Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht. Anne Hahn

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zulässiger Satire und unzulässiger Schmähkritik veranschaulichen wolle. In diesem Gedicht beleidigte der Moderator den türkischen Staatspräsidenten drastisch und offen, unter anderem mit Witzen über Sodomieverhalten. Strafrechtlich sah die Staatsanwaltschaft hierin keine Beleidigung, weder gegenüber Erdoǧan als Privatperson (§ 185 StGB) noch als Staatsoberhaupt (§ 103 StGB) und stellte das Verfahren ein, im Wesentlichen weil es an einer ernst gemeinten Herabwürdigung fehle; jedenfalls seien die Aussagen durch die Meinungs- und Kunstfreiheit gerechtfertigt.[140] Die zivilrechtliche Unterlassungsklage führte demgegenüber in erster Instanz zu einem Verbot zur Äußerung des Gedichts in wesentlichen Teilen. Auch wenn die Beschreibungen des Sexuallebens von Erdogan keinen realen Bezug hätten und nicht ernst gemeint seien, müsse der Betroffene sie nicht hinnehmen.[141] Die Entscheidung ist zutreffend, weil es dem Moderator im Rahmen einer Gesamtabwägung auch im Ergebnis erkennbar um eine tiefgreifende Ehrverletzung ohne Sachbezug zum Verhalten des Politikers geht. Demgegenüber hat das LG Hamburg im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens die „politisch unkorrekte“ Bezeichnung einer AfD-Politikerin als „Nazi-Schlampe“ unbeanstandet gelassen, nachdem diese auf einem Parteitag gefordert hatte, „die Political Correctness gehöre auf den Müllhaufen der Geschichte“. Diese Entscheidung über einen Witz zu Political Correctness ist wegen des Sachbezuges zur Äußerung der Politikerin, der im Falle Erdogan gerade nicht erkennbar ist, ebenfalls richtig.[142]

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