Neue Theorien des Rechts. Группа авторов
das Verhältnis von Recht und dem, was er Nicht-Recht nennt.
MenkeMenke, Christoph untersucht dieses Verhältnis anhand der subjektiven Rechtesubjektive Rechte[280]. In seiner Kritik der Rechte versucht Menke zu zeigen, dass »die bürgerliche Form der subjektiven Rechtesubjektive Rechte […] auf einem Fehler [beruht]« und eben dieser Fehler dazu führe, dass der Mensch auf ein bestimmtes Menschenbild festgelegt wird. Dazu präzisiert er zunächst die Herangehensweise seiner kritischen Analyse der Rechte:
[Die Kritik am juridischen LiberalismusLiberalismus] besteht in nichts anderem als darin, die Frage zu stellen (die der Liberalismus nicht stellt), warum der Status der Gleichheit sich als subjektive Rechtesubjektive Rechte der Person darstellt. Warum nimmt jener Inhalt diese Form an? Warum überhaupt (subjektive) Rechte, wenn es um Gleichheit geht[281]?
Wie auch bei Benjamins Kritik der Gewalt gilt Menkes Kritik der Rechte nicht lediglich der liberalen Rechtsordnung, sondern auch der liberalen Rechtstheorie. In Menkes Worten: dem LiberalismusLiberalismus. Denn dieser reproduziere lediglich die Logik und Begründung der Rechte, nehme sie für bare Münze und könne daher nichts zu deren Verständnis beitragen. MenkeMenke, Christoph rekonstruiert zunächst diese liberale Begründung der Rechte ausführlich in zwei Schritten. Das Neue am |72|modernen Recht sei, dass es seine eigene Normativität hervorbringen müsse;[282] d.h., die Kriterien für eine gerechte Ordnung ließen sich im modernen Recht nicht länger mit Verweis auf eine anders abgeleitete gute Ordnung bestimmen. Ausgehend von einer Ideengeschichte der Rechte im Privatrecht kommt er zu dem Schluss, dass das Recht seine eigene Normativität durch die »Legalisierung des NatürlichenLegalisierung des Natürlichen« herstellt. Was ist damit gemeint?
Liberale Theorien des Rechts gehen, so MenkeMenke, Christoph, von einem natürlichen, vorrechtlichen Trieb des Menschen zur Selbsterhaltung aus. Die Selbsterhaltung zu garantieren und zu ermöglichen werde im modernen Recht zum Zweck. Indem das Recht den inneren Selbsterhaltungstrieb zum Grund seiner Existenz mache, werde dieser Trieb für das Recht unantastbar. Reglementierend eingreifen dürfe das Recht dem LiberalismusLiberalismus zufolge lediglich bezüglich der Umsetzung dieses Triebes, so dass alle Menschen gleichermaßen der Selbsterhaltung nachkommen können[283].
Subjektive Rechtesubjektive Rechte erfüllen laut MenkeMenke, Christoph eine Funktion der Selbstbeschränkung des Rechts gegenüber dem Vor- oder Außerrechtlichen, also der Materie[284]. Weil es seinen normativen Geltungsanspruch in Bezug auf dieses Vorrechtliche oder »Natürliche« begründet, spricht MenkeMenke, Christoph von der »Legalisierung des NatürlichenLegalisierung des Natürlichen«. Anders als von liberalen Rechtstheorien angenommen, bringen also nicht Subjekte eine Rechtsordnung, sondern Rechte das moderne Subjekt hervor[285]. Weil das liberale Recht zu seiner normativen Begründungen etwas voraussetzt (nämlich natürlich-faktische Strebungen nach Selbsterhaltung), was es allerdings selbst erst als natürlich hervorbringt, ist für MenkeMenke, Christoph das Recht ontologisch falsch. Dies ist der Kern der Menk’schen RechtskritikRechtskritik: »Die positivistische Falschheit der Form der subjektiven Rechtesubjektive Rechte besteht in ihrer Paradoxieverleugnung«[286].
Zwar entwickelt MenkeMenke, Christoph seine Kritik der Rechte aus einer Analyse des modernen, bürgerlichen Rechts, doch anders als zum Beispiel marxistische Kritiken des bürgerlichen Rechts betrifft seine rechtsphilosophische Betrachtung nicht die Rolle der bürgerlichen Rechte bei der Aufrechterhaltung kapitalistischer Akkumulations- und Ausbeutungsverhältnisse (obwohl er diese ausführlich betrachtet)[287]. Vielmehr spitzt er die Kritik der Rechte auf ihre Funktion in der Begrenzung und Ermöglichung politischen Wandels zu. Das Problematische an der falschen Ontologie der Rechte: Indem subjektive Rechtesubjektive Rechte menschliche Bestrebungen nach Selbsterhalt als natürlich voraussetzen, verfestigen sie ein bestimmtes, |73|gesellschaftlich und historisch gewachsenes, Menschenbild (das des Bourgeois) und entziehen es der Veränderung[288].
