Handbuch des Aktienrechts. Hans-Peter Schwintowski
nur nach § 67 Abs. 3 erfolgen, selbst wenn die Gesellschaft von der Fehlerhaftigkeit des Aktienregisters Kenntnis haben sollte.[247]
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Die Angemessenheit der Frist zur Geltendmachung des Widerspruchs bemisst sich nach dem zugrunde liegenden Sachverhalt, sollte jedoch grds.h einen Monat nicht unterschreiten.[248] Die Gesellschaft oder jeder Beteiligte, der ein eigenes rechtliches Interesse an der Löschung hat, kann gegen den Widerspruch im Wege der Klage vorgehen.[249] Eine missbräuchliche Löschung gilt als nicht erfolgt.[250]
6.7 Informationsrecht des Aktionärs
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Ein Aktionär kann gem. § 67 Abs. 6 S. 1 AktG Auskunft über die zu seiner Person in das Aktienregister eingetragenen Daten verlangen. Aus datenschutzrechtlichen Gründen („gläserner Aktionär“) dient das Aktienregister jedoch nicht mehr wie noch das Aktienbuch als Informationsquelle des einzelnen Aktionärs über seine Mitaktionäre.[251] Hiervon können börsennotierte Gesellschaften auch nicht abweichen (§ 67 Abs. 6 S. 2 AktG), wohingegen für nicht börsennotierte Gesellschaften – trotz der unklaren Regelung des Satzes 2 – Satzungsfreiheit besteht.[252] Diese können in der Satzung folglich einen Anspruch jedes Aktionärs auf Einsicht in das Aktienregister insgesamt gewähren.
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Gemäß § 67 Abs. 6 S. 3 AktG darf die Gesellschaft die Registerdaten sowie die nach § 67 Abs. 4 S. 2, 3 AktG mitgeteilten Daten für ihre Aufgaben im Verhältnis zu den Aktionären verwenden. Im Rahmen dieser sog. Investor Relations darf die Gesellschaft mit dem Aktionär Kontakt aufnehmen, sofern die Kontaktaufnahme in Bezug zu seiner Mitgliedschaft steht (Einladung zur Hauptversammlung, Rundschreiben, Mailings, etc.). Nicht von § 67 Abs. 6 S. 3 AktG erfasst ist die Nutzung der Daten für Werbung, die gem. § 67 Abs. 6 S. 4 AktG nur dann gestattet ist, wenn der Aktionär nicht widerspricht. Über sein Widerspruchsrecht ist der Aktionär angemessen zu informieren (§ 67 Abs. 6 S. 5 AktG). Eine Weitergabe der Daten an Dritte, insbesondere an Adresshändler, ist unzulässig.[253]
2. Kapitel Grundlagen › III. Grundkapital und Aktie › 7. Aktienrechtliche Nebenpapiere
7. Aktienrechtliche Nebenpapiere
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Neben Aktien sieht das AktG verschiedene Nebenpapiere vor, die in bestimmten Konstellationen von der AG ausgegeben werden können bzw. auszugeben sind. Im Einzelnen handelt es sich um Zwischenscheine, Gewinnanteilsscheine und Erneuerungsscheine.
7.1 Zwischenscheine
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Zwischenscheine oder auch (nach alter Gesetzesterminologie) Interimsscheine sind gem. § 8 Abs. 6 AktG Anteilsscheine, die den Aktionären vor der Ausgabe der Aktien erteilt werden. Die Gesellschaft kann so dem Aktionär seine Mitgliedschaft schon vor Ausgabe der eigentlichen Aktien verbriefen. Zwischenscheine haben daher nur vorläufigen Charakter.
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Der Hauptanwendungsfall für Zwischenscheine ist die bloß teileingezahlte Inhaberaktie. Da Inhaberaktien nach § 10 Abs. 2 S. 1 AktG nicht ausgegeben werden dürfen, wenn diese noch nicht vollständig eingezahlt sind,[254] können Zwischenscheine für die Zeit bis zur vollständigen Einzahlung der Inhaberaktie ausgegeben werden.
