Goschamarie Mofacup. Stefan Mitrenga

Goschamarie Mofacup - Stefan Mitrenga


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wollte davon nichts wissen.“

      Die Tür wurde aufgestoßen und eine Schar verschwitzter Zeltaufbauer strömte herein und verteilte sich an den freien Tischen. Nur Elmar steuerte zielsicher den Stammtisch an.

      „Ihr lasst es euch in der Wirtschaft gut gehen, während wir bei der Hitze den Zeltboden verlegt haben“, meckerte er. „Aber wir sind jetzt mit dem Boden fertig. Ab morgen sind andere dran. Die bauen die Bühne auf, die Tresen an der Essen- und Getränkeausgabe, den Weizenbierstand und die Bar. Wir liegen prima im Zeitplan.“ Elmar klopfte eine Lord aus der Schachtel und inhalierte genüsslich. Der Rauch stieg zur Decke und verband sich mit Max‘ Zigarrennebel. Walter war froh, dass es Sommer war und alle Fenster offenstanden. In der kalten Jahreszeit war der Rauch manchmal so dicht, dass man nicht mehr bis zum anderen Ende der Gaststube sehen konnte.

      „Sodele, do hosch a eiskalts Bierle. Die Fleißige kriagat immers Beschte“, sagte Marie freundlich. Dann knallte sie eine Flasche vor Max auf den Tisch. „Und fier die Frecha und Faule gibt’s dr Rescht!“

      Max lächelte unbeholfen und griff nach seinem Bier. Es war lauwarm.

      „Was gibt’s denn Neues?“, wollte Elmar wissen und Walter erzählte noch einmal, was er auf dem Wagnerhof erlebt hatte.

      „Auf die Creszenz sollte man hören“, sagte Elmar bestimmt und trank einen Schluck Bier. Eiskalt. „Sie macht ja nicht nur das mit dem Gesundbeten. Sie träumt auch manchmal Sachen, die dann wirklich passieren. Manche würden das Visionen nennen. Muss man das glauben? Nicht unbedingt, aber ganz sicher hat die Frau ein paar Sinne mehr als normale Menschen.“

      Max verzog das Gesicht. „Visionen … die hab ich auch manchmal … vor allem, wenn ich zu viel warmes Bier getrunken habe.“ Marie warf ihm vom Tresen aus einen bösen Blick zu.

      „Mir hat sie auch mal von einem ihrer Träume erzählt“, fuhr Elmar fort. „Sie sagte, sie hätte mich in einem eigenen Fliesenlegerbus gesehen und hat mir sogar das Logo auf dem Fahrzeug beschrieben. Damals hatte ich schon länger überlegt, ob ich mich selbständig machen soll, hab mich bis dahin aber nicht getraut. Ihr Traum hat mir dann den letzten Kick gegeben und ich habe es durchgezogen. Das habe ich nie bereut.“

      „Also hat sie dir eigentlich nur erzählt, was du hören wolltest“, grummelte Max. „Da hättest du auch eine Münze werfen können.“

      „Ich weiß nur, dass das mit den Warzen damals funktioniert hat“, warf Walter ein. „Der Rest ist mir eigentlich egal.“

      Er sah auf die Uhr und signalisierte Marie, dass er bezahlen wollte. „Ich muss ja wieder früh raus“, reagierte er auf Elmars fragenden Blick. „Ist ja nicht jeder selbständig und kann bis Mittag im Bett liegen.“ Elmar registrierte den Seitenhieb, reagierte aber nicht darauf.

      Marie kam, um zu kassieren. „So, no a Schnäpsle auf dr Wäg. Där isch au ausm Kielschrank“, sagte sie und lächelte Max an, der an seinem warmen Bier nuckelte. Wenigstens war ihr Lächeln eiskalt.

      Walter stand auf und ging mit Manne und Otto, die sich ebenfalls auf den Heimweg machten, zur Tür.

      Marie stand am Tresen und winkte ihnen hinterher: „Machet‘s guat, ziernet nix, kommet wieder!“

      „Warum geht ihr denn schon Heim?“, wunderte sich Walter über die beiden weißhaarigen Rentner.

      „Wir wollten lieber mit dir und Balu gehen“, erklärte Otto. „Marie hat gesagt, in dem Haus da spukt es. Da gehen wir auf Nummer sicher.“

      Die drei beäugten das verlassene Haus misstrauisch, als sie im Halbdunkel daran vorbeiliefen. Nur Balu trabte mit Kitty gelangweilt nebenher. Die Tigerkatze hatte vor der Wirtschaft auf ihn gewartet und er hatte ihr berichtet, was geschehen war.

