Kraftverkehrs-Haftpflicht-Schäden. Kurt E. Böhme

Kraftverkehrs-Haftpflicht-Schäden - Kurt E. Böhme


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eingehalten hat.[161] Dieser Anscheinsbeweis kann jedoch erschüttert werden.[162] Gegen den Auffahrenden spricht z.B. kein Anschein seines Verschuldens, wenn er auf ein Fahrzeug auffährt, das sich in Querstellung befindet, weil es mit dem Wendevorgang begonnen hat.[163] Ebensowenig handelt es sich um eine typische Auffahrsituation, wenn der Vorausfahrende trotz durchgezogener Linie abbiegen will und deshalb abbremst.[164] Nach § 4 Abs. 1 S. 1 StVO hat i.d.R. jeder von einem Vorausfahrenden einen so großen Abstand einzuhalten, dass auch dann hinter ihm gehalten werden kann, wenn plötzlich gebremst wird, er braucht aber nicht damit zu rechnen, dass der Vorausfahrende ohne erkennbaren Anlass plötzlich stark abbremst oder gar anhält.[165] Die Haftung hier ist meistens verteilt[166]. Kann der Vorausfahrende rechtzeitig anhalten, lässt dies die Schlussfolgerung zu, dass der Nachfolger bei gehöriger Aufmerksamkeit ein Auffahren hätte vermeiden können.[167] Der Auffahrunfall reicht als solcher für eine volle Haftung nicht aus, wenn weitere Umstände des Unfallereignisses bekannt sind, die – wie etwa ein vor dem Auffahren vorgenommener Spurwechsel des vorausfahrenden Fahrzeugs – als Besonderheit gegen die bei derartigen Fallgestaltungen gegebene Typizität sprechen.[168] Bestreitet allerdings der Vorausfahrende den vom Auffahrenden behaupteten Spurwechsel und kann der Auffahrende den Spurwechsel des Vorausfahrenden nicht beweisen, so bleibt - in Abwesenheit weiterer festgestellter Umstände des Gesamtgeschehens – allein der Auffahrunfall, der typischerweise auf einem Verschulden des Auffahrenden beruht.[169]

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      Kann der Vorausfahrende Unabwendbarkeit dagegen nicht beweisen, wohl aber der Halter des nachfolgenden beschädigten Kfz, haftet der Erstere zu 100 %. Wenn für beide das Ereignis nicht unabwendbar war – Haftungsverteilung gemäß § 17 StVG, da die Betriebsgefahr beider Fahrzeuge zu berücksichtigen ist.

      Schleudert dagegen ein Kfz einen Stein hoch und trifft dieser Stein einen nicht motorisierten Verkehrsteilnehmer, haftet der Halter aus § 7 StVG, da keine höhere Gewalt i.S.v. § 7 Abs. 2 StVG vorliegt und zwar regelmäßig zu 100 %. Denn ein über § 9 StVG, § 254 BGB zu berücksichtigendes Mitverschulden ist in diesen Fällen kaum denkbar. Auf die Frage der Unabwendbarkeit kommt es in diesen Fällen nicht mehr an.

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