter Nedeam und seinen Ältesten Garodem haben mich eines anderen

      belehrt. Ich kann keine Freundschaft zu ihnen empfinden, aber ich respektiere

      sie als aufrechte Wesen und gute Kämpfer.«

      Leoryn schüttelte den Kopf. »Für uns sind die Menschen des Pferdevolkes

      zu wirklichen Freunden geworden, Ältester. Wir haben Seite an Seite mit

      ihnen gekämpft, und sie haben es sich wohl verdient, in unsere Herzen

      aufgenommen zu werden.«

      Jalan sah sie kurz an und lächelte dann wehmütig. »Aus dir spricht die

      Jugend, Leoryn aus dem Hause Elodarion. Nein, meine Brüder des Waldes

      und der See, Freundschaft zu den Menschen ist mit Schmerz verbunden, denn

      wer sieht schon gerne zu, wie ein Freund altert und verwelkt?«

      Leoryn musterte die junge Elfin Llarana, deren seltsam umwölkter Blick in

      eine weite Ferne gerichtet schien. Ein Schmerz lag nun in ihren Augen, der in


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