Handbuch des Aktienrechts. Hans-Peter Schwintowski
zum Teil durch entsprechende Stimmverbote (§ 67 Abs. 2 S. 2, 3 AktG) und Ordnungswidrigkeitstatbestände (§ 405 Abs. 2a AktG) sanktioniert.
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Umstritten ist, ob darüber hinaus zusätzliche Angaben über Aktionäre ins Aktienregister aufgenommen werden dürfen.[217] Soweit die betroffenen Aktionäre sich mit einer solchen Speicherung einverstanden erklären, spricht nichts gegen die Ergänzung des Aktienregisters. Klar ist indessen, dass derartige Zusatzinformationen – mit Ausnahme von solchen über dingliche Belastungen der Aktie (Nießbrauch, Pfandrecht)[218] – nicht an der Fiktion des § 67 Abs. 2 AktG teilnehmen.[219]
6.4 Rechtliche Bedeutung des Aktienregisters
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Die besondere Bedeutung des Aktienregisters ergibt sich aus § 67 Abs. 2 AktG. Diese Vorschrift begründet die unwiderlegliche Vermutung, dass – im Verhältnis zur AG – derjenige als Aktionär gilt, der als solcher eingetragen ist.[220] Dies gilt sowohl für etwaige Rechte des Eingetragenen als auch für dessen Pflichten. Zu letzteren zählen namentlich Ansprüche auf Einzahlung der Einlage und die Pflichten zur Rückzahlung verbotswidrig empfangener Leistungen nach § 62 AktG.[221] Diese Vermutungsregelung ist grundsätzlich[222] nur auf das Verhältnis Eingetragener und Gesellschaft anzuwenden. Gegenüber sonstigen Personen gilt allein die materiell-rechtliche Lage. Für die materielle Rechtslage hat die Eintragung also keine Bedeutung.[223] Vielmehr erfolgen Verfügungen über Aktien außerhalb des Aktienregisters, so dass die Eintragung weder Voraussetzung für die Wirksamkeit der Verfügung ist noch unwirksame Verfügungen durch die Eintragung im Register geheilt werden.[224] Die Eintragung in das Register zieht auch keinen Gutglaubensschutz nach sich.[225]
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Die Wirkungen des § 67 Abs. 2 AktG zwischen Gesellschaft und Eingetragenem treten auch dann ein, wenn der Eingetragene, der nicht materiell berechtigt ist, aus der Aktionärsstellung folgende Rechte gegenüber der Gesellschaft geltend macht.[226] Dies gilt selbst dann, wenn der Gesellschaft positiv die materielle Nichtberechtigung des Eingetragenen bekannt ist.[227] Die Gesellschaft muss dem Aktionär folglich Stimmrecht, Auskunftsrecht, Gewinnbezugsrecht, Anfechtungsrecht etc. gewähren. Im Umkehrschluss folgt daraus auch, dass dem wahren, aber nicht eingetragenen Aktionär weder Stimmrecht noch sonstige Mitverwaltungsrechte zustehen. Lediglich für die Auszahlung der Dividende kann das Auseinanderfallen von Registeraktionär und wahrem Aktionär berücksichtigt werden,[228] wenn der Anspruch auf Auszahlung der Dividende in einem Gewinnanteilsschein verkörpert ist, und damit einer gesonderten Legitimation unterliegt.[229]
6.5 Änderungen im Aktienregister
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Wegen der weitreichenden Rechtsfolgen der Eintragung wird diese, abgesehen von der Ersteintragung (vgl. § 67 Abs. 1 AktG),[230] nur auf Antrag der einzutragenden Person vorgenommen. Freilich wird dies bei der Girosammelverwahrung automatisiert vorgenommen.
