Familien- und Erbrecht. Ute Brenneisen
Schwiegereltern unter § 1374 Abs. 2 fallen, sind sie nicht nur im Endvermögen, sondern auch im Anfangsvermögen zu berücksichtigen und wirken sich daher im Zugewinnausgleich nicht aus. Rückforderungsansprüche der Schwiegereltern nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage können daher nicht mit der Begründung verneint werden, dass das beschenkte Schwiegerkind mit dem eigenen Kind der Schwiegereltern in gesetzlichem Güterstand gelebt hat und das eigene Kind über den Zugewinnausgleich teilweise von der Schenkung profitiert. Daneben kommen nach dem BGH auch Ansprüche nach § 812 Abs. 1 Alt. 2 in Betracht. Dafür ist eine Zweckvereinbarung erforderlich, wobei eine positive Kenntnis von der Zweckvorstellung des anderen Teiles notwendig ist, ein bloßes „Kennenmüssen“ genügt nicht.
h) Übungsfall Nr. 3
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„Unternehmer-Ehe“
M war stark verschuldet. Wegen seiner Verbindlichkeiten sah M davon ab, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Man wählte daher folgende „Konstruktion“: Ein Jahr vor der Eheschließung (2007) wurde der M als Lagerarbeiter zu einem Bruttolohn von 1800 € in dem auf den Namen seiner späteren Frau (F) betriebenen Unternehmen angestellt. Der Nettolohn für die Lagertätigkeit wurde dem M zunächst in bar ausgezahlt. Ab Januar 2012 wurde der Arbeitslohn des M auf ein Privatkonto der F gezahlt, von dem die Ehegatten ihren gemeinsamen Lebensunterhalt bestritten. Abweichend von der in dem Arbeitsvertrag angegebenen Funktion führte der M tatsächlich selbständig die Geschäfte des Unternehmens, während die F anderweitig als Angestellte tätig war. Erst ab Sommer 2013 führten die Ehegatten das Unternehmen gemeinsam. In Folge einer Ehekrise trennten sich die Ehegatten Anfang 2014. Im April 2014 schlossen sie einen Ehevertrag, in dem sie unter anderem folgendes vereinbarten:
(…)
„2. Güterstandsvereinbarung
Die Parteien vereinbaren hiermit für ihre Ehe den Güterstand der Gütertrennung.
3. Zugewinnausgleich für die Vergangenheit
Für einen von der Eheschließung bis heute entstandenen Zugewinn vereinbaren die Beteiligten folgendes:
Sie sind sich darüber einig, dass ein Zugewinn nicht entstanden ist, bzw. soweit ein Zugewinn entstanden sein sollte, dieser bereits ausgeglichen ist bzw. auf ihn verzichtet wird.“
Die F beantragt im Mai 2014 die Scheidung der Ehe. Der Scheidungsantrag wird dem M am 23. Juni 2014 zugestellt. Darauf kündigt M das Arbeitsverhältnis aus persönlichen Gründen zum 1. September 2014. M verlangt von F den Ausgleich des hälftigen Unternehmenswertes.
(Anmerkung: Dem Sachverhalt liegt die Entscheidung des BGH[107] zugrunde.)
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Lösung
A. Anspruch aus § 738 Abs. 1 S. 2
Ein Anspruch des M auf Ausgleich des hälftigen Unternehmenswertes könnte sich aus § 738 Abs. 1 S. 2 ergeben. Das setzt voraus, dass M ein Anspruch auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens einer BGB-Gesellschaft hat. Das wäre der Fall, wenn das Unternehmen der F Bestandteil einer sog. Ehegatteninnengesellschaft in hälftiger Mitberechtigung von M und F gewesen wäre. Als eine solche Gesellschaft wird eine BGB-Gesellschaft bezeichnet, die nicht nach außen in Erscheinung tritt, sondern bei der lediglich im Innenverhältnis eine Beteiligungsgesellschaft entsteht.