Mit dem Fokus auf die Ambivalenz der Figur der Rechte (rechtliche Selbstbeschränkung durch Legalisierung des NatürlichenLegalisierung des Natürlichen) begibt MenkeMenke, Christoph sich in die Gesellschaft anderer Theoretiker*innen, die sich die Frage stellen, inwiefern subjektive Rechtesubjektive Rechte oder Menschenrechte Instrument zur Durchsetzung emanzipatorischer Projekte sein können[289]. Kern all dieser Betrachtungen der Figur der Rechte ist die Einsicht, dass Rechte zwar ein normatives Versprechen auf Gleichheit enthalten sowie in gesellschaftlichen Kämpfen Freiräume für diskriminierte gesellschaftliche Gruppen eröffnen. Sich auf die Sprache der Rechte einzulassen bedeutet aber auch immer bestimmte, historisch gewachsene, gesellschaftliche Verhältnisse zu reproduzieren[290]. Für MenkeMenke, Christoph ergibt sich daraus die Frage, wie eine Rechtsordnung beschaffen sein müsste, die die Hervorbringung des Natürlichen im Recht zutreffend reflektiert, d.h. als ihr eigenes Produkt erkennt und damit verhandelbar macht.
III. Juridismuskritik bei Daniel LoickLoick, Daniel
Eine weitere ausführliche Auseinandersetzung mit existierenden Kritiken des Rechts hat der Philosoph Daniel LoickLoick, Daniel unter dem Titel JuridismusJuridismus. Konturen einer kritischen Theorie des Rechts vorgelegt. Auf den ersten Blick teilen MenkeMenke, Christoph und Loick viele theoretische Bezugspunkte und ihre Interventionen verfolgen eine ähnliche Stoßrichtung, jedoch setzen ihre Argumentation an unterschiedlichen Ebenen an. Das heißt, sie begründen die Richtigkeit oder den Wahrheitsanspruch ihrer Argumente unterschiedlich. Wie oben beschrieben argumentiert MenkeMenke, Christoph, subjektive Rechtesubjektive Rechte seien ontologisch falsch. Wie auch schon bei BenjaminBenjamin, Walter bedeutet für MenkeMenke, Christoph Kritik also nicht die Bewertung des Rechts anhand eines äußeren Maßstabes. Sie will vielmehr einen bestimmten, vom Recht selbst verleugneten Sachverhalt aufzeigen.
LoickLoick, Daniel wählt eine andere Strategie für seine RechtskritikRechtskritik. Er versteht seinen Ansatz als sozialphilosophische Kritik, das heißt das Soziale ist nicht nur Gegenstand der Betrachtung, sondern auch normativer Maßstab[291]. Für LoickLoick, Daniel unterscheidet sich sozialphilosophische Kritik von anderen Kritikstrategien darin, dass sie weder ausschließlich rechtlich noch moralisch vorgeht, sondern vielmehr |74|das Recht im Hinblick auf das soziale Gefüge betrachtet[292]. Er untersucht, inwiefern Recht ein strukturelles Hindernis auf dem Weg zu einer »gelungenen Sozialität« ist[293]. LoickLoick, Daniel beansprucht dabei, den Maßstab für die gelungene Sozialität nicht selbst zu setzen und damit von außen an das Recht heranzutragen, sondern aus den eigenen normativen Prinzipien des Rechts heraus zu entwickeln. Seine These: Das europäische Recht verstellt die Möglichkeit einer sinnvollen Ausübung der rechtlich garantierten Freiheiten[294].
Die rechtliche Kolonialisierung menschlicher Interaktionen führe, erstens, zu »ideologischer Verklärung der wahren Bedingungen des Gelingens menschlichen Zusammenlebens«[295]. Denn – so auch schon Hegel und Marx – der dem bürgerlichen Recht zu Grunde liegende negative Freiheitsbegriff verleugne die Tatsache, dass der Mensch ein soziales Wesen sei, und nur als solches existieren könne[296].
Der zweite Kritikpunkt den LoickLoick, Daniel herausarbeitet betrifft den psychologischen Effekt rechtlicher Subjektivierungsprozesse. Die Tatsache, dass wir uns überhaupt als Individuum mit eigenen Bedürfnissen, Interessen und Ansprüchen wahrnehmen – also als Rechtssubjekt – ermächtige zwar den einzelnen Menschen dazu selbstbestimmt zu handeln; gleichzeitig seien Individuen aber nie ganz von gesellschaftlichen Erwartungshaltungen und Normen befreit, innerhalb derer Entscheidungen getroffen werden. Um mit diesem Zwiespalt umzugehen, entwickelten Menschen eine Reihe psychologischer Strategien[297].
Das soziale Gefüge, so der dritte von LoickLoick, Daniel herausgearbeitet Aspekt, verliere durch die Institution des bürgerlichen Rechts auch an kommunikativer Qualität[298]. Indem Menschen auf ihre Rechtssubjektivität reduziert würden, verkäme jede Kommunikation zum Aushandeln individueller Ansprüche. Anstelle von Empathie würden die eigenen Bedürfnisse universalisiert.
Schließlich macht LoickLoick, Daniel das Feld der Politik als einen Bereich aus, der durch die Rechtsform negativ beeinflusst wird. Der Atomismus der Bürger, so wie er dem liberalen Menschenbild zugrunde liegt, mache Zwang als zusammenhaltendes Element in einem Staat notwendig. Dies berge grundsätzlich die Gefahr eines Despotismus.
Trotz