Familien- und Erbrecht. Ute Brenneisen
ergeben können, die zur Begründung der Verbindlichkeiten geführt haben.[98] Eine während der Trennungszeit getroffene Vereinbarung, wonach ein Ehegatte die im gemeinsamen Eigentum stehende Wohnung zur Alleinnutzung behält und zum Ausgleich dafür die gemeinsam geschuldeten Darlehenslasten allein trägt, führt bei der Bewertung des Endvermögens im Zugewinnausgleich nur dann zum vollständigen Entfallen des Gesamtschuldnerausgleichsanspruchs, wenn sie eine endgültige Freistellung des weichenden Ehegatten von der Darlehensschuld enthält.[99]
f) Gesamtgläubigerausgleich
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Waren die Ehegatten Inhaber eines Oder-Kontos, über das sie jeweils einzeln verfügen konnten, besteht nach dem BGH[100] eine Ausgleichspflicht, wenn ein Ehegatte nach der Trennung mehr als die Hälfte des Guthabens für sich verwendet hat. Die Ehegatten als Inhaber des Oder-Kontos sind Gesamtgläubiger im Sinne des § 428 mit der Folge, dass nach § 430 ein Ausgleichsanspruch hinsichtlich der Hälfte besteht.
Hinweis
Bei Oder-Konten kommt es weder auf die Herkunft der Mittel an noch darauf, aus welchen Gründen das Gemeinschaftskonto überhaupt errichtet worden ist. Gerade bei Ehegatten sind viele Motive denkbar, die einem außenstehenden Dritten unbekannt bleiben. Auch sind nicht die Fälle selten, in denen lediglich die Absicht verfolgt wird, für den Fall der Verhinderung oder des Todes des einen Ehegatten dem anderen die Legitimation zu erleichtern. Im Prozess braucht der Ehegatte daher nur darlegen, dass dem anderen Ehegatten mehr zugeflossen ist als seinem hälftigen Anteil entspricht. Sache des in Anspruch Genommenen ist es dann, eine Gestaltung des Innenverhältnisses darzulegen und notfalls zu beweisen, die eine andere als die vom Gesetz vermutete hälftige Beteiligung oder einen Ausschluss der Ausgleichspflicht ergibt.
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Ist ein Ehegatte Inhaber eines Einzelkontos, ist er alleiniger Gläubiger einer Guthabensforderung gegenüber der Bank und damit Berechtigter im Außenverhältnis. Ihm steht im Regelfall das Guthaben auch im Innenverhältnis der Ehegatten alleine zu.
g) Unbenannte Zuwendungen
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Unentgeltliche Zuwendungen unter Ehegatten kommen vor allem in Form der Übertragung von Vermögensgegenständen in Betracht. In bestimmten Fällen werden diese Zuwendungen nach der Rechtsprechung des BGH[101] mangels „Unentgeltlichkeit“ i.S.d. §§ 516 ff. nicht als Schenkungen, sondern als unbenannte Zuwendungen behandelt.[102] Unbenannte Zuwendungen unter Ehegatten werden nicht „unentgeltlich“ i.S.d. §§ 516 ff. erbracht, weil sie nach der übereinstimmenden Vorstellung der Ehegatten um der Ehe willen und als Beitrag zur Verwirklichung oder Ausgestaltung bzw. zur Erhaltung oder Sicherung der ehelichen Lebensgemeinschaft erbracht werden und darin ihre Geschäftsgrundlage haben. Eine Rückforderung nach Bereicherungsrecht scheidet aus, weil der Bewirkung der Zuwendung ein familienrechtlicher Vertrag zugrunde liegt, der mit dem Scheitern der Ehe nicht rückwirkend weggefallen ist. Aus diesem Grund ist die Zuwendung mit Rechtsgrund bewirkt worden. Ein Ausgleichsanspruch nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage kommt in der Regel nur bei Gütertrennung der Ehegatten in Betracht, da die Vorschriften über den Ausgleich des Zugewinns als Sonderbestimmungen den allgemeinen schuldrechtlichen Regeln, insbesondere über den Wegfall der Geschäftsgrundlage, vorgehen.
