Familien- und Erbrecht. Ute Brenneisen
= 15 000 € : 2) gehabt. Dieses Ergebnis wurde als ungerecht empfunden, weshalb § 1374 Abs. 1 Hs. 2 gestrichen wurde. Stattdessen bestimmt § 1374 Abs. 3, dass Verbindlichkeiten auch über die Höhe des Vermögens hinaus abgezogen werden können, so dass das Anfangsvermögen auch negativ sein kann. Danach beträgt der Zugewinn des Ehemannes 200 000 €, da er während der Ehezeit Verbindlichkeiten in dieser Höhe getilgt hat. Der Ehefrau stünde daher ein Zugewinnausgleich in Höhe von 92 500 € (200 000 € [Zugewinn des Mannes] – 15 000 € [Zugewinn der Frau] = 185 000 € : 2) zu. Der Ausgleichanspruch der Ehefrau ist nach § 1378 Abs. 2 S. 1 indes auf die Hälfte des Vermögens beschränkt, über das der Ehemann am Stichtag verfügt. Da dieses im Beispielsfall 0 € beträgt, steht der Ehefrau kein Zugewinnausgleich zu. Im Gegensatz zur alten Regelung steht in diesem Fall aber auch dem Ehemann gegenüber der Ehefrau kein Zugewinnausgleich zu.
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Während nach der alten Rechtslage jeder Ehegatte die Höhe seines Anfangsvermögen beweisen musste, wird nunmehr nach § 1377 Abs. 3 i.S.v. § 292 S. 1 ZPO gegenüber dem anderen Ehegatten widerlegbar vermutet, dass das Anfangsvermögen der Ehegatten null beträgt, wenn sie gemäß § 1377 Abs. 1, Abs. 2 kein Vermögensverzeichnis erstellt haben. Nach § 1379 Abs. 1 Nr. 2 steht jedem Ehegatten nach der Beendigung des Güterstands ein Auskunftsanspruch über die Höhe des Anfangsvermögens zu.
(3) Privilegiertes Vermögen
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Nach § 1374 Abs. 2 wird Vermögen, das ein Ehegatte nach Eintritt des Güterstands der Zugewinngemeinschaft von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht oder durch Schenkung oder Ausstattung erwirbt, nach Abzug der Verbindlichkeiten dem Anfangsvermögen hinzugerechnet. Dem liegt der Rechtsgedanke zugrunde, dass der Erwerb von Vermögen privilegiert und damit nicht ausgleichspflichtig sein soll, der auf einer besonderen persönlichen Beziehung des Erwerbers zum Zuwendenden oder auf ähnlichen persönlichen Umständen beruht.[54] Nur bei den in § 1374 Abs. 2 genannten Fallgruppen handelt es sich um ein nicht ausgleichspflichtiges Anfangsvermögen. Bei der Vorschrift des § 1374 Abs. 2 handelt es sich nach h.M.[55] um eine abschließende und nicht analogiefähige Sonderregelung. Aus diesem Grund unterliegen Lottogewinne, Spekulationsgewinne oder ein Schmerzensgeldanspruch nicht der Vorschrift des § 1374 Abs. 2. Die Privilegierung tritt ohne eine entsprechende Anordnung des Zuwendenden kraft Gesetzes ein.[56] Das durch den privilegierten Erwerb dem Anfangsvermögen hinzurechnende Vermögen wird gemäß § 1374 Abs. 1 nach dem Wert berechnet, den es im Zeitpunkt des Erwerbs hatte.
(a) Schenkungen während der Ehe
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Der Begriff der Schenkung entspricht § 516, so dass eine Schenkungsabrede erforderlich ist. Bei gemischten Schenkungen ist nur der unentgeltliche Teil dem Anfangsvermögen hinzuzurechnen.[57] Spätere Gewinne wie Zinsen oder Wertsteigerungen des geschenkten Vermögensgegenstands fallen dagegen in den Zugewinn des Ehegatten.
Beispiel
Die Ehefrau bekommt während der Ehe von ihren Eltern ein Sparbuch mit einem hohen Sparguthaben geschenkt. Bei der Schenkung handelt es sich um einen privilegierten Erwerb i.S.v. § 1374 Abs. 2, so dass das auf dem Sparbuch befindliche Guthaben nicht in den Zugewinn fällt. Dagegen unterliegen die Zinsen, die seit der Schenkung angefallen sind, dem Zugewinnausgleich, wenn sich die Ehegatten scheiden lassen.
