Goschamarie Mofacup. Stefan Mitrenga

Goschamarie Mofacup - Stefan Mitrenga


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ging ins Haus und kam kurz darauf mit zwei dampfenden Tassen zurück.

      Eine gab er seinem Gast. „Hab gar nicht gefragt … aber du trinkst doch sicher einen mit?“

      S’Dieterle nickte dankbar und rührte nachdenklich in seiner Tasse.

      „Das mit Panky geht mir gar nicht aus dem Kopf“, sagte er endlich. „Ich werde den alten Zausel wirklich vermissen.“

      Walter war überrascht. „Ihr kanntet euch?“

      „Meine Hütte, der Keller dahinter … das hat früher Panky gehört. Pfarrer Sailer hat uns damals zusammengebracht und ich habe ihm den Streifen abgekauft.“

      „Dann wusste er auch, wer du wirklich bist“, stellte Walter fest.

      „Er und Pfarrer Sailer waren die einzigen. Dann kamst du dazu und … naja … jetzt bist du der Letzte, der es weiß.“

      Walter war während den Ermittlungen zu einem Fall hinter Dieterles Geheimnis gekommen, doch er hatte niemandem etwas verraten. Nicht einmal Liesl.

      „Stört es dich denn gar nicht, dass dich alle für durchgeknallt halten?“

      S’Dieterle zuckte mit den Schultern. „Sollen sie doch. Hauptsache, sie lassen mich in Ruhe. Außerdem habe ich dadurch eine Art Freifahrtschein: egal was ich mache, die Leute denken, dass ich eh nicht mehr richtig ticke.“

      Er lachte und nahm einen Schluck Kaffee. „Übrigens: wusstest du, dass Panky ein Testament hatte?“

      Das war Walter neu. „Woher weißt du das?“

      „Wir haben es gemeinsam aufgesetzt.“

      „Und was steht drin?“

      S’Dieterle schüttelte den Kopf. „Als Pankys Anwalt darf ich dir das nicht sagen, Walter. Auch wenn er tot ist, muss ich mich daran halten.“

      Walter fragte sich, ob Andrea von dem Testament ihres Vaters wusste und ob sie es bereits eingesehen hat.

      „Ist es noch bei dir oder hat er es bei sich zu Hause?“

      „Er hat es damals mitgenommen. Wo es jetzt ist, weiß ich nicht, aber er wird sich schon was dabei gedacht haben. Vielleicht liegt es in einem Bankschließfach oder in seinem Tresor zu Hause … oder auch ganz woanders. Du weißt ja, wie er war: so richtig vertraute er niemandem.“

      Walter erinnerte sich gut an Pankys Misstrauen gegenüber anderen. „Die wollen alle nur mein Bestes … und das ist mein Geld“, hatte er immer gesagt, und meinte damit die Banken, Anwälte, Versicherungen und Ärzte.

      „Sie haben jetzt doch eine Obduktion veranlasst. Ich bin gespannt, was dabei herauskommt“, wechselte Walter das Thema.

      „Ich habe davon gehört. Hat die alte Creszenz wirklich gesagt, es war kein natürlicher Tod?“

      Walter nickte. „Ich war sogar dabei. Andrea war wie vor den Kopf gestoßen und Steffen wollte nichts davon wissen. Er mag die Creszenz wohl nicht.“

      S’Dieterle lachte. „Die kann aber auch unheimlich sein. Wenn sie dich so durchdringend anschaut und dann eine von ihren Visionen preisgibt … uuuuuuh.“

      Walter hörte, wie ein Auto vor dem Haus abgestellt wurde und hob warnend den Zeigefinger.

      „Na, ihr habt’s euch ja gemütlich gemacht“, freute sich Liesl, als sie um die Hausecke kam. „Besteht die Möglichkeit, dass ich auch noch einen Kaffee bekomme?“

      S’Dieterle sprang sofort auf und bot Liesl seinen Platz an. „Muss eh grad weg, gell, gell. Viel Arbeit … jaaaa. Großes Fest – viel Arbeit.“

      Liesl wollte ihn bitten zu bleiben, doch s’Dieterle war schon hinter der Hausecke verschwunden.

      „Ist schon ein komischer Kauz. Aber nett. Irgendwie mag ich ihn. Was wollte er denn von dir?“

      „Och nichts“, sagte Walter gleichgültig. „Er hat nur rumgebrabbelt … wie immer. Aber er hat sich über den Kaffee gefreut.“

      Liesl gab sich mit der Antwort zufrieden und freute sich, als ihr Walter kurz darauf ihren Kaffee brachte.

