Familien- und Erbrecht. Ute Brenneisen
des Wertes des Nießbrauchs zum Ausgangs- und Endzeitpunkt in die Vermögensbilanz insgesamt verzichtet. Ist hingegen der Wert des Nießbrauchs gestiegen, weil das belastete Grundstück im maßgeblichen Zeitraum einen Wertzuwachs (hier: infolge gestiegener Grundstückspreise) erfahren hat, muss der Wert des Nießbrauchs im Anfangs- und Endvermögen eingestellt werden, ohne dass es weiterer Korrekturen des Anfangsvermögens bedarf.[68]
142
Auch eine Lebensversicherungssumme, die der Ehegatte als Begünstigter nach dem Tod eines nahen Verwandten aus dessen Versicherung ausgezahlt erhält, fällt entsprechend dem Normzweck der Privilegierung hierunter, auch wenn „rechtstechnisch“ kein Erwerb aus dem Nachlass vorliegt (§§ 330, 331), sondern ein rechtsgeschäftlicher Erwerb nach § 159 VVG.[69] Hat ein Ehegatte in Zusammenhang mit der Zuwendung ein Wohnrecht oder ein Nießbrauch übernommen, so ist dieses bei Ermittlung des Anfangs- als auch des Endvermögens wertmindernd zu berücksichtigen, wenn das übernommene Recht fortbesteht. Dabei ist der fortlaufende Wertzuwachs der Zuwendung aufgrund des abnehmenden Wertes des Wohn- bzw. Nießbrauchrechtes zu bewerten, um den gleitenden Erwerbsvorgang zu erfassen und vom Zugewinnausgleich ausnehmen zu können. Dabei ist das jährliche Absinken des Wertes gesondert zu indexieren und inflationsbedingt zu bereinigen[70].
143
Nach der Neufassung des § 1374 Abs. 2 ist der privilegierte Erwerb mit einem negativen Anfangsvermögen zu verrechnen.
Beispiel
Der Ehemann hat im Zeitpunkt der Eheschließung Schulden in Höhe von 30 000 €. Während der Ehe erbt er 20 000 €. Seit dem 1.9.2009 ist die Erbschaft als privilegierter Erwerb mit dem negativen Anfangsvermögen zu verrechnen, so dass von einem negativen Anfangsvermögen in Höhe von 10 000 € auszugehen ist. Unter der alten Rechtslage war umstritten, ob zunächst das Anfangsvermögen auf 0 zu setzen ist und sodann mit der Erbschaft zu addieren ist. Dieser Streit hat sich durch die Neufassung des § 1374 Abs. 2 erledigt.
cc) Endvermögen
144
Nach § 1375 Abs. 1 S. 1 ist Endvermögen das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug aller Verbindlichkeiten bei der Beendigung des Güterstands gehört. Als maßgeblichen Ermittlungszeitpunkt nennt § 1375 Abs. 1 S. 1 zunächst die Beendigung des Güterstands. Nach der Neufassung des § 1384 tritt für die Berechnung des Zugewinns und für die Höhe der Ausgleichsforderung an die Stelle der Beendigung des Güterstandes der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags.[71] Eine einschränkende Auslegung des § 1384 dahin, dass bei einem vom Ausgleichspflichtigen nicht zu verantwortenden Vermögensverlust die Begrenzung des § 1378 Abs. 2 S. 1 an die Stelle des § 1384 tritt, kommt nach der Rechtsprechung des BGH[72] nicht in Betracht. In einem solchen Fall soll aber § 1381 eine Korrektur grob unbilliger Ergebnisse ermöglichen. Darauf muss sich allerdings der Ausgleichspflichtige in dem gerichtlichen Verfahren berufen. Der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags ist nur dann maßgebend, wenn die Scheidung den gesetzlichen Güterstand beendet. Haben die Ehegatten vor der Erhebung des Scheidungsantrags einen Ehevertrag geschlossen und dadurch den gesetzlichen Güterstand aufgehoben, ist dieser Zeitpunkt für die Berechnung des Endvermögens maßgebend.
145
Die Berechnung des Endvermögens erfolgt durch die Summierung aller Aktiva unter Abzug aller Verbindlichkeiten,[73] wobei das Endvermögen grundsätzlich auch negativ sein kann § 1375 Abs. 1 S. 2. Eine Gesamtschuld der Ehegatten wird jeweils zur Hälfte als Verbindlichkeit bei dem Endvermögen berücksichtigt. Steht dagegen fest, dass der von dem Gläubiger in Anspruch genommene Ehegatte seinen Ausgleichsanspruch aufgrund der Vermögenslosigkeit des anderen Ehegatten nicht durchsetzen kann, ist die gesamte Verbindlichkeit bei dem Endvermögen des zahlenden Ehegatten als Abzugsposten zu berücksichtigen[74].
