Markenrecht. Jennifer Fraser

Markenrecht - Jennifer Fraser


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FS Erdmann, S 370; vgl auch BGH WRP 2001, 1315 – Marlboro-Dach zu zweidimensionalen Formen). Dabei reicht es allerdings aus, dass der Verbraucher die Markenform erst beim Verbrauch und wegen seiner Verpackung nicht schon beim Kauf zur Kenntnis nimmt (BGH GRUR 2007, 780, 783 – Pralinenform; vgl auch zur Problematik, dass die Verwechslungsgefahr beim Nutzer und nicht beim Käufer auftreten kann BGH GRUR 2006, 763 – Seifenspender).

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      Bei dreidimensionalen Marken sind zunächst sämtliche unterscheidungskräftige formgebende Merkmale herauszuarbeiten. Dies kann beispielsweise für einen Schokoladenriegel bereits eine längliche Form mit halbrundem Querschnitt der Fall sein, jedenfalls wird dies für ein baumrindenartiges Muster auf der Schokolade selbst anzunehmen sein (OLG Köln GRUR-RR 2006, 325, 326 – Duplo). Außer Betracht bleiben müssen die Elemente, die nach § 3 Abs 2 einer Formmarke nicht zugänglich sind (vgl Dembowski FS Erdmann, S 259), was insb für die Elemente gilt, die durch die Art der Ware selbst bestimmt oder zumindest branchenüblich sind (BGH GRUR 2007, 780, 783 – Pralinenform). Bei einer dreidimensionalen Formmarke, die eine für Zigaretten genutzte Prismenverpackung mit abgeschrägten Ecken schützt, soll dieser Besonderheit keine herkunftshinweisende Wirkung zukommen (OLG Hamburg GRUR-RR 2006, 321, 323 – Prismenverpackung/Calumé).

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      Für die Beurteilung der Unterscheidungskraft einer Verpackung ist nach der Rspr des EuGH nicht ausschließlich auf identische oder zumindest sehr ähnliche Waren abzustellen, sondern auf sämtliche Produkte, die in gleichartigen Verpackungen vertrieben werden können, so sind beispielsweise die Verpackungen von Fruchtsäften mit Verpackungen von anderen für flüssige Lebensmittel verwendeten Verpackungen zu vergleichen (EuGH MarkenR 2006, 19, 21 – Standbeutel), weshalb die Auffassung von Dembowski, nach der die Wechselwirkungstheorie bei einem Gegenüberstehen von Formmarken regelmäßig auf die Wechselwirkung zwischen der Zeichenähnlichkeit und der Kennzeichnungskraft der älteren Marke zu reduzieren sein wird (Dembowski FS Erdmann, S 260), zwar regelmäßig zu richtigen Ergebnissen führen wird, jedoch unzutreffend von der Zwangsläufigkeit einer Warenidentität ausgeht.

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      Da Formmarken regelmäßig ohne Größenangaben eingetragen werden, sind sie grundsätzlich auch gegenüber größerer oder kleinerer Wiedergabeform geschützt. Etwas anderes kann jedoch gelten, wenn die ältere Marke mit einer schwachen originären Kennzeichnungskraft (vgl unten Rn 278) seit Jahren nur in einer bestimmten Größe genutzt wird, weshalb ihr nur für diese eine gesteigerte Kennzeichnungskraft zukommt. In diesen Fällen kann eine Begrenzung des Schutzbereiches auf die verwendete Größe gerechtfertigt sein (OLG Hamburg GRUR-RR 2007, 35, 36 – Portionsflasche).

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      Eine durch ähnliche Formen begründete Zeichenähnlichkeit kann nicht durch das Anbringen anderer Markenelemente, insb das Beschriften mit einer Wortmarke, beseitigt werden, da in diesem Falle der Schutz einer Formmarke durch entspr Maßnahmen umgangen werden könnte (zutr OLG Frankfurt MarkenR 2000, 30 – Standbeutel; Dembowski FS Erdmann, S 260).

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      Eine Verwechslungsgefahr kann auch zwischen unterschiedlichen Markentypen bestehen (BGH GRUR 2004, 779, 783 – Zwilling/Zweibrüder; GRUR 1999, 990, 991 – Schlüssel; vgl eingehend zur Verwechslungsgefahr von aus Wort und Bild zusammengesetzten Marken mit nur aus einem Wort oder einem Bild bestehenden Zeichen Fuchs-Wissemann GRUR 1995, 470 ff). Häufigster Anwendungsfall ist dabei die Gegenüberstellung von Wort- und Wort-/Bildmarken. Ferner kommt sie bei einem Gegenüberstehen von Wort- und Bildmarken in Betracht. In der erstgenannten Fallgruppe kann eine optische, klangliche oder begriffliche Ähnlichkeit möglich sein, in letztgenannten Fällen ist nur eine begriffliche Ähnlichkeit denkbar (BGH GRUR 2006, 60, 63 – coccodrillo).