      „Vielleicht riecht diese Creszenz einfach nur besser, als die anderen Menschen“, vermutete Kitty. „Zu blöd, dass sie Panky schon abgeholt haben. Da hätte ich auch mal gerne geschnüffelt.“ „Hauptsache es war kein Mord“, jammerte der Wolfsspitz. „Da wäre Walter doch bestimmt wieder dabei.“„Es kommt, wie es kommt“, orakelte Kitty wenig hilfreich. „Und genau das macht mir Sorgen.“

      9

      „Und du meinst, sie lassen die Obduktion machen?“, fragte Liesl. Walter hatte ihr von der seltsamen Begegnung mit der Gesundbeterin am Vortag erzählt. Sie hatten gemeinsam Mittag gegessen und saßen mit einer Tasse Kaffee unter dem großen Sonnenschirm auf Walters Terrasse.

      „Das weiß ich nicht“, antwortete er. „Ich würde es tun. Kostet ja nichts. Dann hast du Sicherheit.“

      „Kannst du nicht mal Anne fragen, ob sie Panky reinbekommen haben? Sie arbeitet jetzt doch wieder.“ Elmars Freundin hatte vor ihrer Schwangerschaft als Assistentin in der Pathologie gearbeitet. Vor zwei Monaten war sie halbtags wieder in ihren Beruf zurückgekehrt.

      Anne gehörte zu der kleinen Ermittlergruppe, die in den letzten Jahren mehrere Mordfälle in und um Taldorf aufgeklärt hatte. Auch Walter gehörte dazu, genauso wie sein alter Freund und Polizist Manni, dessen Streifenkollege Hans und Hubert von der Kriminalpolizei. Auch wenn sie nicht ermittelten, trafen sie sich am Samstagmorgen auf dem Ravensburger Wochenmarkt an Francescos Kaffeestand. Letzten Samstag hatten sie ihr Treffen jedoch ausfallen lassen, da alle, außer Anne und Walter, im Urlaub gewesen waren.

      „Ich frag sie über Whatsapp“, beschloss Walter und nahm sein iPhone vom Tisch. Es war mit seiner Bluetoothbox verbunden, die leise Walters neuen Lieblingssender von sich gab. Chris Country – ein englischer Sender, der ausschließlich Countrymusik spielte.

      „Störe ich?“, fragte Eugen Heesterkamp und blickte neugierig hinter der Hausecke hervor.

      „Immer“, antwortete Walter wahrheitsgemäß und erntete dafür von Liesl einen Tritt vors Schienbein.

      „Natürlich stören Sie nicht“, flötete Liesl und sah Walter streng an.

      Der pensionierte Lehrer nahm sich einen Gartenstuhl und setzte sich zu ihnen unter den Schirm.

      „Was verschafft uns denn das … ähm … Vergnügen?“, wollte Walter wissen.

      „Ich hatte noch Zeit, da dachte ich, ich schaue mal vorbei. Ich kann nachher endlich meine Bienen holen.“

      „Was für Bienen?“, fragte Liesl überrascht. „So richtige … also Insekten?“

      Eugen nickte. „Ich bekomme von einem Imker in Horgenzell vier Völker. Ich bin schon ganz aufgeregt.“

      Walter runzelte die Stirn. „Und die wohnen dann in Ihrem Garten?“

      „Aber nein. Das wäre mir doch etwas zu nah am Haus. Ich habe mit den Erben von Karl-Heinz geredet. Ich darf seinen Bienenstand hinten im Tal benutzen.“

      Karl-Heinz war einer der beiden Landwirte, die vor einiger Zeit bei den Bauernmorden ums Leben gekommen waren. Er war ein leidenschaftlicher Imker gewesen und hatte mit seinem Honig das halbe Dorf versorgt. Seine Erben hatten die Imkerei nicht fortführen wollen und hatten seine Völker verkauft. Seitdem stand der alte Bienenstand leer.

      „Und Sie kennen sich damit aus?“, wollte Liesl wissen. „Ich stelle mir das nicht so einfach vor.“

      „Ich habe mich bestens vorbereitet. Im Internet findet man eigentlich alles, was man wissen muss, aber natürlich habe ich mir auch Fachliteratur besorgt. Wenn alles gut läuft, kann ich demnächst meinen eigenen Honig ernten. Darf ich Sie denn auf meine Kundenliste setzen?“

      „Aber gerne“, kam Liesl Walter zuvor, der etwas anderes sagen wollte. „Ich liebe Honig und wenn ich dann noch weiß, dass er von hier kommt, ist das großartig.“

      Walter erinnerte sich an Karl-Heinz, bei dem er nie Honig gekauft hatte, da der es mit der Hygiene nicht so genau genommen hatte. Er hoffte, dass Eugen in dieser Hinsicht gründlicher war.

      „Haben Sie denn schon die ganze Ausrüstung, die man braucht?“

      Eugen winkte ab. „Da braucht es gar nicht so viel. Das meiste hab ich über ebay-Kleinanzeigen gekauft: die Bienenkästen, eine Rauchflasche und einen Kasten, mit dem man ausgeflogene Schwärme einfangen kann.“

      „Und


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