Palmer :Exit 259. Stephan Lake
sah Yazzie von der Seite an. „Sie hat dir keinen Gefallen zu tun. Sie hat zu tun, was ich ihr sage. Verdammtes Weib.“
„Vergiss den blöden Saft, Mac, und vergiss deinen Nachbarn. Wenn er dich stört, hast du Möglichkeiten, da brauchst du nicht unsre Zeit verschwenden.“ Chad sah ihn an. „Wir haben Wichtigeres.“
Drei Meilen fuhren sie durch das Flussbett. Eine Unterhaltung war schwierig, also hielten sie den Mund. Mark klammerte sich an Armlehne und Türgriff und stieß trotzdem zwei Mal mit dem Kopf gegen die Decke. Seine Maße waren einfach nicht für diesen verdammten Weg gemacht. Chad hatte es besser.
Nach zwanzig Minuten erreichten sie den Cattleguard und dahinter den Parkplatz am Highway. Aber statt weiterzufahren stellte Chad den Motor aus und lehnte sich zurück.
„Was ist?“
„Wir haben ein Problem“, sagte Chad. „Ich zeigs dir.“
Sie stiegen aus und gingen um den Wagen herum. Chad öffnete die Hecktür. Mark sah in den Kofferraum.
„Uh“, machte er. „Was haben wir denn hier?“ Mit dem Knie stützte er sich auf der Ladefläche ab und beugte sich in den Kofferraum und strich mit der Hand über die Tasche. Leder, bunt bestickt, mit zwei massiven Schnallen aus poliertem Messing. „Schöne Tasche. Wirklich schön. Feine Arbeit, fühlt sich gut an. Weiches Leder, sehr robust. Hält ein Leben lang. Damit kannst du wirklich was anfangen.“ Er sagte, „Bison. Ich kenn mich aus, mein Onkel hat früher Taschen gemacht, so wie die hier. So ähnlich. Bison. Glaub mir, die halten ein ganzes Leben.“ Er sagte, „Was ist da drin?“
„Mach halt auf.“
Mit einer Hand packte Mark den Ledergurt um die Tasche geschnallt und zog, aber die Tasche war schwer; er nahm die andere Hand zu Hilfe und zog noch ein Mal, zwei Mal.
„Mann, was ist da drin?“
Er sah Chad an und schnaufte durch. Dann zog er an dem Gurtende und öffnete die Schnallen und schob die Tasche auseinander.
Und schnalzte mit der Zunge.
„Genau“, sagte Chad.
„Wie viel ist das?“
„Eine viertel Million. Zweihundertfünfzigtausend. Exakt. Ich hab nachgezählt.“
Mark zog einen Schein aus einem der Bündel und rieb ihn zwischen Daumen und Zeigefinger und hielt ihn gegen das Licht.
„Hm, ich würde mal sagen, der ist echt.“
„Das würde ich auch sagen.“
Mark hob noch einmal die Tasche an.
„Hätte nicht gedacht, dass Papier so schwer ist."
„Ist ja nicht wirklich Papier, ist ja mehr ... Stoff. So wie deine Jeans, so was in der Art."
„Trotzdem. Hätt ich nicht gedacht."
„Ja, ich auch nicht."
Mark nahm mehrere Bündel in die Hand und warf sie wieder in die Tasche. „Sind die alle echt?“
„Ich hab zwei Dutzend Hunderter überprüft. Alle waren echt.“
„Wem gehört das?“
Chad zuckte mit der Schulter.
„Wo hast du das her?“
Chad sagte, „Mein Sohn hat es jemandem weggenommen.“
„Oh.“ Mark strich noch einmal mit der Hand über das Leder, die Stickereien, so gut fühlte sich das an. „Eine viertel Million Dollar.“ Mark schüttelte den Kopf. „Dein kleiner Miguel. Nicht schlecht. Wie hat er das angestellt?“
„Miguel ist erwachsen und fast so groß wie du, also schenk dir das mit dem Klein, okay? Also, Miguel wusste nicht, wer dieser Cop war, und als-“
„Cop?“
„Ja, Cop. Und als der Cop-“
„Shit. SFPD?“
„Albuquerque.“
„Albuquerque?“
„Ja, Mann, Albuquerque. Der-“
„Jemand, den wir kennen?“
„Was? Nein – hey, soll ich jetzt weiter erzählen, oder was?“
„Albuquerque PD“, sagte Mark. „Was ist mit dem Cop?“
„Was denkst du?“, sagte Chad, gab Mark aber dann doch keine Zeit, nachzudenken und sagte, „Glaubst du, ein Cop lässt sich von einem Injun was gefallen? Der hat seine Reserve rausgeholt und auf Miguel angelegt. Was sollte der Junge denn machen?“
„Der Cop ist tot.“
„Könnte nicht toter sein, sagt Miguel.“
„Ein Cop mit einer Tasche voll Geld. Was ...“ Mark wusste nichts mehr zu sagen und zuckte mit den Schultern.
Chad sagte, „Genau. Ein Cop aus Albuquerque mit einer viertel Million im Kofferraum, der nachts durchs Rez fährt? What the fuck?“
„Durchs Reservat? Der ist durchs Reservat gefahren?“
„Hab mich mal umgehört. Highway Patrol hatte einen Unfall gestern Abend. Zwei Trucks, ein RV. Rentnerehepaar von der Ostküste. Interstate Fünfundzwanzig war mehrere Stunden gesperrt.“
„Welche Richtung?“
„Santa Fe.“
Mark nickte. „Der wollte also nach Norden. Und anstatt zurück nach Albuquerque und bei Cedar Crest auf die Vierzehn hat er Exit 259 genommen und ist in die Berge.“
„Wollte die Abkürzung über die Drei nehmen und läuft dabei meinem Sohn über den Weg.“
„Wo genau?“
„War acht Meilen drin, Höhe Gypsy Queen Canyon. Wollte über die Furt beim Beaver Creek, hat sich aber wohl nicht getraut. Ist ausgestiegen, und die Jungs waren da.“
„Die Jungs? Wer? Miguel und ...?“
„Gus und Nez.“
„Miguel, Gus und Nez. Was haben die da gemacht?“
„Gejagt, was sonst. Waren seit zwei Tagen unterwegs und auf dem Rückweg, als der Cop kam.“
„Es ist Schonzeit, Yazzie, Mann.“
Chad sagte, „Meinst du jetzt das Wild oder den Cop oder was?“
Mark überlegte. „Das Wild natürlich.“ Er sagte, „Wann war das?“
„Mitternacht.“
„Mitternacht, das ist ...“ Er zählte mit den Fingern. „Vor zehn Stunden. Und der Cop? Bist du sicher, dass der allein war?“
Chad nickte.
„In einem Police Cruiser?“
Chad schüttelte den Kopf. „Roter Camaro, zugelassen auf einen Everett Mitchell. Papiere im Handschuhfach. Muss sein Privatwagen sein. Dreihundert Pferde, nicht zu überhören.“
„Der ist mit einem Camaro in unsere Berge gefahren?“ Mark schüttelte den Kopf. „Citycops, huh? Wo ist der Camaro jetzt?“
„Meiner Scheune“, sagte Chad. „Wir müssen schnellstens jemanden finden, der den zerlegt."
„In Tausend Teile."
„Aponivi vielleicht."
„Der Hopi?"
„Ja. Oder machens selbst, vielleicht besser."
„Egal, auf jeden Fall in Tausend Teile.“ Mark sagte, „Wir können das nicht mehr offiziell machen. Zu spät jetzt.“
„Wir konnten das nie offiziell machen, Mac. Ein toter weißer Cop im Reservat?“
Mark