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      Auch bei einem Gegenüberstehen von Wort- und Wort-/Bildmarken ist auf den Gesamteindruck beider Marken, insb dem der Wort-/Bildmarke abzustellen (EuG GRUR 2006, 1026, 1027 – FERRÓ/FERRERO; GRURInt 2005, 705 – GRUPO SADA). Ein visueller Vergleich ist schon deshalb möglich, da beide Marken Gegenstand einer grafischen Gestaltung sein und visuell wahrgenommen werden können (EuG GRUR 2006, 1026, 1027 – FERRÓ/FERRERO; GRURInt 2003, 552 – HUBERT). Der Wortbestandteil muss auch in der Wort-/Bildmarke der dominierende Bestandteil sein (EuG GRURInt 2003, 243 – MATRATZEN; GRURInt 2005, 928 – CM), was der Fall ist, wenn die weiteren Bestandteile lediglich Verzierungen darstellen wie zB Unterstreichungen, Umrahmungen oder Schattierungen. Auch die Einbindung in ein schematisch dargestelltes Schleifenband kann eine solche unbeachtliche Verzierung bedeuten (EuG GRUR 2006, 1026, 1027 – FERRÓ/FERRERO).

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      Eine Verwechslungsfähigkeit von Wort- mit Bildmarken ist nur unter sehr engen Voraussetzungen anzunehmen (so auch LG Köln Urt v 18.12.2012, Az 33 O 803/11). Als Mindestvoraussetzung muss sich der Wortbegriff im Bildzeichen wiederfinden, so dass das Publikum beim Betrachten des Bildzeichens an die Wortmarke denkt (BGH GRUR 1989, 510, 512 – Teekanne II). Es muss nach der zutreffenden Rspr die nahe liegende, ungezwungene und erschöpfende Benennung des Bildzeichens darstellen (BGH GRUR 2006, 60, 63 – coccodrillo; OLG Köln MD 2000, 1241 – PANDA; abgelehnt bei Mozart-Profilzeichnung, OLG München GRUR-RR 2002, 12, 14). Soweit nur die Möglichkeit besteht, dass das Publikum das Bildzeichen unter anderem auch mit dem in Frage stehenden Wort in Verbindung bringen könnte, reicht dies hingegen für die Begr einer Verwechslungsgefahr nicht aus (BGH GRUR 1975, 487, 489 – WMF-Mondmännchen).

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      Eine Verwechslungsgefahr ist zwar grds auch mit fremdsprachigen Worten denkbar, hier ist allerdings eine noch weiter gehende Zurückhaltung geboten, als dies bei sich gegenüberstehenden Wortmarken anzunehmen ist (BPatGE 22, 180, 182 – ESPADA/Sword: Das spanische Wort „Espada“ für Schwert verletzt nicht ein Bildzeichen mit einer Schwertabbildung für Rasierprodukte, da die spanische Bedeutung in Deutschland nicht bekannt ist). Das EuG geht davon aus, dass wegen der weiten Bekanntheit der englischen Sprache eine Übersetzung ins Deutsche gerade nicht üblich sei, eine Verwechslungsgefahr deshalb ausscheide (EuG GRURInt 2005, 586 – Hai/SHARK).

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      Eine begriffliche Ähnlichkeit zwischen Wortmarken und dreidimensionalen Marken ist zwar grundsätzlich möglich, sollte allerdings nur dann angenommen werden, wenn die Wortmarke die naheliegende, ungezwungene und erschöpfende Möglichkeit darstellt, die dreidimensionale Marke zu beschreiben, ohne dass hierfür mehrere gedankliche Zwischenschritte erforderlich seien (BGH MarkenR 2015, 552 Rn 35 – Goldbären, juris; Berlit MarkenR 2013, 169, 174; aA LG Köln GRUR-RR 2013, 102 – Goldbären, das allerdings die überragende Bekanntheit der Marke Goldbären ebenfalls zur Begründung heranzog). Der BGH lehnte eine Zeichenähnlichkeit zwischen der Wortmarke Goldbären und einem in Goldfolie eingepackten Schokoladenbären mit der Beschriftung „Lindt“ und „Teddy“ sowie einem roten Halsband schon deshalb ab, weil die Bezeichnung „Goldbär“ nicht die einzige Möglichkeit darstellte, das Verletzerzeichen zu beschreiben, es kämen gleichermaßen „Teddy“, „Schokoladen-Bär“ oder „Schokoladen-Teddy“ in Betracht (BGH MarkenR 2015, 552 Rn 38 – Goldbären, juris). Zurecht hebt der BGH darauf ab, dass über den Markenschutz kein Motivschutz erreicht werden dürfe.


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