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Freiwillige Leistungen des Arbeitgebers wie Gratifikationen oder Trinkgelder stellen in der Regel kein Geschenk, sondern eine Entlohnung dar.[58]
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Auf Schenkungen zwischen den Ehegatten ist § 1374 Abs. 2 nicht anzuwenden.[59] Das ergibt sich aus Sinn und Zweck dieser Bestimmung. Danach sollen nur Zuwendungen von dritter Seite, zu deren Erwerb der andere Ehegatte weder unmittelbar noch mittelbar etwas beigetragen hat, vom Zugewinnausgleich ausgenommen werden. Bei Zuwendungen zwischen den Ehegatten ist demgegenüber eine Berücksichtigung im Zugewinnausgleichsverfahren gerade gewollt. Den Zugewinnausgleich nimmt der BGH in diesem Fall nach § 1380 (Anrechnung von Vorausempfängen) vor. Bei ehebezogenen (unbenannten) Zuwendungen findet § 1374 Abs. 2 ebenfalls keine Anwendung.[60] Zuwendungen seitens der Schwiegereltern sind dagegen nach der neueren Rechtsprechung des BGH[61] als Schenkungen dem Anfangsvermögen des Schwiegerkindes hinzuzurechnen. Der Wert dieser Schenkungen ist allerdings zu mindern, wenn die Schwiegereltern bei dem Scheitern der Ehe einen Rückforderungsanspruch nach § 313 haben. Die Höhe des Rückforderungsanspruchs entspricht dabei der Wertminderung der Schenkung.
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Wird die Schenkung vor dem Endvermögensstichtag widerrufen oder wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage rückgängig gemacht, so sind die entstehenden Rückgewähransprüche in der Zugewinnbilanz entsprechend zu berücksichtigen.[62]
Eine an sich privilegierte Schenkung ist dem Anfangsvermögen nach § 1374 Abs. 2 BGB nicht hinzuzurechnen, soweit sie den Umständen nach zu den Einkünften zu rechnen ist. Was in diesem Zusammenhang unter Einkünften zu verstehen ist, definiert das Gesetz nicht näher. Mit der Zielsetzung, die der Zugewinnausgleich verfolgt, sollen nur Vermögenszuwächse ausgeglichen werden. Bei unentgeltlichen Zuwendungen im Sinne des § 1374 Abs. 2 BGB ist deshalb in erster Linie danach zu unterscheiden, ob sie zur Deckung des laufenden Lebensbedarfes dienen oder die Vermögensbildung fördern sollen. Das wird im Einzelfall unter Berücksichtigung des Anlasses der Zuwendung, der Willensrichtung des Zuwendenden und der wirtschaftlichen Verhältnisse des Zuwendungsempfängers zu beurteilen sein. Dabei werden sich bei größeren Sachzuwendungen brauchbare Anhaltspunkte für die Beurteilung, ob es sich um Einkünfte handelt, vor allem aus der Prognose gewinnen lassen, mit welcher Wahrscheinlichkeit der Zuwendungsgegenstand, wäre die Ehe in einem überschaubaren Zeitraum nach der Zuwendung gescheitert, noch mit einem nennenswerten Vermögenswert im Endvermögen des begünstigten Ehegatten vorhanden gewesen wäre. Nach diesen Maßstäben sind Zuwendungen einer Stiftung zur Anschaffung eines behindertengerechten Fahrzeugs nicht zu den Einkünften zu rechnen.[63]
(b) Erwerb von Todes wegen
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Zu dem privilegierten Erwerb gehören auch die Vermögensgegenstände, die ein Ehegatte im Rahmen der gesetzlichen oder gewillkürten Erbfolge als Allein-, Mit-, Vor- oder Nacherbe erhält oder durch ein Vermächtnis, durch eine Auflage, durch ein Pflichtteil bzw. als Abfindung für einen entgeltlichen Erbverzicht erlangt. Hierzu gehören auch die durch einen Erbfall eingetretene Befreiung von einer Verbindlichkeit (Konfusion)[64] sowie Ansprüche aus Vergleichen über erbrechtliche Rechtsverhältnisse.[65] Zum privilegierten Erwerb gehört auch das Anwartschaftsrecht des Nacherben einschließlich der realen Wertsteigerungen.
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Zu dem privilegierten Erwerb zählen auch alle Vermögensgegenstände, die ein Ehegatte aufgrund einer vorweggenommenen Erbfolge erhält. Dass der erwerbende Ehegatte gesetzlicher oder gewillkürter Erbe des Zuwendenden ist, ist nicht erforderlich; entscheidend ist, dass der Erwerb von Todes wegen (wenigstens teilweise) durch eine vorweggenommene Erbfolge ersetzt wird.[66] Die Vereinbarung einer Gegenleistung (etwa Versorgungsrechte wie laufende Rentenzahlungen, Erbringung von Pflegeleistungen) ist oftmals geradezu typisch und hindert daher nicht den Abzug der zugesagten Leistungen.[67]
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Ist Vermögen, das ein Ehegatte mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht erwirbt, zugunsten des Übergebers mit einem Nießbrauch belastet, unterliegt der fortlaufende Wertzuwachs der Zuwendung aufgrund des abnehmenden Werts des Nießbrauchs für den dazwischen liegenden Zeitraum bzw. die Zeit zwischen dem