Kaspar - Die Reise nach Feuerland. Dan Gronie
wollte er keinen Rüffel von seinem Vater erhalten und sich von ihm anhören müssen, dass er sich wieder einmal einer Katzenwäsche unterzogen hätte.
Pah! Da wirst du gleich aber Augen machen und staunen, Vater, dachte Sebastian und drückte auf die Tube Duschgel und war fest davon überzeugt, dass er gleich ganz besonders gut riechen würde.
***
»Wo ist Vater?«, fragte Sebastian seine Mutter, als er freudestrahlend die Küche betrat und sich an den Tisch setzte.
»Die Zeitung holen«, antwortete Rebecca gelassen und Sebastian grinste sie freudig an.
»Und, wo ist mein Bruder?«
»Er hat schon gefrühstückt.«
Sebastian atmete laut aus und sagte: »Klasse, dann sind wir alleine – nur du und ich – kein Vater und kein Bruder«, sagte er, »niemand, der mir heute Morgen auf die Nerven gehen kann – das ist gut so«, nickte er zufrieden.
»Sei nicht so hart zu deinem Vater«, ermahnte Rebecca ihn, »und auch nicht zu deinem Bruder«, sie sah Sebastian in die strahlend blauen Augen. »Dein Vater hat es im Augenblick auf der Arbeit sehr schwer. Früher war er ...«
Sebastian winkte ab. »Ist schon gut Mutter. Wir sollten zusammen essen und nicht über meinen Vater und meinen Bruder sprechen. Ich weiß ja, dass Vater ...« Sebastian fand nicht die richtigen Worte.
»Dein Vater ist wirklich kein schlechter Mensch, Sebastian.« Rebecca ging zum Teekessel, der auf dem Herd stand und füllte die Teekanne mit heißem Wasser auf.
»Du möchtest bestimmt eine Milch?«, fragte sie.
»Gerne, Mutter.«
»Da hast du heute aber gründlich geduscht«, schnupperte Rebecca, als sie Sebastian Milch ins Glas goss.
»Ja, Mutter«, sagte Sebastian stolz.
»Ich hoffe, du hast nicht das ganze Duschgel aufgebraucht«, lächelte sie.
Sebastian schüttelte den Kopf.
»Wie ich an dir rieche, hast du auch meine Seife benutzt.«
Sebastian nickte, und ihm ging durch den Kopf, dass er das Badezimmer noch aufräumen musste.
»Freust du dich schon auf den Urlaub bei Großvater?«, lenkte Rebecca auf ein anderes Thema.
»Und wie«, kam es wie aus der Pistole geschossen aus Sebastian heraus, »ich kann es kaum noch abwarten. Dann brauche ich eine Woche lang Vater und Bruder nicht zu sehen.«
Rebecca sah bedrückt aus.
»Entschuldigung, Mutter«, sagte Sebastian und senkte den Blick, »ich hab' das nicht so gemeint.«
»Ist schon gut, Sebastian, ich kann dich ja verstehen.« Sie ging zum Toaster und nahm zwei fertige Toasts heraus, die sie auf einen Teller legte und Sebastian reichte.
»Danke, Mutter.«
Sebastian schmierte zwei Zentimeter dick die Erdbeermarmelade auf einen Toast und auf den anderen Nutella. Dann biss er ein großes Stück von dem Erdbeertoast ab. Trank einen Schluck Milch dazu und fragte mit vollem Mund: »Ist Vater schon lange fort?«
»Er müsste eigentlich jeden Augenblick zurückkommen.«
»Er hat doch nicht vergessen, dass er mich und meine Freunde heute zu Großvater fahren wollte?«, fragte Sebastian vorsichtig.
Rebecca lächelte sanft.
»Nein, das hat er nicht«, antwortete sie.
»Gut«, nickte Sebastian und nahm einen zweiten Bissen zu sich.
Das Haustürschloss knackte und Vater William kam herein. Als er sich mit: »Guten Morgen Sebastian«, an den Frühstückstisch setzte und die Zeitung aufschlug, fragte Sebastian: »Wann fahren wir los?«
»RUHE!«, brüllte William laut.
Rebecca reichte ihrem Mann eine Tasse Tee.
»Wenn deine Freunde da sind, wird dein Vater euch fahren«, sagte Rebecca.
Sebastian nickt zufrieden und biss in das Nutellatoast.
