Gesellschaftsrecht II. Recht der Kapitalgesellschaften. Ulrich Wackerbarth
Wirksamkeit von Geschäften, die ein Eigeninteresse der Mitglieder der Geschäftsleitung vermuten lassen, erhöhte Anforderungen gestellt bzw. sie sind zum Teil per se unwirksam. Näheres im folgenden Abschnitt.
a) Wettbewerbsverbot
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Wettbewerb mit der Gesellschaft ist prinzipiell mit der organschaftlichen Pflicht zur Wahrnehmung fremder Interessen, nämlich der der Gesellschaft, unvereinbar. Deshalb besteht grundsätzlich ein Wettbewerbsverbot für Geschäftsleiter einer Kapitalgesellschaft. So bestimmt § 88 Abs. 1 S. 1 AktG, dass der Vorstand der AG weder selbst ein Handelsgewerbe betreiben noch in der Branche der Gesellschaft Geschäfte machen darf. Die noch weitergehende Regelung des § 88 Abs. 1 S. 2 AktG verlangt, dass der Vorstand im Prinzip seine gesamte Arbeitskraft der Gesellschaft zur Verfügung stellt und daneben – jedenfalls ohne ausdrückliche Zustimmung des Aufsichtsrates – nicht noch weitere Tätigkeiten ausüben soll. Der Gesetzgeber geht insoweit davon aus, dass die in § 88 Abs. 1 S. 2 AktG genannten Tätigkeiten vom Umfang her besonders zeitintensiv sind oder wegen ihrer Haftungsträchtigkeit die Aufmerksamkeit des Vorstands von der AG ablenken können.
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Auf die Geschäftsführer einer GmbH wendet die h.M. § 88 AktG analog an.[1] Jedoch kann bei ihnen der Gesellschaftsvertrag bzw. ihr Anstellungsvertrag gegebenenfalls abweichende Regelungen und Beschränkungen vorsehen.
b) Geschäftschancenlehre
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Eng mit dem Wettbewerbsverbot zusammen hängt die sogenannte Geschäftschancenlehre. Hier nutzt der Geschäftsleiter eine unternehmerische Gelegenheit für sich selbst aus, anstatt sie der Gesellschaft zu überlassen. Problematisch ist hier vor allem die Frage, welche unternehmerischen Gelegenheiten denn der Gesellschaft so eng zuzuordnen sind, dass sie ihr sozusagen „gehören“. Der Tatbestand der Geschäftschancenlehre ist also zweifelhaft, zumal eine gesetzliche Regelung letztlich nur im Rahmen des eben dargestellten Wettbewerbsverbots besteht. Der Sache nach geht es um eine – vorsichtige – Erweiterung des § 88 AktG. Mittlerweile haben sich einige formelle und materielle Kriterien ausgebildet, unter denen eine Geschäftsgelegenheit der Gesellschaft zuzuordnen ist, und eine Wahrnehmung durch ihren Geschäftsleiter für sich selbst dementsprechend als verboten anzusehen ist (Die Rechtsfolge eines Verstoßes kann man § 88 Abs. 2 AktG analog entnehmen, der BGH wendet dagegen im Bereich des GmbH-Rechts die Regelung des § 43 Abs. 2 GmbHG an.):
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Im Druckmittelzylinder-Fall[2] stellte eine GmbH Druckmittelzylinder her. Der Geschäftsführer hatte von einem neuartigen kostengünstigeren Dichtungssystem erfahren, das ein Dritter entwickelt hatte. Anstatt es seiner GmbH zu überlassen, kündigte er seinen Anstellungsvertrag und gründete mit dem Dritten ein Konkurrenzunternehmen, das nunmehr ebensolche Zylinder unter Verwendung des neuen Dichtungssystems herstellte und vertrieb. Der Gesellschaft sprach der BGH wegen einer Verletzung der Treuepflichten des Geschäftsführers aus § 43 Abs. 2 GmbHG im Grundsatz Schadensersatz zu. Unerheblich sei, dass der Geschäftsführer zunächst seine Anstellung gekündigt habe; unerheblich sei ferner, ob er privat oder beruflich von der Geschäftschance erfahren habe. Zu klären sei aber noch, ob der Dritte seine Entwicklung auch der Gesellschaft zur Verfügung gestellt hätte, wenn der Geschäftsführer sich für sie darum bemüht hätte (sonst mangelt es an der Kausalität).
