Verteidigung von Ausländern. Jens Schmidt
Sinne ist nur bei einer Entscheidung nach § 21 JGG gegeben, nicht jedoch bei einer an andere Voraussetzungen anknüpfenden Aussetzung gemäß § 88 JGG[19].
Hinweis
Hat das Strafgericht die Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt, ist der Tatbestand auch dann nicht erfüllt, wenn diese Entscheidung zum Zeitpunkt der Ausweisungsverfügung widerrufen worden ist.[20]
Im übrigen kann auf die Ausführungen zu § 54 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG verwiesen werden (Rn. 23 ff.).
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§ 54 Abs. 2 Nr. 3. Hat der Ausländer als Täter oder Teilnehmer eine in § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtmG genannte Tat verwirklicht oder versucht, liegt der Tatbestand des § 54 Abs. 2 Nr. 3 AufenthG vor. Durch den Verweis auf § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtmG ist also der Anwendungsbereich eröffnet, wenn der Ausländer ohne Erlaubnis Betäubungsmittel anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ohne Handel zu treiben, ein- oder ausführt, veräußert, an einen anderen abgibt oder sonst in Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft.
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§ 54 Abs. 2 Nr. 3 AufenthG erfasst – anders als das alte Ausweisungsrecht – auch die Beschaffung zum Eigenkonsum, nicht aber den unerlaubten Besitz von Drogen oder deren Konsum.[21] Im Übrigen wird aber jeder Verstoß gegen das BtmG – einschließlich Anstiftung und Beihilfe (!) – vom Tatbestand erfasst. Die Erfüllung des Tatbestandes setzt insbesondere nicht voraus, dass der Verstoß geahndet worden ist, so dass auch die Einstellung des Verfahrens gemäß § 153a StPO in den Anwendungsbereich der Norm fällt,[22] erfolgt eine Einstellung mangels Tatnachweises (§ 170 Abs. 2 StPO) bzw. ein Freispruch tritt indes eine (faktische) Bindung ein, da die Ausländerbehörde in der Regel über keine besseren Erkenntnismöglichkeiten verfügt.[23]
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§ 54 Abs. 2 Nr. 3 AufenthG setzt also auch keine rechtskräftige Verurteilung voraus (vgl. 54.3.1 Anwendungshinweise zum AufenthG)[24]. Auch kommt es – anders als bei § 53 Nr. 2 1. Alt. AufenthG a.F. – nicht darauf an, ob der auf das Betäubungsmitteldelikt entfallende Strafanteil ausgeschieden werden kann, da bereits der Verstoß gegen das BtmG die Ausweisung rechtfertigt.
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Da § 54 Abs. 2 Nr. 3 AufenthG somit wenig Handlungsspielraum lässt, gilt es vorrangig das für die Gesamtabwägung ebenso bedeutsame Bleiberecht (Rn 65 ff.) sowie die Besonderheiten im Zusammenhang mit der Gefahrenprognose zu beachten (Rn. 81 ff.).
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§ 54 Abs. 2 Nr. 4. Einen Ausweisungsgrund stellt auch der Konsum von Heroin, Kokain oder eines vergleichbar gefährlichen Betäubungsmittels dar, sofern der Ausländer zu einer erforderlichen, seiner Rehabilitation dienenden Behandlung nicht bereit ist oder sich dieser Maßnahme entzieht; vergleichbar gefährlich i.S.d. § 54 Abs. 2 Nr. 4 AufenthG sind die in Anlage I, II und III zum BtmG aufgeführten Stoffe, nicht jedoch Canabisprodukte.[25]
Hinweis
Macht der Verteidiger den Drogenkonsum seines Mandanten strafmildernd geltend, sollte er zuvor sicherstellen, dass eine entsprechende Therapiebereitschaft vorhanden ist; andernfalls gerät der Mandant „vom Regen in die Traufe“.
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§ 54 Abs. 2 Nr. 5. Hindert der Ausländer eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Drohung von Gewalt, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben, ist der in § 54 Abs. 2 Nr. 5 AufenthG genannte Tatbestand erfüllt.
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Angesichts der erheblichen Ermittlungs- und Beweisschwierigkeiten hat die Vorschrift keine praktische Relevanz[26].
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§ 54 Abs. 2 Nr. 6. Der Fall der sog. „Zwangsehe“ wird von § 54 Abs. 2 Nr. 6 AufenthG erfasst. Da die „Zwangsehe“ häufig schwer von der nicht erfassten arrangierten Ehe abzugrenzen ist[27] und zudem der entsprechende Straftatbestand zahlreiche weitere Rechtsprobleme aufwirft (vgl. Rn. 164) kommt § 54 Abs. 2 Nr. 6 AufenthG vorwiegend Symbolcharakter zu.
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§ 54 Abs. 2 Nr. 7. Der Tatbestand des § 54 Abs. 2 Nr. 7 AufenthG ist erfüllt, wenn der Ausländer in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde.
Hinweis
Soweit die Verweigerung von Angaben als Anknüpfungspunkt für einen möglichen Ausweisungsgrund genannt wird, ist eine mögliche Kollision mit dem Schweigerecht des Ausländers zu beachten.[28]
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§ 54 Abs. 2 Nr. 8. Gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 8 AufenthG wiegt das Ausweisungsermessen schwer, wenn der Ausländer in einem Verfahren nach dem AufenthG oder zur Erlangung eines einheitlichen Sichtvermerks nach Maßgabe des Schengener Durchführungsübereinkommens falsche oder unvollständige Angaben zum Zwecke der Erlangung eines Aufenthaltstitels gemacht oder trotz bestehender Rechtspflichten nicht an Maßnahmen der für die Durchführung des AufenthG zuständigen Behörde im In- und Ausland mitgewirkt hat, wobei die Ausweisung nach dieser Vorschrift nur zulässig ist, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde.
Da vorsätzliche Falschangaben des Ausländers bzw. die Weigerung, erkennungsdienstliche Maßnahmen zu dulden, bereits nach altem Recht (vgl. § 46 Nr. 2 i.V.m. § 92 Abs. 2 Nr. 2 bzw. 1 Nr. 5 AuslG a.F.) die Ausweisung rechtfertigten, dürfte der Neuregelung – auch weiterhin – primär Klarstellungsfunktion beizumessen sein[29].
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§ 54 Abs. 2 Nr. 9. § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG entspricht im Wesentlichen der alten Regelung des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG a.F.; danach konnte ausgewiesen werden, wer einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen oder außerhalb des Bundesgebietes eine Straftat begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche Straftat anzusehen ist. Die Neuregelung übernimmt den Regelungsinhalt fast vollständig; ersetzt wird lediglich das Wort „Straftat“ durch „Handlung“, womit der Gesetzgeber deutlich machen wollte, dass auch solche Handlungen die Ausweisung rechtfertigen können, die nach ausländischem Recht keinen Straftatbestand erfüllen[30] – wie z.B. die Beschneidung eines Mädchens.[31]
Hinweis
Die Regelung ist im Gesetzgebungsverfahren durch den Bundesrat[32] zu Recht – wenn auch letztlich ohne Erfolg – gerügt worden; hält man sich nämlich vor Augen, dass unter Geltung des alten Ausweisungsrechts bereits Geldstrafen von mehr als 30 Tagessätzen als „nicht mehr geringfügig“ eingestuft wurden (vgl. Rn.