Tod im Maisfeld. Herbert Weyand

Tod im Maisfeld - Herbert Weyand


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frustrierte sichtlich. Sie sah die vielen fruchtlosen Sitzungen mit aufgeblähten Kolleginnen und Kollegen der übergeordneten Polizeidienststellen. Darauf hatte sie keinen Bock.

      Wieso verfrachtete jemand den Mann in diesen Schuppen und ließ die Frau im Mais liegen? Weshalb wussten die Nachbarn außer den Namen der beiden nichts über sie? Laut gerichtsmedizinischem Bericht fand Peter Abels ungefähr einen Monat später als die Frau den Tod. Weshalb unterrichtete er die Polizei nicht vom Verschwinden der Frau? Oder konnte er es aus irgendeinem Grund nicht?

      In diesem Moment hasste sie ihren Beruf. Wie schön war es in Düsseldorf gewesen. Dort konnte sie auf einen großen Personalstamm und die Ermittlungen der örtlichen Polizei zurückgreifen. Landeshauptstadt. Das war etwas anderes als die Provinz. Nicht, dass sie sich beschwerte. Maria und Heinz waren hervorragende Ermittler und verstanden ihr Geschäft aus dem eff eff. Claudias Beförderung im LKA zur Hauptkommissarin lag drei Jahre zurück. Außerplanmäßig, aufgrund einiger erfolgreicher Ermittlungsergebnisse. Nirgendwo bei der Landespolizei wartete eine entsprechende Planstelle auf sie. Nur in Aachen lag die Mordkommission brach. Der leitende Hauptkommissar kam bei einem Verkehrsunfall ums Leben. Nichts lag näher, als die frischgebackene Hauptkommissarin, zur Leitung des Mordkommissariats einzusetzen. Nein, nein. Sie belog sich selbst. Reiner Ziegler, der aufgeblasene Ochsenfrosch, hatte sie rausgemobbt, weil sie die unglückselige Affäre beendete. Die Versetzung nach Aachen erfolgte zwar auf eigenen Wunsch, aber nicht freiwillig. Das Schicksal wollte es so. Sie lernte Kurt kennen und kehrte an den Ort ihrer Kindheit zurück.

      *

      fünf

      »Peter und eine Frau, mit der er zusammenlebte, sind tot.«

      »Ist doch nicht möglich. Verkehrsunfall?«

      »Nein Mord.«

      »Verflucht. Wie?«

      »Peter wurde erstochen. Die Frau ist so verstümmelt, dass sie nicht wissen, was mit ihr geschehen ist.«

      »Weiß man, wer es war?«

      »Keine Ahnung. Die Polizei tappt im Dunkeln.«

      »Peter sollte doch nur abtauchen. Wo war er überhaupt?«

      »In Deutschland. Er hatte sich dorthin versetzen lassen.«

      »In Deutschland … dann müssen wir von den Behörden dort Bescheid bekommen. So regeln es die internationalen Abkommen. Wieso weißt du davon?«

      »Kam hier in Deutschland über den Ticker. Wir haben überall unsere Augen und Ohren.«

      »Bleib am Ball. Ich melde mich, sobald wir informiert werden.« Nachdenklich legte der mittelgroße Mann das Telefon in die Halterung. Sein Haar war militärisch kurz geschnitten und betonte die abstehenden Ohren. In den graublauen Augen stand ein schmerzhafter Ausdruck. Mit Peter hatte er in diesem Jahr fünf der fähigsten Leute verloren. Peter Abels ermittelte verdeckt in verschiedenen Bereichen. Er erledigte die Aufträge zuverlässig entsprechend den Anweisungen. Während der letzten Aktion recherchierte er als verdeckter Ermittler und drohte aufzufliegen. Er gelangte fast in den Kern von groß angelegten Schiebergeschäften, in denen es um alles und nichts ging. Ob Schmuggel mit Waffen, Menschen oder anderen Produkten … es spielte keine Rolle. Hauptsache der Profit stimmte. Aus diesem Grund wurde er jedoch nicht eingesetzt. Das Geschäft lag in einem Bereich, der so unglaublich war, dass er nicht daran denken mochte. Sie kannten einen Großteil der beteiligten Personen und Firmen, doch an die Hintermänner kamen sie bisher nicht heran. Er nahm Peter aus der Schusslinie und erteile ihm den Auftrag, für einige Zeit abzutauchen. Und jetzt das. Nach Deutschland abgetaucht … das gab Probleme. Die Deutschen arbeiteten so gründlich. Sollten diese Moralapostel jemals die Nase an das tatsächliche Geschäft des Verbrechersyndikats bekommen, gab es diplomatische Schwierigkeiten ohne Ende.

      Er dachte, Peter sei in den USA. Platz gab es genug. Mel besaß die Angewohnheit, nicht wissen zu wollen, wo seine Agenten ihr Leben lebten, wenn sie aus irgendwelchen Gründen abtauchten. Dann lief er nicht in Gefahr, irgendwo ein falsches Wort zu sagen. Dennoch rekapitulierte er, was er von Peter wusste.