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In einer Entscheidung aus dem Jahr 1997[3] hatte ein Fremdgeschäftsführer einer gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft mbH ohne Einwilligung des Aufsichtsrats zwei Grundstücke erworben, nach Ansicht des Berufungsgerichts nicht ausschließlich zu privaten Zwecken. Der BGH befand, dass dieser Erwerb per se jedenfalls nicht von dem (im konkreten Fall sogar vertraglich anwendbaren) Wettbewerbsverbot des § 88 Abs. 1 AktG untersagt war, weil nicht ausreichend geklärt worden war, ob der Geschäftsführer die Grundstücke in der Absicht erworben hatte, durch alsbaldigen Weiterverkauf damit einen Gewinn zu erzielen. Nicht erlaubt dagegen wäre es dem Geschäftsführer gewesen (was die vorherige Instanz allerdings nicht verfahrensfehlerfrei hatte feststellen können), wenn er unter Ausnutzung seiner Organstellung die fraglichen Grundstücke zunächst „praktisch entmietet“ und dann erworben hätte. Denn damit hätte der Geschäftsführer unzweifelhaft seine Organstellung zu eigenen Zwecken ausgenutzt, was ihm seine organschaftliche Treuepflicht verbietet.
c) Geheimhaltungspflichten
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Die Geschäftsleiter unterliegen strengen Geheimhaltungspflichten, wie § 93 Abs. 1 S. 3 AktG für die AG beschreibt und von denen § 85 GmbHG implizit ausgeht. Die Pflicht zur Geheimhaltung besteht im Aktienrecht gegenüber Dritten und Aktionären, soweit die Geheimhaltungspflicht mit dem Informationsverweigerungsrecht des § 131 Abs. 3 AktG korrespondiert. Sie besteht keinesfalls gegenüber dem Aufsichtsrat,[4] weil dieser sonst seinen Überwachungsaufgaben nicht nachkommen könnte. In der GmbH bestehen die Verschwiegenheitspflichten nur gegenüber Dritten. Die Informationsrechte von Gesellschaftern können nur dann und insoweit eingeschränkt sein, als es der Gesellschaftsvertrag vorsieht oder es nicht um eine personalistisch strukturierte GmbH mit wenigen Gesellschaftern geht, sondern um eine Publikumsgesellschaft ähnlich der AG.
Teil 2 Die Organisation der Kapitalgesellschaft › § 4 Pflichten, Haftung und Überwachung der Geschäftsführung › II. Sorgfaltspflichten der Geschäftsleitung
a) Einzelpflichten im Gesetz
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Der Vorstand einer AG und der oder die Geschäftsführer einer GmbH[5] führen die Geschäfte der Kapitalgesellschaft. Sie sind sozusagen „Gutsverwalter“ für die Gesellschafter und treffen dabei die täglichen Entscheidungen, die beim Betrieb des Unternehmens anfallen. Bei ihren Entscheidungen unterliegen sie einer ausgeprägten Sorgfaltspflicht. Die allgemeine Sorgfaltspflicht schlägt sich zum einen in gesetzlichen Vorschriften nieder, die konkrete Handlungspflichten anordnen.
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Konkret ist die Geschäftsleitung
– | gemäß § 41 GmbHG, § 91 Abs. 1 AktG zur ordnungsgemäßen Buchführung verpflichtet; |
– | gemäß § 264 Abs. 1 HGB zur Aufstellung des Jahresabschlusses und des Lageberichts verpflichtet; |
– | gemäß § 49 Abs. 3 GmbHG, § 92 Abs. 1 AktG, dazu verpflichtet, den Verlust in Höhe des halben Stamm-/Grundkapitals den Gesellschaftern anzuzeigen; |
– | gemäß § 15a InsO verpflichtet, rechtzeitig bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung Insolvenzantrag zu stellen; |
– | gemäß § 43 Abs. 3 GmbHG, § 93 Abs. 3 AktG zur Überwachung der Regeln über die Kapitalerhaltung verpflichtet (dazu noch unten 2.). |
b) Allgemeine Sorgfaltspflicht
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