Die Rechtspositionen, die bei der Ermittlung des Anfangsvermögens unberücksichtigt bleiben, werden auch nicht bei dem Endvermögen hinzugerechnet. Der Miteigentumsanteil an Hausrat, der den Ehegatten gemeinsam gehört, wird bei dem Endvermögen nicht berücksichtigt, da § 1568b vorrangig ist. Steht dagegen ein Hausratgegenstand im Alleineigentum eines Ehegatten, wird er im Rahmen des Zugewinnausgleiches berücksichtigt.
146
Der Berechnung des Endvermögens wird der Wert zugrunde gelegt, den das Vermögen bei Beendigung des Güterstands hatte. Bei der Wertermittlung sind auch Wertänderungen zu berücksichtigen, etwa wenn Ackerland nach der Eheschließung zum Bauland wird, Wertpapiere im Kurswert steigen oder sinken. Diese an sich eheneutralen Vorgänge wirken sich als echte Wertsteigerungen auch auf die Ausgleichsforderung aus.
Nach welcher Methode der Wert eines Unternehmens zu bewerten ist, ergibt sich nicht aus dem Gesetz. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH[75] ist die Ertragswertmethode, die immanent auch den ideellen Wert des Unternehmens abbildet, im Regelfall geeignet, als Bemessungsgrundlage für den Wert einer Unternehmensbeteiligung zu dienen. Der Ertragswert eines Unternehmens wird aus den nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ermittelten nachhaltig ausschüttbaren Überschüssen berechnet, die kapitalisiert und auf den Bewertungsstichtag bezogen werden. Im Rahmen der Ertragswertmethode wird die Summe aller zukünftigen Erträge des fortgeführten Unternehmens ermittelt (Zukunftserfolgswert), und zwar durch eine Rückschau auf die Erträge des Unternehmens in den letzten Jahren. Auf dieser Grundlage wird eine Prognose zur Ertragslage der nächsten Jahre erstellt.
147
Sofern ein Unternehmen keine Überschüsse produziert, ist der Substanzwert eines Unternehmens heranzuziehen, der grundsätzlich mit dem Betrag zu bemessen ist, mit dem die Gesamtheit aller materiellen Wirtschaftsgüter im Falle eines Unternehmensverkaufs auf den gedachten Erwerber übergeht. Für den Substanzwert bzw. Reproduktionswert sind die Wiederbeschaffungspreise maßgeblich. Kann der zu bewertende Vermögensgegenstand nicht ohne weiteres wiederbeschafft werden, weil es für ihn keinen relevanten Gebrauchtgütermarkt gibt, kann der Wert hilfsweise durch Abschreibung aus dem Neupreis entwickelt werden. Die Heranziehung des Substanzwerts bzw. Reproduktionswerts für die Bemessung des Unternehmenswerts beruht allerdings auf der Grundannahme, dass das Unternehmen über den Bewertungsstichtag hinaus fortgeführt wird. Der Liquidationswert gilt in der Regel als unterste Grenze des Unternehmenswerts. Sein Ansatz kommt grundsätzlich dann in Betracht, wenn das Unternehmen zur Mobilisierung des Vermögens „versilbert“ werden muss, um den Zugewinnausgleich zahlen zu können, oder wenn dem Unternehmen wegen schlechter Ertragslage oder aus sonstigen Gründen keine günstige Fortführungsprognose gestellt werden kann.
148
Dem Endvermögen eines Ehegatten wird nach § 1375 Abs. 2 S. 1 der Betrag hinzugerechnet, um den sein Vermögen dadurch vermindert worden ist, dass er nach Eintritt des Güterstands unentgeltliche Zuwendungen gemacht hat, durch die er nicht einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen hat, Vermögen verschwendet hat oder Handlungen in der Absicht vorgenommen hat, den anderen Ehegatten zu benachteiligen. Der Tatbestand einer illoyalen Vermögensminderung ist nur dann schlüssig dargelegt, wenn der in Rede stehende Betrag nicht im Rahmen einer ordnungsgemäßen Lebensführung verbraucht worden sein kann.[76] Der Betrag der Vermögensminderung wird nach § 1375 Abs. 3 dem Endvermögen nur dann nicht hinzugerechnet, wenn sie mindestens 10 Jahre vor Beendigung des Güterstandes eingetreten ist oder wenn der andere Ehegatte mit der unentgeltlichen Zuwendung oder Verschwendung des Vermögens einverstanden war. Ist das Endvermögen eines Ehegatten geringer als das Vermögen, das er in der Auskunft zum Trennungszeitpunkt angegeben hat, so hat er nach § 1375 Abs. 2 S. 2 darzulegen und zu beweisen, dass die Vermögensminderung nicht auf Handlungen i.S.v. § 1375 Abs. 2 S. 1 Nr. 1–3 zurückzuführen ist.
Beispiel
Die Ehegatten haben während der Ehe folgenden Zugewinn erzielt: