Markenrecht. Jennifer Fraser

Markenrecht - Jennifer Fraser


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darf jedoch nicht dazu führen, dass nur noch eine Beurteilung einzelner Bestandteile einer komplexen Marke erfolgt; vielmehr sind die Marken jeweils als Ganzes miteinander zu vergleichen (EuGH MarkenR 2007, 315 – Limoncello/LIMONCHELO). Die Prägetheorie kommt mithin ausschließlich dann zur Anwendung, wenn einzelne Bestandteile für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können. Auch nicht dominante (Bild-)Bestandteile dürfen bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr nicht unberücksichtigt bleiben (EuGH 20.9.2007 – Rs C-193/06 P Rn 44 ff – QUICKY/QUICKIES).

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      Ob eine Marke durch einen Zeichenbestandteil geprägt ist, bestimmt sich anhand der betreffenden Marke selbst, ohne Rücksicht auf die Vergleichsmarke (BGH GRUR 2002, 342, 343 – ASTRA/ESTRA-PUREN; GRUR 2000, 895, 896 – EWING; GRUR 1996, 198, 199 – Springende Raubkatze; BPatG GRUR 2012, 529, 530 – Fotografierter Schuh; MarkenR 2006, 77, 78 – BIG LEXX).

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      Der BGH nimmt im Rahmen der Prägetheorie an, dass ein Zeichen durch einen Bestandteil geprägt wird, wenn die weiteren Bestandteile für den Verkehr in einer Weise zurücktreten, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (BGH GRUR 2004, 865, 866 – Mustang; GRUR 2004, 598, 599 – Kleiner Feigling; GRUR 2004, 778, 779 – URLAUB DIREKT; WRP 2003, 889, 890 – Goldbarren; GRUR 2000, 1031, 1032 – Carl Link; GRUR 2000, 883, 885 – PAPPAGALLO; GRUR 2000, 233, 234 – RAUSCH/ELFI RAUCH; GRUR 1999, 995, 997 – HONKA; so auch OLG Hamburg MMR 2007, 653, 654 – G-Mail/GMail). Tw stellt er darauf ab, dass hinreichende Anhaltspunkte aus der allg Lebenserfahrung vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, das Publikum werde andere Bestandteile bei der Wahrnehmung des Zeichens vernachlässigen (BGH GRUR 2002, 167, 169 – Bit/Bud). Nach einer Entsch reiche es sogar bereits aus, wenn das Publikum dem Bestandteil die maßgebliche kennzeichnende Bedeutung beimesse und den weiteren Bestandteilen weniger Beachtung schenke (BGH GRUR 2000, 1028, 1029 – Ballermann).

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      Zur Anwendung der Prägetheorie muss sich die Marke in einzelne Bestandteile zerlegen lassen. Dies kommt insb bei Kombinationsmarken, aber auch beispielsweise bei Wortmarken, welche aus mehreren Einzelwörtern bestehen, in Betracht. Zunächst nahm die Rspr eine mehrgliedrige Marke zwar dann an, wenn einzelne Wörter durch Bindestriche getrennt sind, ging jedoch von einer einheitlichen Marke aus, sofern mehrere Wörter zusammengeschrieben (BGH GRUR 2013, 1239, 1242 – VOLKSWAGEN/Volks.Inspektion; GRUR 2008, 909 – Pantogast; GRUR 2008, 905 – Pantohexal) und durch groß geschriebene Mittelbuchstaben getrennt werden (BGH GRUR 2003, 963 – AntiVir/AntiVirus; auch in der Entscheidung BGH GRUR 2001, 1161, 1162 – CompuNet/ComNet ging der BGH von einem Einwortzeichen aus.) Gerade bei der zunehmenden Bedeutung von Domainstreitigkeiten ist zu berücksichtigen, dass bei der Registrierung einer Internetdomain eine Verwendung von Leerzeichen nicht möglich ist (OLG Hamburg MMR 2002, 682 – siehan.de; vgl § 14 Rn 256), weshalb die Zusammenschreibung verstärkt sowohl innerhalb als auch außerhalb der Verwendung in Domainbezeichnungen oder SMS-Handy- bzw -Smartphone-Kurzmitteilungen verwendet wird, so dass eine unterschiedliche Behandlung von zusammengesetzten Worten – sei es durch Abtrennung mit Bindestrichen oder durch Benutzung von großen Mittelbuchstaben (Binnenkapital) – willkürlich erscheint. Die Rspr wendet inzwischen die Prägetheorie ausdrücklich auch auf Einwortzeichen an, soweit sie erkennbar aus mehreren Bestandteilen zusammengesetzt sind (BGH GRUR 2008, 905 Rn 38 – Pantohexal; GRUR 1999, 735 – MONOFLAM/POLYFLAM; GRUR 1998, 924, 925 – salvent/Salventerol; BPatG GRUR 2002, 438, 440 – WISCHMAX/Max – dort iE abl; Fuchs-Wissemann GRUR 1999, 522). Ein einsilbiges Einwortzeichen wird regelmäßig nicht aus mehreren Bestandteilen zusammengesetzt sein (EuG 5.10.2005 – Rs T-423/04, Volltext-ID: 3K267320, unter volltextservice.luchterhand.de – BK Rods/B.K.R.).

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      Der BGH differenzierte seine Prägetheorie zwischenzeitlich in verschiedenen Fallgruppen aus. Danach sind zunächst schutzunfähige und kennzeichnungsschwache Elemente eines Zeichens als nichtprägend anzusehen. Gleiches soll für Bestandteile gelten, die in einen Gesamtbegriff einbezogen sind. Im Weiteren stellt er Grundsätze zur Bewertung auf, nach welchen das Publikum einen Gesamteindruck einer zusammengesetzten Marke gewinnt. Eine Sondergruppe sollen Firmennamen und Stammbestandteile darstellen, welche nach den konkreten Gegebenheiten des Einzelfalles zu bewerten sind. Dies kann dazu führen, dass der Gesamteindruck einer Marke ausschließlich durch einen Bestandteil geprägt wird (BGH GRUR 2002, 626, 628 – IMS).

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      Im Einzelnen:

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       Schutzunfähige und kennzeichnungsschwache Elemente

      Auch kennzeichnungsschwache und schutzunfähige Elemente können im Rahmen einer mehrgliedrigen Marke eingetragen werden, sofern sich die Kennzeichnungskraft und Schutzwürdigkeit aufgrund der übrigen Elemente im Hinblick auf die Gesamtmarke und deren Gesamteindruck begründen lässt (vgl § 8 Rn 45). Bei der Prüfung, welcher Bestandteil einer Marke prägend ist und welcher nicht, erfolgt mithin eine Inzidentprüfung, ob einzelne Markenbestandteile schutzunfähig (vgl § 8) bzw kennzeichnungsschwach (vgl Rn 269) sind (BPatG GRUR 1996, 413).

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      Eine Verwechslungsgefahr ist aufgrund schutzunfähiger Bestandteile nicht begründbar (BGH GRUR 2003, 1040, 1043 – Kinder I; GRUR 2001, 1158, 1160 – Dorf MÜNSTERLAND; GRUR 2000, 608, 610 – ARD-1; OLG Jena MarkenR 2010, 500, 501 – Ovale Umrandung; OLG Köln GRUR-RR 2003, 42, 44 – Anwalts-Suchservice; EuG 17.10.2012 – T-485/10 – Miss B/Miss H; vgl aber EuG 9.3.2012 – T-172/10 – BASE-SEAL/COLAS, bei dem das EuG eine Zeichenähnlichkeit wegen der die Wortbestandteile umgebenden Rauten annahm; die letztgenannte Entscheidung begegnet erheblichen Bedenken, da eine Raute auch im dortigen Segment, dh chemische Erzeugnisse, nicht über eine übliche Gestaltung hinausgehen dürfte), unabhängig davon, ob das Publikum tatsächlich die gegenüberstehenden Marken verwechselt. Ein schutzunfähiger Bestandteil kann aus Rechtsgründen keine Prägung des Gesamteindrucks einer Marke bewirken. Es ist jedoch zunächst von der Schutzfähigkeit der eingetragenen Marke auszugehen (BGH GRUR 2002, 626, 628 – IMS; GRUR 2000, 888, 889 – MAG-LITE; GRUR 2000, 608, 610 – ARD-1). Der BGH hebt zutreffend hervor, dass die Schutzfähigkeit der Marke in der eingetragenen Form ihr nicht abzusprechen sein darf. Diese geht allerding über den schutzunfähigen Bestandteil hinaus, weshalb der Schutz nur auf die konkrete Kombination beschränkt sein und nicht auf dem Umweg der Hinzufügung eines einzelnen, ebenfalls schutzunwürdigen Bestandteiles ein Schutz für freihaltungsbedürftige Bestandteile erreicht werden darf. Allerdings ist es möglich, dass eine jüngere Marke die Kennzeichenrechte der älteren Marke durch die Hervorhebung eines für sich genommen schutzunfähigen Bestandteiles verletzt; dies ist dann anzunehmen, wenn das angesprochene Publikum den Bestandteil zwar als beschreibend erkennt, ihn jedoch beispielsweise wegen der besonderen grafischen Gestaltung als dominierendes Element wahrnimmt (BGH MarkenR 2016, 46, 48 Rn 18 – BSA/DAS; EuGH MarkenR 2015, 543 Rn 20 ff – BGW). Gleichfalls kann die Übernahme der konkreten Kombination für sich genommen schutzunfähiger Bestandteile eine Zeichenähnlichkeit begründen. Dies nahm der BGH beispielsweise für die Begriffe Bio und Gourmet, die jeweils oval umrandet waren an, auch wenn die ältere Marke Bio vorweg-, die jüngere Marke diesen Bestandteil hintangestellt hat (BGH MarkenR 2016, 157, 162 Rn 37 – BioGourmet).

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      Im nächsten Schritt sind kennzeichnungsschwache Bestandteile zu betrachten, die in aller Regel nicht als prägend anzusehen sind. Als solche sind zunächst rein beschreibende Elemente aufzuführen (BGH Beschl v 23.10.2014, I ZR 37/14, K&T 2015, 398 Rn 15, juris; GRUR 2002, 626, 628 – IMS; EuG MarkenR 2006, 431 – ECHINACIN/ECHINAID; HABM GRUR-RR 2006, 403, 406 – Oktobierfest/OKTOBERFESTBIER). Zu diesen gehören insb Rechtsformzusätze wie AG, GmbH, oHG, GbR pp.


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