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Ein Anspruch auf Ausgabe von Zwischenscheinen besteht aber – vorbehaltlich einer entsprechenden Satzungsregelung – grds. nicht.[255] Werden Zwischenscheine ausgegeben, müssen sie gem. § 10 Abs. 3 AktG auf den Namen lauten, mit der Folge, dass – auch wenn die Satzung nur die Ausgabe von Inhaberaktien vorsieht – ein Aktienregister anzulegen ist und der Aktionär gem. § 67 Abs. 7 i.V.m. Abs. 1 AktG in das Aktienregister der Gesellschaft einzutragen ist. Zwischenscheine, die auf den Inhaber lauten, sind nichtig (§ 10 Abs. 4 S. 1 AktG). Im Übrigen werden Zwischenscheine wie Aktien behandelt (§§ 8 Abs. 4, 10 Abs. 3, 4, 41 Abs. 4, 67 Abs. 7, 68 Abs. 4, 191 AktG). Die Übertragung eines Zwischenscheins erfolgt wie bei Namensaktien, also durch Indossament (§ 68 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AktG) oder durch Abtretung.[256] Bei Vinkulierung von Zwischenscheinen muss zusätzlich die Zustimmung der Gesellschaft erklärt werden.[257] §§ 8 Abs. 1–5, 72 f. AktG gelten entspr.
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Auch Zwischenscheine dürfen erst nach der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister und – bei einer Kapitalerhöhung – erst nach Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung ausgegeben werden (§§ 41 Abs. 4, 191 AktG). Die vorherige Ausgabe von Zwischenscheinen stellt ebenso wie die Ausgabe unter dem Mindestausgabebetrag eine Ordnungswidrigkeit dar (§ 405 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AktG).
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Gegen Rückgabe des Zwischenscheins an die Gesellschaft kann der Aktionär bei Ausgabe der Aktien die verbriefte Anzahl von Aktien verlangen. Im Aufgebotsverfahren kann ein abhanden gekommener oder verlorener Zwischenschein für kraftlos erklärt werden. Ist der Zwischenschein so beschädigt oder verunstaltet, dass die Urkunde zum Umlauf nicht mehr geeignet ist, kann der Berechtigte nach § 74 AktG Erteilung einer neuen Urkunde gegen Aushändigung der alten verlangen.
7.2 Gewinnanteilsschein
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Der Gewinnanteilsschein (Dividendenschein oder Coupon) soll die Legitimation des Aktionärs zum Erhalt der Dividende erleichtern. Gewinnanteilsscheine werden üblicherweise fortlaufend nummeriert und dem Aktionär als sog. Bogen, der normalerweise zehn oder zwanzig Dividendenscheine enthält, ausgehändigt. Da der Anspruch auf Auszahlung der Dividende erst mit Wirksamwerden des Gewinnverwendungsbeschlusses entsteht, verbriefen die Gewinnanteilsscheine zunächst keine (aufschiebend bedingten) schuldrechtlichen Ansprüche.
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Obwohl das Gesetz keine ausdrückliche Verpflichtung zur Ausstellung von Gewinnanteilsscheinen vorsieht,[258] soll den Aktionären nach ganz h.M. ein Anspruch auf Verbriefung zustehen, wenn dieser nicht in der Satzung ausgeschlossen ist.[259]
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Der Gewinnanteilsschein ist ein Inhaberpapier, da er – soweit der schuldrechtliche Anspruch auf Dividendenauszahlung begründet wurde – den selbstständig übertragbaren Dividendenanspruch verbrieft. Er stellt eine Inhaberschuldverschreibung i.S.d. § 793 BGB dar. Die Übertragung richtet sich damit nach den allgemein für Inhaberpapiere geltenden Vorschriften der §§ 929 ff. BGB, und über § 935 Abs. 2 BGB ist auch bei Abhandenkommen des Papiers gutgläubiger Erwerb möglich.
7.3 Erneuerungsschein
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Mit den Dividendenscheinen werden zugleich sog. Erneuerungsscheine (Talons) ausgegeben, mit denen der Aktionär, nachdem die Gewinnanteilsscheine verbraucht wurden, den Nachweis zum Erhalt neuer Gewinnanteilsscheine führen kann. Hierbei handelt es sich um schlichte Legitimationspapiere.[260]
Anmerkungen
Zu den Grundsätzen der Unterkapitalisierung vgl. oben Rn.