Gesellschaftsrecht II. Recht der Kapitalgesellschaften. Ulrich Wackerbarth
Umständen mit einem gesellschaftsfremden Dritten nicht abgeschlossen hätte und aus dem b) ein wirtschaftlicher Vorteil an einen Gesellschafter oder einen ihm nahestehenden Dritten resultiert. Letztlich geht es um solche „Zahlungen“ an die Gesellschafter, die durch einen Austauschvertrag (z.B. Kaufvertrag, Werkvertrag) verschleiert werden.
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Wichtigstes Element der verdeckten Gewinnausschüttung ist der „wirtschaftliche Vorteil“. Nach h.M. ist nach rein objektiven Kriterien zu bestimmen, ob in einem Austauschgeschäft mit dem Gesellschafter eine Zuwendung an ihn zu sehen ist. Dabei kommt es maßgeblich auf einen sogenannten Fremdvergleich an. In erster Linie ist auf einen vorhandenen Marktpreis als Vergleichsmaßstab abzustellen. Fehlt ein solcher, muss mit Hilfsmethoden gearbeitet werden. Die Methoden zur Ermittlung des Vergleichspreises sind aber begrenzt, zumal auch Marktpreise nur gewisse Bandbreiten liefern.
Beispiel für eine verdeckte Gewinnausschüttung: Die Gesellschaft verkauft ihrem Gesellschafter X ein Grundstück (Wert: 500.000 €) zu einem Preis von 400.000 €. Die verdeckte Zuwendung durch dieses Geschäft beträgt 100.000 €. War die Gesellschaft im Zeitpunkt der Zuwendung in der Phase der Unterbilanz, so verstieß das Geschäft gegen den Grundsatz der Kapitalerhaltung und die Gesellschaft kann von dem Gesellschafter die Zahlung von 100.000 € verlangen.
c) In der Aktiengesellschaft: Bindung des gesamten Vermögens gegenüber verdeckten Gewinnausschüttungen
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Während in der GmbH lediglich das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen gegen verdeckte Gewinnausschüttungen geschützt ist, geht der Schutz in der AG – zumindest theoretisch – noch weiter. In § 57 Abs. 1 S. 1 AktG ist nicht von dem zur Erhaltung des Grundkapitals erforderlichen Vermögen die Rede, sondern allgemein davon, dass den Aktionären „die Einlagen nicht zurückgewährt“ werden dürfen. Durch das MoMiG wurde § 57 Abs. 1 AktG ferner durch die neueingefügten Sätze 3 und 4 erweitert, die einen Gleichlauf zu den Neuerungen des § 30 Abs. 1 S. 2, 3 GmbHG bewirken sollen und einen entsprechenden Inhalt haben.[11] Ferner sagt § 57 Abs. 3 AktG ausdrücklich, dass an die Aktionäre vor der Liquidation nur der Bilanzgewinn verteilt werden darf und gem. § 57 Abs. 2 AktG ist die Zusage fester Zinsen und ihre Zahlung an die Aktionäre verboten. Deshalb ist das gesamte Vermögen der AG vor einer verdeckten Vermögensverlagerung geschützt, eine verdeckte Gewinnausschüttung ist in der AG mithin generell unzulässig.
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Der Unterschied im Schutzniveau zum GmbH-Recht ist freilich nicht so groß, wie man auf den ersten Blick meinen könnte. Denn am Ende des Geschäftsjahres darf aufgrund des festgestellten Jahresabschlusses und nach einem Beschluss über die Gewinnverwendung (§ 58 AktG) eine Auszahlung erfolgen. Und für diese (offene) Auszahlung bildet das zur Erhaltung des Grundkapitals erforderliche Vermögen (ähnlich wie im GmbH-Recht das Stammkapital) die maßgebliche Grenze zum Schutz der Gläubiger. Das drückt das Gesetz freilich äußerst verschleiert aus, indem es in § 57 Abs. 3 AktG vom „Bilanzgewinn“ und in § 57 Abs. 1 AktG von „Einlagenrückgewähr“ spricht.