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Außerhalb der Girosammelverwahrung müssen Veräußerer und Erwerber den Übergang mit entsprechendem Nachweis anzeigen (§ 67 Abs. 3 AktG). Die Mitteilung ist eine rechtsgeschäftsähnliche, formfreie Mitteilung, auf die die Bestimmungen über Willenserklärungen entsprechende Anwendung finden.[231] Teilt allein der Erwerber einer Aktie die Rechtsübertragung mit, muss vor der Neueintragung des Erwerbers zunächst die Löschung des Veräußerers erfolgen,[232] denn in der Veräußerung der Aktie liegt zwingend auch die Bevollmächtigung des Erwerbers, den Rechtsübergang auch im Namen des Veräußerers der Gesellschaft mitzuteilen.[233] Auf der anderen Seite kann die isolierte Anzeige durch den Veräußerer nicht die Eintragung des Erwerbers bewirken.[234]
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Wird ein Altaktionär gelöscht ohne dass der Erwerber in das Register eingetragen wird – etwa weil er seine Eintragung oder die eines Treuhänders nicht wünscht – weist das Register einen sog. „freien Meldebestand“ auf.[235] Dies hat zur Folge, dass der Inhaber einer solchen Aktie seine Verwaltungsrechte und sein Dividendenrecht nicht ausüben kann, da die Vermutung des § 67 Abs. 2 AktG nicht eingreift.[236] In der Praxis – insbesondere wenn die Aktien einer Gesellschaft girosammelverwahrt werden – kommt eine Löschung des Altaktionärs ohne Eintragung des Erwerbers jedoch nicht vor.[237] Freie Meldebestände entstehen in der Praxis vielmehr dadurch, dass Institute bei der Clearstream Banking AG Depotkonten führen, für die sie weder Eintragungsanträge auf die wahren Aktionäre noch auf sich selbst gestellt haben.[238] Um freie Meldebestände im Aktienregister zu vermeiden, ermöglicht § 67 Abs. 4 S. 5 AktG der Gesellschaft, die depotführende Bank anstelle des Aktionärs in das Register einzutragen. Hierfür kommt es nicht auf die Einwilligung des Aktionärs an. Voraussetzung ist lediglich, dass der Aktionär seiner eigenen Eintragung in das Register widersprochen hat. Ist dies der Fall, kann die Gesellschaft gegen Erstattung der notwendigen Kosten von der depotführenden Bank verlangen, dass sie sich anstelle des Aktionärs als Platzhalter, also ohne zur Ausübung von Stimmrechten berechtigt zu sein, in das Register eintragen lässt. Ermächtigt der Aktionär das depotführende Institut hingegen zur Stimmrechtsausübung, ist das Institut zugleich Legitimationsaktionär (§ 135 Abs. 6 AktG). Ein Anspruch der Bank auf Eintragung anstelle des Aktionärs besteht hingegen nicht.[239]
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Der Vorstand kann auch nicht von sich aus tätig werden, selbst wenn er von der Übertragung der Aktien Kenntnis erlangt, solange entspr. Mitteilungen nicht erfolgt sind.[240] Auch der Veräußerer kann nicht durch das in § 67 Abs. 5 AktG vorgesehene Löschungsverfahren seitens der Gesellschaft gelöscht werden, denn dieses Verfahren ist – ausweislich seines Wortlauts – nur dann möglich, wenn zum Zeitpunkt der damaligen Eintragung der Eintragungsinhalt nicht mit der materiellen Rechtslage übereinstimmte.[241]
6.6 Löschung aus dem Aktienregister
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§ 67 Abs. 5 AktG eröffnet der Gesellschaft die Möglichkeit zur Löschung eines zu Unrecht in das Aktienregister eingetragenen Aktionärs. Die im Gesetz als bloße Option dargestellte Möglichkeit ist der Sache nach allerdings eine Pflicht der Gesellschaft, wenn diese Kenntnis von einer zu Unrecht eingetragenen Person hat. Die Pflicht folgt letztlich aus den weit reichenden Folgen, die die Eintragung bewirkt.[242] Zudem haben Aktionäre und rechtlich interessierte Vormänner auch einen klagbaren Anspruch auf Verfahrenseinleitung.[243]
Vor der eigentlichen Löschung muss die Gesellschaft indessen die Beteiligten von der beabsichtigten Löschung benachrichtigen und ihnen eine angemessene Frist zur Geltendmachung eines Widerspruchs setzen. Widerspricht ein Beteiligter innerhalb der Frist, so hat die Löschung zu unterbleiben (§ 67 Abs. 5 S. 2). Beteiligte des Widerspruchsverfahrens sind jedenfalls der Eingetragene und sein Vormann, nach h.M. auch mittelbare Vormänner wegen ihrer Haftung nach § 65 AktG, soweit und solange sie noch haftbar gemacht werden können (§ 65 Abs. 2 AktG).[244] Beteiligte sind ferner Nießbraucher und Pfandgläubiger, sofern von der Eintragungsmöglichkeit dieser dinglichen Belastungen Gebrauch gemacht worden ist.[245]
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Zu Unrecht ist ein Aktionär dann in ein Aktienregister eingetragen, wenn die Eintragung nicht ordnungsgemäß erfolgt ist, der Eingetragene also bspw. zum Zeitpunkt der Eintragungsmitteilung nicht Aktionär war. Ordnungsgemäß ist eine Eintragung dann erfolgt, wenn die die Eintragung veranlassende Person hierzu berechtigt war und die aufgrund dessen einzutragende Person mit der vom Vorstand eingetragenen Person identisch war.[246] Nicht in den Anwendungsbereich von § 67 Abs. 5 AktG fällt hingegen