HARDCORE-WESTERN, BAND 2 - FÜNF ROMANE IN EINEM BAND. Ronald M Hahn

HARDCORE-WESTERN, BAND 2 - FÜNF ROMANE IN EINEM BAND - Ronald M Hahn


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nötig, nebenher Gräfinnen zu entführen. Es sei denn, der Chef des Unternehmens, für das er tätig war, war mehr als sein Chef. Vielleicht war er sein Komplize. Und dann hatte die arme Fifi wirklich die Arschkarte gezogen.

      »Wie heißt denn der Glückliche?«, fragte Roger.

      »Victor«, sagte Fifi strahlend. »Victor Kensington.« Sie kicherte hinter vorgehaltener Hand. »Eigentlich heißt er sogar Lord Victor Kensington, aber seit er in Amerika lebt, verwendet er den Titel nicht mehr.« Es schien sie irgendwie zu enttäuschen. »Ich wäre nämlich gern eine Lady Kensington gewesen...«

      »Man kann nicht alles haben.« Roger tätschelte ihre Hand. Herrgott, je länger er Fifi anschaute, desto heftiger war er versucht, sich in den Hintern zu treten. Was für eine wunderbare Frau sie doch war. Na schön, sie neigte vielleicht dazu, sich an die falschen Kerle zu binden, aber ihr treuer Blick verzauberte ihn.

      »Wo steckt er?«, fragte Roger. »Irgendwo hier im Hotel?«

      »Er kommt erst heute Abend«, erwiderte Fifi. »Er macht eine Geschäftsreise.«

      Wahrscheinlich deswegen, damit er ein Alibi für den Tag und die Nacht der Entführung hat, dachte Roger. Er nahm sich vor, seiner Lordschaft mal heftig auf den Zahn zu fühlen.

      »Vielleicht lerne ich ihn mal kennen?«

      »Aber gern.« Fifi spitzte die Lippen. »Setz dich doch heute Abend zu uns. Das Hotel gehört ihm auch. Wir werden uns hier treffen. Ich sag einfach, du wärst mein Vetter oder so was.«

      »Ausgezeichnet.« Roger leerte sein Glas, stand auf und tätschelte ihre Schulter. »Freut mich wirklich, dich getroffen zu haben, Fifi. Freut mich wirklich.«

      »Ich freu mich auch«, sagte Fifi. Und er sah ihr an den Augen an, dass sie es ehrlich meinte.

      14.

      Als Roger mit den schweren Satteltaschen ins Zimmer kam, lag Gräfin Landsfeld im Bett und schlief. Sie hatte das kurze Reitkleid und was sie sonst noch so trug, fein säuberlich auf einem Stuhl zusammengelegt, und ihre Stiefel standen ordentlich ausgerichtet am Fußende.

      Roger schloss die Tür, legte seine Last ab und schaute sie eine Weile an. Ihre regelmäßigen Atemzüge sagten ihm, dass sie wirklich in Morpheus’ Armen ruhte und nicht nur so tat. Er zog seine Jacke aus, und als er sie über den zweiten Stuhl hängte, vernahm er ein erotisches Knistern. Er griff in die Innentasche und nahm die grünen Scheine heraus, die Roxanne – beziehungsweise Lola, wie er sie jetzt wohl nennen musste – ihm gegeben hatte. Als er das Geld zählte, kam er sich ein wenig schofel vor.

      Wieso hatte ihn erst der Mammon dazu gebracht, einer Frau in Not zu helfen? Lag es daran, dass sie reich und er seit der fatalen Pokerrunde mit Ken arm wie eine Kirchenmaus war? Lag es an seinem Charakter?

      Neben der Waschschüssel am Fenster hing ein kleiner Spiegel. Roger musterte sich verstohlen und fragte sich, ob man ihm seinen miesen Charakter vielleicht ansah. Er hatte sich in seinem bisherigen Leben eigentlich wenig um Menschen und ihre Gefühle geschert. Andererseits hatte er jedoch so viel Moral, dass er sich nie an den Sparstrümpfen armer Witwen zu schaffen gemacht hatte.

      Er hatte, wie Robin Hood, eigentlich immer nur die Reichen ausgenommen. Robin Hood hatte seine Beute allerdings immer mit den Armen geteilt, und das konnte er von sich nun nicht behaupten. Es sei denn, man zählte die Saloonbesitzer und Puffmuttern zu den Armen, in deren Etablissements er seine Gewinne verjubelt hatte.

      »Du musst ein bisschen mehr auf die Nöte der Menschen eingehen, Roger«, murmelte er vor sich hin. »Es geht nicht an, dass du zuerst nach der Kohle fragst, bevor du einem Ertrinkenden die rettende Hand reichst.«

      Er schlüpfte aus seinen Kleidern und schlug seine Hälfte des Bettes auf. Welch komisches Gefühl, zu einer Frau ins Bett zu steigen, ohne eindeutige Absichten zu haben. Wenn er es sich recht überlegte, hatte er so was in seinem ganzen Leben noch nicht getan.

