Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft - Societas Europaea. Hans-Peter Schwintowski
§§ 108, 112 AktG eines Beschlusses des Aufsichtsrats. In dem Beschluss wird der Aufsichtsratsvorsitzende in der Regel ermächtigt, den Aufhebungsvertrag mit dem Vorstand zu unterzeichnen.[35]
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Im Gesetz nicht geregelt ist die einseitige Amtsniederlegung durch den Vorstand als Gegenstück zum Widerruf der Bestellung. Es ist jedoch allgemein anerkannt, dass der Vorstand das Recht haben muss, sein Organverhältnis jederzeit mit sofortiger Wirkung durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung zu beenden.[36]
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Unproblematisch ist die Amtsniederlegung, wenn ein wichtiger Grund für die Amtsniederlegung vorliegt, z.B. eine unberechtigte Entlastungsverweigerung.
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Problematisch ist, ob der Vorstand für die Amtsniederlegung entsprechend § 84 Abs. 3 S. 1 AktG einen wichtigen Grund haben oder zumindest angeben muss. Aus Gründen der Rechtssicherheit muss analog § 84 Abs. 3 S. 4 AktG unabhängig vom Vorliegen eines wichtigen Grundes mit Zugang der Niederlegungserklärung bei einem Aufsichtsratsmitglied die Bestellung enden.[37] Die Rechtsprechung hat zumindest für den GmbH-Geschäftsführer bei der Amtsniederlegung auf die Berufung auf einen wichtigen Grund verzichtet.[38] Für den Vorstand einer AG sollte aus Gründen der Rechtssicherheit entsprechend verfahren werden. Es ist davon auszugehen, dass die Gesellschaft in aller Regel ohnehin kein Vertrauen in einen Vorstand hat und kein Interesse mehr an dessen Tätigkeit hat, wenn er sein Amt niederlegt. Daher kommt es nicht darauf an, ob er für die Niederlegung wichtige Gründe hat oder nicht. Eine Ausnahme sollte lediglich in Missbrauchsfällen gemacht werden, insbesondere bei der Amtsniederlegung zur Unzeit. Bei einem funktionsfähigen Aufsichtsrat dürften diese Fälle jedoch eher selten sein.[39]
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Das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Amtsniederlegung wird allerdings im Hinblick auf den Anstellungsvertrag relevant. Es ist anerkannt, dass eine gleichzeitige Kündigung des Anstellungsvertrages bei der Amtsniederlegung durch den Vorstand nicht erforderlich ist, weil der Anstellungsvertrag die materielle Absicherung des Vorstands darstellt. Legt der Vorstand somit sein Amt aus wichtigem Grund nieder, kann er weiter die Vergütung aus seinem Anstellungsvertrag verlangen. Die Amtsniederlegung ist dann kein wichtiger Grund für die Gesellschaft, das Anstellungsverhältnis gem. § 626 BGB zu kündigen.[40] Hat der Vorstand jedoch keinen wichtigen Grund für die Amtsniederlegung, ist die unberechtigte Amtsniederlegung stets ein wichtiger Grund für die Kündigung des Anstellungsvertrages durch die Gesellschaft.[41] Zudem verletzt der Vorstand bei einer Amtsniederlegung ohne wichtigen Grund seine Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft aus dem Anstellungsverhältnis und kann sich so schadensersatzpflichtig machen.[42]
2.3.1 Trennungstheorie
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Von der organschaftlichen Bestellung zum Vorstand, durch die der Vorstand seine Vertretungs- und Handlungsbefugnis für die Gesellschaft erhält, ist sein schuldrechtliches Anstellungsverhältnis zu unterscheiden. Nach der sog. Trennungstheorie sind die korporationsrechtlichen und die schuldrechtlichen Rechtsbeziehungen zwischen Vorstandsmitglied und SE streng zu trennen. Dies ergibt sich bereits aus den unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen in § 84 Abs. 1 S. 1, 5, Abs. 3 S. 1 und 5 AktG.[43]
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Die teilweise vertretene Einheitstheorie[44] widerspricht sowohl dem Wortlaut des § 84 AktG als auch seiner Entstehungsgeschichte. Überzeugende sachliche Vorteile der einheitlichen Behandlung bestehen ebenfalls nicht. Die einheitliche Behandlung ist auch nicht praktikabel, da das Organverhältnis – wie bereits gezeigt – eine vom Anstellungsvertrag unterschiedliche Entwicklung nehmen kann.[45]