      Peter wuchs auf der Straße auf und sein Leben war ein einziger Kampf. Als kleiner Gangster frisierte er in der Vergangenheit Autos und entwickelte ungeahnte Fähigkeiten. Mit der Zeit wurde er zu einem Wartungsgenie, für Fluggeräte aller Art. Zunächst erhielt er private Aufträge, bis das Militär auf ihn aufmerksam wurde. Nichts lag näher, als, dass er in die Army eintrat. Sechs Jahre … ein Zeitraum über den Mel nichts wusste. Doch der CIA stufte Peter nicht als Sicherheitsrisiko ein.

      Peter wurde willkürlich in Mels Abteilung rekrutiert. So wie alle Agenten, die er benötigte. Er stellte einen Antrag, der in der Regel bewilligt wurde. Für die Erledigung ihrer, in der Regel gefährlichen Aufträge, wurden die Qualifikationen, die er benötigte, durch das Pentagon freigestellt. Ob er es wollte oder nicht, entwickelte Mel eine Ahnung von Verantwortung für sein Personal. Normalerweise kannte er die Menschen nicht, die hinter der Aufgabe standen, und begegnete ihnen nie persönlich. Das Wissen bezog er aus der Aktenlage.

      Jetzt war Abels tot.

      Mel Miller leitete eine kleine Organisation einer nationalen Behörde. Es gab viele solcher Einrichtungen in den USA und keine ahnte von der Existenz der anderen. Sein Reich agierte so geheim, dass es keinen Namen besaß. Allgemein wurde es als ›Das Büro‹ bezeichnet. Teils unterstand er dem FBI und teils dem Senat. Gerade wie es die Situation erforderte. Peter Abels ermittelte vordergründig in einem Fall von groß angelegtem Datendiebstahl, der auf allen Ebenen, bis in die Regierung und das Pentagon hinein stattfand. Nachdem die Nachrichtendienste und das FBI scheiterten, übertrug man Mel den Fall. Senator Ruiter selbst bestellte ihn zu einem vier Augen Gespräch und empfahl ihm die Aufgabe mit einem Begleitschreiben des Präsidenten. Die gestohlenen Informationen durften nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Und jetzt hatte er den Salat. Doch der tatsächliche Grund von Abels Ermittlungen durfte nie bekannt werden.

      Wohl oder übel musste er jemanden nach Deutschland schicken, der die Angelegenheit regelte. Egal welcher Dienst, wen für ihn abstellte … ›sein Personal‹ ins Ausland zu schicken, hasste er. Dort gab es keine Kontrolle und es konnte viel geschehen.

      Damit war die Emotion erledigt, die er für Abels Tod empfand. Er war Vergangenheit und die Zukunft hatte Priorität.

      *

      sechs

      Marias PC lief heiß, lieferte jedoch nichts Verwertbares. Egal wie und wo sie sich einloggte, die Tote und Peter Abels blieben Unbekannte. Lediglich das Einwohnermeldeamt in Geilenkirchen hielt die Adresse der männlichen Leiche in der Yorkstraße vor. Laut den Geburtsdaten lebte Abels einundvierzig Jahre.

      Die Personalverantwortlichen der Base verweigerten Maria einen Termin mit dem Hinweis, die Militärpolizei werde die Angelegenheit übernehmen. Welche Angelegenheit? … konnte oder wollte ihr niemand mitteilen. Von ihren Recherchen wusste sie, dass im Standort Geilenkirchen eine Einheit Militärpolizei agierte, die sich aus den dort stationierten Nationen rekrutierte. Soweit sie wusste, war der Tote, Zivilangestellter und kein Soldat. Da wollte sie jemand verscheißern. Anders war das Verhalten, nicht zu erklären. Ihr blieb nichts anderes, als der Weg zur Staatsanwaltschaft.

      Doch der Staatsanwalt bockte und stellte die entsprechenden Legitimationen, die sie autorisierten, in der Base zu ermitteln, nicht aus. Dengler war erst kurze Zeit im Amt und pochte auf die Vorschriften. Er sah keinen Sinn darin, der NATO, wie er sagte, auf die Füße zu treten. In den fast dreißig Dienstjahren hatte sie eine solche Blockadehaltung noch nicht erlebt.

      Gott sei Dank kam Armin heute. Er rief vorhin an. Ein seltsames Gespräch. Einerseits wollte er sie sehen und andererseits etwas mitteilen. Er drückte sich kryptisch aus, so, dass sie nicht wusste, woran sie war. Dennoch, die Aussicht, ihn zu sehen hielt ihre Frustrationsgrenze kurz unter der Explosionsmarke. Maria dachte noch einmal an das Telefonat mit Armin.

      »In welche Angelegenheit seid ihr hinein geschlittert?«, fragte er, als sie das Telefongespräch


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