      Roger schaute an die Decke, lauschte dem leisen Atmen der neben ihm liegenden Gräfin und stellte sich vor, ein Graf im fernen Lande Bavaria zu sein. Er hatte vor einigen Jahren abends am Lagerfeuer in einer alten Zeitung etwas über die Germans gelesen, deswegen wusste er, dass sie sich von Sauerkraut ernährten. Außerdem trugen sie Hüte aus Blech mit Hörnern und hatten lange Bärte. Die meisten waren blond und hatten blaue Augen. Auch konnten sie einen ordentlichen Stiefel vertragen... Fast so viel wie die Iren, von denen er abstammte...

      15.

      Als er Stunden später erwachte, stand die Gräfin in einem kurzen schwarzen Seidenhemdchen, das kaum über ihren Popo reichte, vor dem Spiegel und malte sich die Lippen an.

      Rogers Blick fiel automatisch auf ihre entzückenden Kniekehlen, und irgendwas unter der Bettdecke baute ein Zelt. Erst nach einer Minute fiel ihm ein, dass ein Gentleman sich zu erkennen gab, wenn er eine ahnungslose Lady in einer für ihn vorteilhaften Situation erblickte, und so räusperte er sich.

      »Geben Sie sich keine Mühe«, sagte die Gräfin, ohne sich umzudrehen. »Ich weiß schon lange, dass Sie wach sind. Ich sehe Sie im Spiegel, Homer.«

      Roger errötete. Vermutlich hielt sie ihn jetzt für den Lustmolch, der er auch war. Wie peinlich.

      »Ich habe Hunger«, sagte die Gräfin, die nun fertig war und drehte sich zu ihm um. »Wollen Sie nicht mal langsam aufstehen?«

      »In Ihrer Gegenwart?«, fragte Roger pikiert.

      Die Gräfin grinste völlig unadelig. »Haben Sie etwa Angst, ich könnte Ihren Popo betrachten – so, wie sie den meinen betrachtet haben?«

      Herrjeh!, dachte Roger. Jetzt hat sie mich.

      »Es geht weniger um mein Hinterteil als um das, was ich am Leibe trage«, verteidigte er sich tapfer. »Sie tragen schöne, zarte Sachen. Haben Sie schon mal gesehen, was der Durchschnittsamerikaner unter seinem Äußeren trägt? Ich will mich doch nicht lächerlich machen.«

      Die Gräfin schlüpfte lachend in ihr Kleid. »Kommen Sie, kommen Sie«, sagte sie. »Ich kenne diese grauenhaften Strampelanzüge, die ihr Amerikaner Unterwäsche nennt. Bei uns in Europa tragen so was nur Säuglinge.«

      Roger richtete sich langsam auf, schlang die Bettdecke um seinen Körper und schob die Beine über die Bettkante.

      »Na, schön, Sie Held.« Die Gräfin drehte sich um. »Vielleicht wagen Sie es jetzt.«

      Roger war wie der Blitz in der Hose und schnallte eilig den Gürtel zu. Dann trat er an die Schüssel. Die Gräfin hatte frisches Wasser für ihn eingeschüttet, und nachdem er sich den Schlaf aus den Augen gewaschen hatte, kam er sich wie ein neuer Mensch vor.

      Einige Minuten später verließen sie das Zimmer, gingen ins Restaurant hinunter und nahmen eine Mahlzeit ein. Der Nachmittag verging wie im Flug, da sie einen Fensterplatz hatten und die Gelegenheit nutzten, um sich das Treiben auf der Straße anzuschauen. Roger schätzte die Einwohnerzahl von Hard Times auf etwa tausend, aber in der Umgebung schien es einige Ranches zu geben, wie einige Fuhrwerke bezeugten, die vor den Geschäften standen und von Männern beladen wurden, die wie Cowboys wirkten. Es herrschte ein ständiges Kommen und Gehen, und wie sie von einem Kellner erfuhren, war der Ort in der Tat so etwas wie eine Durchgangsstation in den Westen.

      Nach dem Essen gingen sie hinaus, genossen die letzten Sonnenstrahlen und machten einen Spaziergang. Dabei fiel Roger auf, dass es in Hard Times eine ganze Reihe von Firmen gab, die Victor Kensington gehörten. Sie kamen am Office des Marshals vorbei, das jedoch abgeschlossen war. Ein krakelig geschriebenes Schild an der Tür setzte die »sehr geehrten Bürger von Hard Times« in Kenntnis, dass er für einige Tage nach Fremont geritten war, um an der Hochzeit seines Bruders teilzunehmen. Damit stand fest, dass der Marshal noch nichts von der Entführung Roxannes und der in seine Stadt führenden Spur wissen konnte.

      Im Telegrafenamt war für Gräfin Landsfeld inzwischen eine Botschaft der Pinkerton-Zentrale angekommen. Die Union Pacific hatte das Unternehmen von Kearney aus ebenfalls über den Tod der drei Detektive informiert. Man bedankte sich für den Hinweis auf die nach Hard Times führende Spur,


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