Die Pferdelords 05 - Die Korsaren von Umbriel. Michael Schenk

Die Pferdelords 05 - Die Korsaren von Umbriel - Michael Schenk


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im Wasser.«

      »Sie wird dennoch wackeln«, ächzte Lotaras.

      »Hab dich nicht so«, seufzte Leoryn. »Es ist auch nicht anders, als wenn

      du an den Schlingpflanzen des Waldes schaukelst.«

      »Das sagst du«, brummte ihr Bruder. »Aber wenn man von einer

      Schlingpflanze herunterfällt, braucht man nicht zu schwimmen.«

      Elodarion räusperte sich und sah die Seeelfen entschuldigend an. »Mein

      Sohn hat einen gewissen Vorbehalt gegen die Seefahrt.«

      Herolas nickte und versuchte dabei ein verständnisvolles Gesicht zu

      machen, Gendrion hingegen murmelte unverhohlen etwas über Landfüße mit

      schwachen Mägen, die eigentlich nicht auf ein Schiff gehörten.

      »Können wir es uns näher ansehen?«, fragte Leoryn neugierig.

      »Das ist der Grund unserer Reise, Leoryn, meine Tochter«, erwiderte

      Elodarion sanft. »Wie ich euch schon sagte, wir werden uns das neue Schiff

      ansehen und mit ihm fahren. Der Rat der Häuser muss wissen, ob es für die

      lange Überfahrt zu den Neuen Ufern taugt.«

      »Das tut es«, versicherte Herolas rasch und wirkte ein wenig beleidigt

      darüber, dass man die Eignung seiner »Wellenvogel« in Zweifel zog. »Nie

      zuvor haben die Elfen der See etwas Vergleichbares erschaffen. Nicht nur die

      Größe, sondern auch die Kraft und Schnelligkeit betreffend. Einem Vogel

      gleich wird sie über die Wellen gleiten, förmlich dahinschweben und …«

      »Gut, gut, sehen wir uns das Boot an«, seufzte Lotaras.

      »Schiff«, korrigierte ihn Gendrion und wippte leicht auf seinen verhornten

      Füßen. »Es ist schließlich keine solche Nussschale, wie ihr Elfen des Waldes

      sie auf eure Seen setzt. Dies hier ist ein Schiff, das die Meere befährt und

      Wind und Wetter trotzt, eines, das auch dem stärksten Wellengang standhält

      und … Du siehst blass aus, Bruder des Waldes. Fühlst du dich nicht wohl?«

      »Die Bordwände sind an den Seiten eine halbe und am Bug sogar eine

      volle Länge stark«, übernahm Herolas mit einem Seitenblick auf Lotaras, der

      leicht zu schwanken schien. »Zudem sind Bug und Unterwasserschiff mit

      Metall bewehrt. Die Fahrt zu den Neuen Ufern führt uns ins Kaltmeer und am

      Eisland vorbei. Der Rumpf muss daher stark sein, und das ist er auch.

      Dennoch ist die ›Wellenvogel‹ auch ein schnelles Schiff. Sie hat zwei Masten,

      die etwas höher sind als bei den anderen Schiffen und die wir belastbarer

      verankert haben. Wir werden zwei Arten von Segeln mit uns führen. Die

      leichten für die warmen Meere und etwas kleinere, aus schwerem Stoff

      bestehende, für die Umrundung des Eislandes.«

      »Die Temperaturen dort sind unbehaglich.« Elodarion sah den Kapitän

      forschend an. »Muss die Reise denn am Eisland vorbeiführen?«

      »Nein, nicht unbedingt.« Herolas schürzte die Lippen. »Aber es verkürzt

      die Überfahrt enorm.«

      »Und schont die Mägen mancher Landfüße«, fügte Gendrion murmelnd

      hinzu.

      »Kommt an Bord.« Herolas wies zu der Laufbrücke, die vom Steg hinauf

      an Bord des Schiffes führte. »Dort kann ich Euch das Schiff besser erklären,

      und dann könnt Ihr auch die anderen treffen. Der Konstrukteur des Schiffes

      und der Älteste des Hauses Deshay sind bereits vor einigen Tagen

      eingetroffen.«

      Herolas schritt die Laufbrücke hinauf, und die anderen erkannten eine

      Gruppe von Matrosen, die zur offenen Pforte in der Reling eilten, um

      Elodarion die Ehre zu erweisen.

      »Jalan-olud-Deshay war begierig, das Schiff zu sehen.« Herolas nickte

      bedeutsam. »Der Älteste war es, der als Einziger von den Neuen Ufern

      zurückkehrte und von ihnen berichten kann. Doch er wird dieses Wissen erst

      kurz vor der Abfahrt offenbaren, damit kein Elf es unter der Folter dem Feind

      verraten kann. Aber er hat uns Angaben gemacht, die zu Veränderungen am

      Schiff geführt haben. Aber jetzt kommt und seht selbst. Wir wollen in See

      stechen, um die ›Wellenvogel‹ in ihrem Element zu erproben.«

      Lotaras verharrte mitten auf der Laufbrücke. »Erproben? Soll das heißen,

      sie war noch nie auf dem Meer?«

      »Nun, sie schwimmt immerhin, und alles funktioniert«, seufzte Elodarion

      und stieß seinen Sohn auffordernd an. »Und ich muss sagen, Lotaras, mein

      Sohn, dass mich deine Angst vor dem feuchten Element zunehmend stört.«

      Lotaras errötete auf die Rüge des Vaters hin und folgte rasch seiner

      Schwester und Herolas. Gendrion kam brummend hinterher. »Es wird Zeit,

      dass die ›Wellenvogel‹ zeigt, was sie kann. Zehntag um Zehntag haben wir

      geübt. Segel auf, Segel ab, Rudermanöver, Ladung nach vorne und hinten,

      nach oben und unten … Wirklich, es wird Zeit, dass wir endlich Meerwasser

      kosten und aus dieser beengten Lagune herauskommen.«

      Die Elfen an der Pforte verneigten sich zum Gruß, als Herolas und

      Elodarion das Schiff betraten. Unter ihnen war ein alter Bekannter, der

      Lotaras und Leoryn unverhohlen angrinste.

      »Verzieh dein Gesicht nicht so, Rodas«, knurrte Gendrion, als er ebenfalls

      an Bord trat. »Sag den anderen Bescheid, dass wir nun endlich auslaufen

      können.«

      »Alles ist bereit«, erwiderte Rodas und sah den Steuermann, noch immer

      lächelnd, an. »Die zusätzliche Ladung Gold ist an Bord. Das Schiff ist

      ausbalanciert und wird gut im Wasser liegen.«

      »Davon werde ich mich selbst überzeugen, wenn wir auf dem Meer sind.«

      Herolas hatte die Bemerkung gehört und klatschte in die Hände. »Die

      Mannschaft an Deck. Verlieren wir nicht unnötig Zeit.«

      Sofort nahm Rodas eine gedrehte Muschel, die an einer feingliedrigen

      Kette um seinen Hals hing, und blies hinein. Ein heller Ton stand für einen

      Augenblick


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