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Die vom Konto eines Ehegatten erbrachten Zinszahlungen für ein zum Zweck der Finanzierung eines Eigenheims von den Ehegatten gemeinsam aufgenommenes Darlehen kann allerdings eine eigenständige Schenkung sein, da die Zinszahlungen vom Konto des Erblassers zu einer Reduzierung der Verbindlichkeiten der Ehefrau und damit zu einem möglichen weiteren Vermögenszuwachs neben dem Wert ihres Miteigentumsanteils sein können. Für die Annahme einer Schenkung ist es ohne Belang, dass der Erblasser die Erbringung der monatlichen Annuitäten aus dem Darlehensvertrag schuldete und damit nicht freiwillig übernommen hat. Denn die vertragliche Verpflichtung betraf allein das Außenverhältnis des Erblassers zu den Kreditgebern, nicht aber das hier maßgebliche Innenverhältnis zwischen den Ehegatten. Für die Frage einer Bereicherung der Ehefrau aus dem Vermögen des Erblassers ist maßgeblich, ob die Eheleute etwas anderes als den regelmäßigen Ausgleich unter Gesamtschuldnern nach § 426 Abs. 1 BGB für die vom Erblasser erbrachten Zahlungen bestimmt haben. Bei der Prüfung der Frage, ob es sich um eine Schenkung handelt, kommt es darauf an, ob die Zinsleistungen – anstelle von Mietzahlungen – ein gemäß §§ 1360, 1360a geschuldeter Beitrag zu den gemeinsamen Wohnkosten gewesen waren. Wird dies verneint, können die Zinsleistungen eine zusätzliche Schenkung darstellen, die auch für die Berechnung des Ergänzungspflichtteils eines Abkömmlings mit herangezogen werden können.[103]
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Ein Rückgriff auf die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ist im Rahmen der Zugewinngemeinschaft auf extreme Ausnahmefälle beschränkt und kommt im Allgemeinen nur dort in Betracht, wo die güterrechtlichen Ausgleichsregelungen nicht ausreichen, um schlechthin unangemessene und untragbare Ergebnisse zu vermeiden. Die Grenze der Unangemessenheit und Untragbarkeit wird nicht überschritten, solange der Zuwender einen Ausgleich in Höhe des halben Wertes der Zuwendung erhält. Aber auch wenn sein Ausgleichsanspruch dahinter zurückbleibt, ist eine Korrektur nicht ohne weiteres geboten. In gewissen Abweichungen von der hälftigen Beteiligung verwirklicht sich ein noch normal zu nennendes Risiko, wie es im Zugewinnausgleich angelegt ist und vor dem auch der Ehegatte, der die Zuwendung gemacht hat, nicht völlig bewahrt bleiben kann. Um die Unabweisbarkeit einer Korrektur durch die Anwendung von § 242 zu begründen, müssen weitere Gründe hinzutreten, die den Rückgriff auf die verdrängten Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage unter Berücksichtigung der übrigen konkreten Umstände des Einzelfalles zwingend gebieten. Derartige Gründe kommen in Betracht, wenn der Zuwendungsempfänger keinen Zugewinn aufzuweisen hat, weil die Zuwendung der Erhaltung des Anfangsvermögens gedient hat und dadurch eine Zugewinnausgleichsverpflichtung nicht entstanden ist. Gleiches gilt, wenn der Zuwendende in seinem Auskommen beeinträchtigt ist, weil er mit den ihm verbliebenen Mitteln seinen angemessenen Unterhalt nicht bestreiten kann (Notbedarfsfall).[104]
Beispiel
Beide Ehegatten haben keinen Zugewinn erzielt. Der Ehemann hat der Ehefrau während der Ehe 40 000 € geschenkt. In diesem Fall kann er die 40 000 € nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage zurückverlangen. Das führt dazu, dass der Anspruch auf Rückzahlung im Aktivvermögen seines Zugewinns zu berücksichtigen ist. Seine Ehefrau erhält im Rahmen des Zugewinnausgleichs davon 20 000 € wieder zurück.
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Ein Ausnahmefall, in dem eine Ausgleichung nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage verlangt werden kann, ist in der Rechtsprechung[105] auch dann angenommen worden, wenn neben dem finanziellen Interesse des Zuwendenden an einem wertmäßigen Ausgleich besondere Umstände hinzutraten, die ein schutzwürdiges Interesse an der Rückübertragung des Eigentums an dem zugewendeten Vermögensgegenstand begründeten.
Für Streitigkeiten der Ehegatten, die unbenannte Zuwendungen betreffen, sind nach §§ 23a, 23b GVG, §§ 111 Nr. 10, 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG die Familiengerichte zuständig, da es sich um eine sonstige Familiensache handelt.
Hinweis
Zuwendungen der Eltern, die um der Ehe ihres Kindes Willen an das Schwiegerkind erfolgen, sind nach der neueren Rechtsprechung des BGH[106] nicht als unbenannte Zuwendungen, sondern als Schenkungen zu qualifizieren, auf die die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage anzuwenden sind. Geschäftsgrundlage muss dabei die für das Schwiegerkind erkennbare Erwartung sein, dass die Ehe Bestand haben werde, in deren Rahmen die Schenkung seinem Ehegatten auf Dauer zu Gute kommt. Diese Geschäftsgrundlage