      „Es gibt also ein Testament“, sagte Balu schläfrig. Er döste mit Kitty hinter dem größten der Jostabüsche. „Ja. Jetzt wird es spannend“, freute sich Kitty. „Natürlich kann alles ganz harmlos sein, aber vielleicht gibt es ja für irgendwen eine dicke Überraschung.„So wie damals für Pfarrer Sailers Schwester“, erinnerte sich Balu. „Die fiel aus allen Wolken, als sie erfuhr, dass ihr Bruder sein gesamtes Vermögen in eine Stiftung steckte.“Kitty setzte sich auf und leckte an ihrer Vorderpfote. „Geduld. Geduld. Wir werden es erfahren.“

      12

      Walter, Balu und Kitty spazierten gemütlich in Richtung Hinterdorf. Auch jetzt um kurz vor acht war im Festzelt noch einiges los. Es waren vor allem die weiblichen Mitglieder des Musikvereins, die letzte Hand an die Dekoration legten. Unmengen von langstieligen Sonnenblumen wurden an Zeltpfosten gebunden, Girlanden überspannten die langen Theken bei der Essensausgabe und zartgrün belaubte Birkenzweige verdeckten die hölzerne Unterkonstruktion der Bühne.

      Als sie die Wirtschaft erreichten, setzte sich Balu demonstrativ zu Kitty, die auf ihren Strohballen vor dem Scheunentor gesprungen war.

      „Verstehe“, murmelte Walter. Balu hatte seinen eigenen Willen und er ließ ihn meist damit durchkommen. Nach allem, was sie schon gemeinsam erlebt hatten, vertraute Walter seinem Wolfsspitz. Wenn er also mit seiner Freundin draußen bleiben wollte, gönnte er ihm das.

      „Freitag, Samstag, und Sonntag wegen Gartenfest geschlossen!“, stand auf einem handgeschriebenen Schild an der Eingangstür.

      „Du machst wirklich zu?“, fragte Walter, als er sich an den Stammtisch setzte.

      „Nadierlich! Dees Wochaend gkehrt m Musikverein. I hons ganze Johr mei Gschäft - jetzt sollet dia Musikanta mol a Geld verdiena.“

      „Dann hast du ein freies Wochenende?“

      Marie lachte verächtlich. „Wo denksch na, Kerle. I hilf nadierlich an dr Kass. Do muss jo scho oiner hocka, där vo däm was verschtoht!“

      Marie eilte zum Tresen und holte zwei Flaschen Bier für Walter.

      „Magsch no a Veschper?“, fragte sie, doch Walter lehnte ab. „Ich hab schon mit Liesl gegessen. Mehr geht nicht rein.“

      Marie lächelte ihn schelmisch an. „I hon jetzt au kloine Portiona. Des dätsch vielleicht no neibringa.“

      Doch Walter verzichtete. Satt ist satt. Trotzdem wunderte er sich, dass die Wirtin die kleine Portion ins Programm aufgenommen hatte, nachdem sie sich so darüber geärgert hatte.

      „Und was gibt’s bei euch Neues?“, wandte er sich seinen Freunden zu. Theo und Peter saßen stumm nebeneinander, Max klopfte einen Berg Schnupftabak auf seinen Handrücken und schniefte ihn in die Nase.

      „Das Mofa ist fertig. Faxe und Fibi haben das wirklich toll gemacht. Die Anderen brauchen eigentlich gar nicht antreten.“ Er fummelte sein Handy aus der Tasche und zeigte Walter ein kurzes Video, in dem Faxe mit wehendem Haar mit dem Mofa ein Auto überholte. „Der Wahnsinn, oder?“

      Walter war beeindruckt. „Aber ist das denn alles legal?“

      „Wir halten uns streng an die Regeln des Mofa-Cups“, sagte Max selbstsicher.

      „Und wie sieht’s mit der Straßenverkehrsordnung aus?“

      Max schaute irritiert. „Wen interessiert die denn? Wir fahren ein Rennen. Da gelten andere Regeln.“

      Walter verstand was Max meinte, doch auf dem Video war Faxe auf der Bundesstraße unterwegs gewesen. Die Polizei hätte sicher Verständnis für das Mofarennen.

      „Und warum seid ihr heute so schweigsam?“, fragte Walter und zeigte auf Theo und Peter, woraufhin Theo grinste.

      „Der redet nicht mehr mit mir, was ich gar nicht so schlecht finde.“

      „Ach halt doch die Klappe, du Großkotz“, platzte es aus Peter heraus.


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