Die Pferdelords 06 - Die Paladine der toten Stadt. Michael Schenk

Die Pferdelords 06 - Die Paladine der toten Stadt - Michael Schenk


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gelegentlich über das Gesicht des Trägers, was dieser

      hinnahm, ohne auch nur eine Miene zu verziehen. Die Formation aus zwanzig

      Schwertmännern stand vom Tor in Richtung Haupthaus, vor dessen Stufen

      Garodem mit seiner Begleitung wartete.

      Der Herr der Hochmark war noch immer von kraftvoller Statur und hielt

      sich aufrecht wie seine Männer. Haupthaar und Bart waren weiß und

      kontrastierten stark mit dem gebräunten und wettergegerbten Gesicht des

      Pferdefürsten. Er trug ein schlichtes grünes Wams und den Umhang der

      Pferdelords, der am Hals mit der goldenen Spange in Form des doppelten

      Pferdekopfes verschlossen war. Um die Hüften lag der rotbraune Schwertgurt,

      aber Garodem trug weder Rüstung noch Helm.

      Sein Gesicht verzog sich zu einem Lächeln, als er die Elfen und Marnalf

      erkannte. Er nickte Kormund freundlich zu und ging dann zu Jalan hinüber,

      der als der ranghöchste Elf nach vorne getreten war. Mit festem Griff legten

      sie ihre Hände ineinander. »Jalan-olud-Deshay, Herr des Hauses Deshay, Ihr

      seid mir willkommen. Mögen meine Lanze und mein Schild Euer Schutz und

      mein Atem Eure Wärme sein.« Er sah Elodarion und Marnalf an. »Und das

      gilt ebenso für die Hohen Herren, die ich in Eurer Begleitung sehe. Euer

      Anblick erfreut mein Gemüt.«

      So viel Herzlichkeit zwischen Elfen und Menschen war eher

      ungewöhnlich, doch diese Männer hatten Seite an Seite in der Schlacht

      gestanden und fühlten sich auf besondere Weise verbunden.

      Jalan lächelte ebenfalls. »Seid bedankt für Schutz und Wärme, Hoher Lord

      Garodem. Mein menschlicher Freund, es tut uns wohl, Euch in der Hochmark

      zu besuchen.«

      Die Elfen und Marnalf verneigten sich höflich vor der Hohen Dame

      Larwyn, die zu Ehren der Gäste ein elfisches Gewand angelegt hatte, das ihre

      schlanke Figur umschmeichelte.

      Einen Schritt hinter dem Herrscherpaar der Mark stand die blonde Heilerin

      Meowyn, die darauf gehofft hatte, ihre elfischen Freunde Lotaras und Leoryn

      wiederzusehen. Sie verbarg ihre Enttäuschung, als sie keinen von ihnen sah,

      und verneigte sich zusammen mit ihrem Ehemann Tasmund zum Gruß.

      Tasmund war Garodems engster Freund und Berater, und Jalan-olud-Deshay

      trat vor und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Noch ein guter Freund,

      dem das Haus Deshay zu danken hat.«

      Tasmund hatte vor acht Jahreswenden als Erster Schwertmann der

      Hochmark an der Befreiung des Hauses Deshay mitgewirkt. Dabei hatte er

      eine schwere Verwundung erlitten, die ihm den weiteren Dienst unmöglich

      gemacht hatte. Tasmund freute sich sehr über die herzliche Geste des Elfen.

      Dann erreichte Jalan einen jungen Mann, den er lange musterte, bevor er

      auch ihm die Hand auf die Schulter legte. »Ein wahrhaftiger Erster

      Schwertmann der Pferdelords. Es ist wohl getan, und du hast es von Herzen

      verdient. Auch dir hat das Haus Deshay viel zu verdanken, Nedeam,

      Pferdelord. Und nicht nur dieses Haus.«

      Nedeam nickte lächelnd. Er fühlte sich ein wenig unwohl, denn in der

      Gruppe der Elfen befand sich eine schlanke Gestalt mit einem lieblichen

      Gesicht, das seine Gefühle in Aufregung versetzte. »Mein, äh, Schwert und

      Schild sind Euer Schutz«, murmelte er verlegen.

      Jalan folgte kurz dem Blick des Ersten Schwertmanns und nickte

      verständnisvoll. »Du, Nedeam, Pferdemensch, bist einer der Gründe, warum

      wir die Hochmark aufsuchen.«

      Nedeam war sichtlich überrascht, und auch Garodem runzelte die Stirn.

      »Ihr seid weit gereist, meine Freunde«, sagte er dann und musterte die

      Eskorte elfischer Krieger. »Und sicher wollt Ihr Euch zunächst erfrischen.

      Buldwar brachte Kunde von Eurer Ankunft, und alles ist für eine Erfrischung

      und ein kräftigendes Mahl vorbereitet. So kommt nun herein in die Halle der

      Schwertmänner, stärkt Euch und lasst uns unsere Freundschaft erneuern.«

      Gefolgt von den elfischen Kriegern betraten Garodem, Larwyn und die

      anderen das Haupthaus. Die Ehrenwachen stießen die Lanzenenden zum Gruß

      auf den Boden, und der Schlag hallte im Innenhof wider. Während die

      Männer und Frauen im Gebäude verschwanden, trat die Ehrenformation ab,

      und Scharführer Kormund ließ sich erleichtert aus dem Sattel gleiten.

      »Stärkt Euch und lasst uns unsere Freundschaft erneuern«, murmelte er

      und grinste dann breit. Garodem war schon immer ein schlauer Bursche

      gewesen. Der Pferdefürst hatte schnell reagiert und versucht, dem Besuch der

      Elfen die besondere Bedeutung zu nehmen. Ein netter kleiner

      Freundschaftsbesuch … Nein, Kormund war zu erfahren, um das zu glauben.

      Auch Garodem und die anderen wussten es besser. Es lag nicht in der

      elfischen Art, viel Zeit mit sinnlosen Gesten zu verschwenden. So lange, wie

      das Leben eines Elfen auch währte, sie vergeudeten nur wenige Augenblicke

      davon. Dennoch bezähmte er seine Neugier, und sie alle wahrten die

      Tradition, indem sie an der langen Tafel in der Halle von Eternas Platz

      nahmen und Getränken und Mahl zusprachen. Es war eine kleine Stärkung

      mit Brot, Käse und kaltem Braten, dazu gab es verdünnten Wein und

      Gerstensaft. Am Abend würde es dann ein ausgiebiges Fest geben, mit

      mehreren Gängen und begleitet von Musik und Tanz.

      Während die elfischen Krieger schweigend aßen, machten Marnalf und die

      anderen anerkennende Bemerkungen über die Hochmark. Garodem war stolz

      auf die Entwicklung seiner Mark, dennoch nahm er die Worte als höfliches

      Geplauder, das nur den Augenblick vorbereiten sollte, an dem die Elfen den

      wahren Grund ihres Besuches verraten würden. Er war erleichtert, dass es

      nicht zu lange dauerte, bis Jalan, als Wortführer der Elfen, seinen Stuhl

      zurückschob und sich erhob.

      »Nachdem wir uns nun von der Reise erholt und uns erfrischt haben,

      würde ich gerne einen Blick auf die


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