»Ahm – Vater – kann ich deine Taschenlampe haben? Ahm – meine ist mir eben hingefallen«, fragte Sebastian ganz vorsichtig.
»Nein«, sagte William scharf und sah Sebastian über den Rand der Zeitung an. »Wieso sollte ich sie dir geben? Damit du sie auch noch fallen lässt – dummer Junge. Und jetzt sei still, ich will meine Zeitung in Ruhe lesen!«
»Lass deinen Vater jetzt in Ruhe, Sebastian«, ging Rebecca dazwischen und füllte Sebastians Milchglas auf.
»Es steht nur dummes Zeug in der Zeitung«, brummte William.
Sebastian verzog missmutig das Gesicht.
»Warum liest du sie denn?«, fragte Sebastian vorwitzig.
William hob den Blick.
Sebastian schluckte.
»Es ist noch eine alte Taschenlampe im Keller. Die kannst du haben«, schlug Rebecca vor.
»Danke, Mutter.«
Sebastian hatte inzwischen das Nutellatoast aufgegessen und sah mit bedrückter Miene, wie sein Bruder in die Küche kam.
»Ey Mann, Brüderchen Tohuwabohu, was hast du da oben bloß wieder angestellt?«
William legte die Zeitung beiseite.
»Was gibt es denn, Manuel?«, wandte er sich seinem Sohn zu.
»Sebastian hat zwei Handtücher benutzt, die jetzt auf dem Boden herumliegen, und Mutters Seife liegt in der Dusche auf dem Boden. Sie ist total aufgeweicht – ach, ja, die Fliesen im Bad sind auch ein wenig nass geworden«, Manuel holte Luft und fuhr fort, »und die Zahnpastatube sieht aus, als hätte sich ein Elefant darauf gesetzt.«
Williams Blick bohrte sich wie ein Dolch tief in Sebastian hinein, noch bevor William etwas sagen konnte, kam ihm Sebastian zuvor: »Vater, du hast mir selbst gesagt, ich solle mich morgens richtig waschen, das habe ich getan – und die Zähne putzen sollte ich auch«, Sebastian sprach so schnell, dass sein Vater nichts anderes übrig blieb, als seinem Sohn zuzuhören, »das habe ich auch getan, Vater. Ich habe nur auf das gehört, was du mir immer wieder gesagt hast, Vater. Und außerdem übertreibt mein Bruder mal wieder. Die Fliesen sind gar nicht nass geworden, und die Zahnpastatube habe ich nicht zerdrückt, das stimmt nicht.«
»Bist du nun endlich fertig, mein Sohn?«, sagte William, seine Stimme klang dabei gefährlich ruhig.
»Die Handtücher muss ich noch wegräumen und die Seife ist mir hingefallen. Ich habe vergessen, sie aufzuheben, das werde ...«
»Schweig endlich!«, brüllte William. »Und du denkst jetzt bestimmt: Dafür hat Sebastian doch keine Strafe verdient«, wandte er sich Rebecca zu. »Du denkst bestimmt, dass dein Sohn für die Unordnung im Bad eine plausible Erklärung hat. Soll ich deinen Sohn dafür vielleicht auch noch belohnen?« William wartete kurz auf eine Antwort. »Dazu fällt dir wohl nichts ein, nicht wahr? Dein Sohn muss bestraft werden, und ich weiß auch schon, wie ich das tun ...«
Rebecca schnippte mit den Fingern und ihre Augen waren ganz schmal auf William gerichtet. »Falls du das schon vergessen hast, mein lieber Mann, Sebastian ist unser Sohn und nichts wirst du tun«, Rebecca stand in der Küche wie ein Fels in der Brandung, als sie weiterfuhr: »Bestrafen ist das Einzige, was dir dazu einfällt – natürlich, was kann dir auch sonst bloß einfallen«, sie fuchtelte mit den Fingern vor Williams Gesicht herum. »Sebastian und seine Freunde werden Großvater Joe besuchen«, Rebecca atmete tief ein, und ihr Blick erinnerte Sebastian an die zahlreichen Bilder von Kriegerinnen, die in Fantasy-Foren zu finden waren, »und du wirst sie dorthin fahren«, betonte Rebecca scharf, dann wandte sie sich Sebastian zu. »Und du, Sebastian, siehst zu, dass das Badezimmer wieder in Ordnung kommt, bevor du zu Großvater fährst!«
Sebastian