1. Begründung einer Ehegatteninnengesellschaft
M und F haben ausdrücklich keinen Gesellschaftsvertrag geschlossen. Der Auseinandersetzungsanspruch des M könnte daher nur auf einer konkludenten Übereinkunft von F und M beruhen. Dazu müsste der Wille der Ehegatten erkennbar gewesen sein, dass die von M im Unternehmen der F geleistete Tätigkeit Grundlage einer gemeinsamen Teilhabe an dem Unternehmen der F sein sollte.
a) Anforderungen an einen stillschweigenden Vertragsschluss
Gegen die Annahme einer konkludenten Begründung einer Ehegatteninnengesellschaft spricht zunächst, dass M und F im Zeitpunkt ihrer Heirat im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben. Im gesetzlichen Güterstand können Ehegatten eine Teilhabe an dem gemeinsam Erarbeiteten und damit einen Ausgleich einer nicht anderweitig vergüteten Ehegattenmitarbeit bereits über den Zugewinnausgleich erwarten, soweit er nicht durch einen Ehevertrag ausgeschlossen oder gegenständlich beschränkt worden ist, §§ 1378, 1414. Indizien gegen einen auf die Begründung einer Ehegatteninnengesellschaft gerichteten Willen der Ehegatten ergeben sich daher aus der begründeten Erwartung auf den Zugewinnausgleich.
b) Verfolgung eines die Ehe übersteigenden Zwecks
Eine andere Auslegung des Willens der Ehegatten hält die Rechtsprechung in den Fällen für möglich, in denen die Ehegatten einen über die Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgehenden Zweck verfolgt haben.[108] Ein solcher Zweck wird angenommen, wenn die Ehegatten in dem Aufbau und der Führung eines Unternehmens zusammen gewirkt haben. Die durch die Mitarbeit des M erzielten Erträge haben zwar ausgereicht, um den Lebensunterhalt der Ehegatten zu decken. Das könnte zunächst dafür sprechen, dass die Mitarbeit von M gemäß §§ 1353 Abs. 1 S. 2, 1356 Abs. 2 S. 2, 1360 unterhaltsrechtlich geschuldet und daher nicht als Zweck anzusehen war, der über die Ehe hinausging. Durch die Mitarbeit des M sind aber neben den Erträgen auch Beiträge zur Unternehmenssubstanz geleistet worden, die als Beiträge zur Vermögensbildung über die eheliche Lebensgemeinschaft hinausgegangen sind.
c) Gleichberechtigte Mitarbeit
Ein Ausgleich nach gesellschaftsrechtlichen Gründen setzt weiter voraus, dass der Ehegatte gleichberechtigt mitgearbeitet und nicht nur eine untergeordnete Tätigkeit im Unternehmen innegehabt hat. Hierzu muss der mitarbeitende Ehegatte einen nennenswerten und für den erstrebten Erfolg bedeutsamen Beitrag geleistet haben.[109] M hat seit Beginn der Ehe bis zu seiner Kündigung das Unternehmen der F als Geschäftsführer geleitet. Dadurch hat er bedeutsame Beiträge für den Erhalt und das Fortkommen des Unternehmens geleistet. Dagegen spricht zwar, dass M mit F einen Arbeitsvertrag geschlossen hat, durch den er als Lagerarbeiter mit einer entsprechenden Entlohnung tätig sein sollte. Das könnte der Annahme, dass die Ehegatten durch die Mitarbeit des M eine konkludente Innengesellschaft begründet haben, entgegenstehen. Allerdings war der Wille der Ehegatten nicht wirklich auf eine solche Tätigkeit des M gerichtet. Der Arbeitsvertrag wurde vielmehr wegen der Überschuldung des M zum Schein geschlossen. M und F waren sich von vornherein darüber einig, dass M nicht nur als Lagerarbeiter, sondern in der Funktion eines Geschäftsführers tätig werden sollte. Der beiderseitige Ehegattenwille war daher auf eine erhebliche und gleichberechtigte Mitarbeit des M in dem Unternehmen der F ausgerichtet.
d) Zwischenergebnis
Damit liegen die Voraussetzungen einer durch die konkludente Mitarbeit des M begründete Ehegatteninnengesellschaft grundsätzlich vor.
2. Gesellschaftsrechtlicher Ausgleich neben dem Zugewinnausgleich
Soweit sich der Ausgleichanspruch auf den Zeitraum der Ehe bezieht, könnte er durch die Möglichkeit des Zugewinnausgleichs verdrängt sein. Der BGH hat bei Ehegatten, die im Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, zwar nur in seltenen Fällen das Bestehen einer Ehegatteninnengesellschaft angenommen. Denn der im Fall einer Scheidung regelmäßig gebotene Vermögensausgleich ist durch die Vorschriften über den Zugewinnausgleich gesichert. Nach Auffassung des BGH bedeutet dies indes nicht, dass gesellschaftsrechtliche Ansprüche nur subsidiär gegeben sind, wie das bei ehebezogenen Zuwendungen der Fall ist.[110] Der Zugewinnausgleich dient gerade nicht dem Ausgleich der die Ehe übersteigenden Leistungen. Solche Leistungen sind nur nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen ausgleichsfähig und zwar unabhängig davon, ob die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand lebten oder wie vorliegend