2.3.2 Rechtsnatur
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Der Anstellungsvertrag des Vorstands ist ein Dienstvertrag gem. §§ 611, 675 BGB. Die Vorstandsmitglieder sind jedoch keine Arbeitnehmer. Sie üben aufgrund ihrer Organstellung die Arbeitgeberfunktion für die SE aus. Der Anstellungsvertrag ist damit ein Vertrag über die Leistung unabhängiger, durch aktienrechtliche Vorgaben geprägter Dienste.[46]
2.3.3 Vertragsabschluss
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Bei Abschluss des Anstellungsvertrages vertritt der Aufsichtsrat die SE. Dies ergibt sich aus §§ 84 Abs. 1 S. 5, 112 AktG. Anders als bei der Bestellung ist die Entscheidung über den Abschluss und den Inhalt des Anstellungsvertrages nicht zwingend dem Aufsichtsratsplenum zugewiesen. Da § 107 Abs. 3 S. 2 AktG nur auf § 84 Abs. 1 S. 1 und 3 AktG verweist, kann der Abschluss und die Verhandlungen über den Inhalt des Anstellungsvertrages dem Personalausschuss überlassen werden. Bei der Entscheidung des Personalausschusses ist allerdings dafür Sorge zu tragen, dass der Anstellungsvertrag vom Personalausschuss nicht vor dem Beschluss des Aufsichtsratsplenums über die Bestellung zum Vorstand abgeschlossen wird.[47]
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Die Höchstdauer für den Anstellungsvertrag beträgt gem. Art. 46 Abs. 1 SE-VO sechs Jahre, um den Gleichlauf mit der Bestellung herzustellen.[48] Im Anstellungsvertrag kann gem. § 84 Abs. 1 S. 5 HS 2 AktG jedoch vorgesehen werden, dass der Anstellungsvertrag für den Fall der Verlängerung der Bestellung unverändert für die Zeitdauer der Weiterbestellung fortlaufen soll.
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Ein Sonderproblem besteht, wenn der Anstellungsvertrag nicht mit der Gesellschaft abgeschlossen wird, zu der das Organverhältnis besteht. Eine solche Drittanstellung wird häufig in Konzernverhältnissen auftreten. Der Anstellungsvertrag ist in diesem Fall ein Arbeitsvertrag. Bedenken an der Zulässigkeit bestehen deshalb, weil das arbeitsrechtliche Weisungsrecht mit der autonomen Leitungsbefugnis des Vorstands nach § 76 Abs. 1 AktG kollidiert. Anders als beim Geschäftsführer einer GmbH, der als Organ ohnehin gem. § 37 Abs. 1 GmbHG den Weisungen der Gesellschafterversammlungen unterliegt, ist die Zulässigkeit einer Drittanstellung bei der AG und damit auch bei der SE im dualistischen System umstritten.[49] Auch wenn man aufgrund des Vorrangs des Organverhältnisses die grundsätzliche Möglichkeit einer Drittanstellung bejaht, ist davon in der Praxis aufgrund der faktischen Schwierigkeiten und der nicht vollständig geklärten Rechtslage abzuraten.[50]
2.3.4 Vertragsinhalt
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Die Rechte und Pflichten aus dem Anstellungsvertrag sind in § 84 AktG nicht geregelt. Die wechselseitigen Rechte und Pflichten sind im Anstellungsvertrag von den Vertragsparteien frei auszuhandeln.[51]
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Der aus der Sicht des Vorstands wesentliche Anspruch aus dem Anstellungsvertrag ist der Vergütungsanspruch. Der Vergütungsanspruch unterteilt sich in der Regel in das Fixgehalt und einem variablen Gehaltsbestandteil.
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Insbesondere bei börsennotierten Großunternehmen wird den Vorstandsmitgliedern daneben über Mitarbeiterbeteiligungsprogramme (Stock-Option Programs) die Möglichkeit eingeräumt, Aktien der Gesellschaft zu erwerben. Das Optionsrecht richtet sich in der Regel nach dem Erreichen bestimmter im Vorhinein definierter Unternehmensergebnisse oder der Erreichung eines bestimmten Börsenkurses. Als weiterer Vergütungsbestandteil werden Vorstandsmitgliedern in der Regel Sachbezüge, wie z.B. die Nutzung eines Dienstwagens, eventuell mit Fahrer, der Abschluss von Versicherungen sowie die Gewährung einer