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Bei dem Bilanzgewinn handelt es sich prinzipiell (siehe aber § 150 AktG) um den Betrag, um den das Vermögen der AG am Jahresende die Verbindlichkeiten und das Grundkapital überschreitet (Bilanzbeispiel Rn. 162). Er ergibt sich aus dem Jahresabschluss. Gemäß §§ 170 f. AktG wird der Jahresabschluss vom Vorstand aufgestellt, vom Aufsichtsrat geprüft und gem. § 172 AktG von Vorstand und Aufsichtsrat festgestellt (§ 173 AktG kommt praktisch nicht zur Anwendung). Die Aktionäre beschließen dann gem. § 174 AktG in der jährlichen Hauptversammlung über die Verwendung des Bilanzgewinns nach näherer Maßgabe des § 58 AktG. § 57 Abs. 3 AktG verbietet zwar jede Verteilung des Vermögens, die nicht Bilanzgewinn ist, jedoch gestattet er umgekehrt nicht jede Verteilung des Bilanzgewinns durch den Beschluss. Entscheidend ist allein, ob in das zur Kapitalerhaltung erforderliche Vermögen eingegriffen wird und für diese Frage ist allein § 57 Abs. 1 AktG einschlägig.
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Man kann sich dies am besten anhand des folgenden Beispiels klar machen:
Beispiel:
Zum Bilanzstichtag (z.B. der 31.12.) wird ein Jahresabschluss festgestellt, aus dem sich ein Bilanzgewinn von 1 Mio. € ergibt. Dieser soll vollständig zur Auszahlung an die Aktionäre gebracht werden. Zwischenzeitlich, bis zum Zeitpunkt des Gewinnverwendungsbeschlusses auf der Hauptversammlung (z.B. 31.4. des Folgejahres) entstehen aber nunmehr ungewöhnliche Verluste, so dass die Auszahlung des Bilanzgewinnes zu einer Unterbilanz der Gesellschaft führen würde.
Bis zum Zeitpunkt des Gewinnverwendungsbeschlusses gehört der Bilanzgewinn noch zum Vermögen der AG. Erst durch den Gewinnverwendungsbeschluss entsteht eine echte Verbindlichkeit für die Gesellschaft,[12] so dass sich (erst) in diesem Zeitpunkt die Verbindlichkeiten der Gesellschaft um den auszuschüttenden Gewinn erhöhen (die Aktionäre werden sozusagen aufgrund des Verwendungsbeschlusses in Bezug auf die Dividende zu Gläubigern der Gesellschaft). Daher kann die Hauptversammlung den Beschluss nicht fassen, wenn und weil er das Grundkapital angreifen und zu einer Einlagenrückgewähr führen würde.
d) Rechtsfolge bei Verstoß
aa) GmbH
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Geschehen unzulässige Entnahmen, Ausschüttungen, Zahlungen dennoch, wird also gegen das Verbot der Zahlung an Gesellschafter verstoßen, so sieht § 31 Abs. 1 GmbHG vor, dass der Gesellschafter die entsprechenden Vorteile dem Werte nach an die Gesellschaft zurückzuerstatten hat. Nicht nur der empfangende Gesellschafter, sondern unter bestimmten Umständen auch der Geschäftsleiter und die Mitgesellschafter können wegen der Zahlung in Anspruch genommen werden, entsprechende Details werden näher unten Rn. 212 ff. dargestellt. Dieser Anspruch wird in einem eventuellen späteren Insolvenzverfahren vom Insolvenzverwalter geltend gemacht.
bb) AG
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Für die AG ist eine entsprechende Regelung über die Rückzahlung in § 62 Abs. 1 AktG vorgesehen, sie weicht freilich vom GmbH-Recht ab. So gibt es etwa keine Mithaftung anderer Aktionäre für verbotene Ausschüttungen; ferner haften die Aktionäre nicht, wenn sie bei einer offenen Ausschüttung (Dividende) nicht erkannt haben, dass ein Verstoß gegen § 57 AktG vorlag, vgl. § 62 Abs. 1 S. 2 AktG.
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Insbesondere bei verdeckten Gewinnausschüttungen ist streitig, ob mit der Pflicht zur „Rückgewähr“ von Leistungen i.S.d. § 62 Abs. 1 S. 1 AktG die Rückgabe des empfangenen Gegenstands oder lediglich ein Vermögensanspruch der Gesellschaft in Höhe des Wertes der Zuwendung gemeint ist. Nach ganz herrschender Auffassung geht es beim Kapitalschutz auch in der AG nicht um die Erhaltung bestimmter Vermögensgegenstände, also um die Erhaltung der Vermögensstruktur der Gesellschaft, sondern lediglich um die Erhaltung des Vermögens.[13] Dennoch sollte nach früher herrschender Auffassung regelmäßig das Verpflichtungsgeschäft, u.U. sogar das Erfüllungsgeschäft bei einer verdeckten Gewinnausschüttung gem. § 134 BGB nichtig und rückabzuwickeln sein.[14] Nach der nunmehr auch vom BGH vertretenen Auffassung kann die Rückgewährpflicht zwar im Einzelfall auf eine Leistung des konkret erhaltenen Gegenstands hinauslaufen,