Rechtsgeschichte. Susanne Hähnchen

Rechtsgeschichte - Susanne Hähnchen


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Kinder, die Ehefrau und die Sklaven, die ursprünglich auch zur familia gehörten (Rn. 62). Pecunia kommt vermutlich von pecus (Vieh), das in der frühen Tauschwirtschaft ein wichtiges Zahlungsmittel war, meint aber später in abstrakterem Sinne das Geld oder Vermögen. Zur Zeit der XII Tafeln gab es jedoch noch kein geprägtes Geld. Man sprach auch von familia pecuniave, also wohl im Sinne von Mensch und Vieh.

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      Ein weiterer rechtlich zentraler Begriff neben persona (Rn. 61) war res (Sache). Eigentum an einer Sache konnte nur der pater familias haben, zu dessen patria potestas das Eigentum gehörte. Hauskinder und Sklaven erwarben ggf. für ihren Herrn. Einen Begriff für das Eigentum gab es in dieser Zeit nicht und es war (noch) nicht klar vom Besitz unterschieden.

      Die Sachen wurden in res mancipi und res nec mancipi eingeteilt.[25] Res mancipi, also Sachen die durch mancipatio (Rn. 68) wirksam übereignet wurden, waren Grundstücke in Italien, Sklaven (die also res und persona zugleich waren) sowie einheimische Zug- und Lasttiere (Rinder, Pferde, Maultiere, Esel). Außerdem gehörten dazu die nicht körperlichen Dienstbarkeiten an italischen ländlichen Grundstücken (Feldservituten). Es handelt sich zusammengenommen um die existentiellen Grundlagen der landwirtschaftlichen Produktion.

      Alle anderen Sachen (re nec mancipi) wurden nicht durch mancipatio, sondern von alters her durch formlose traditio (Übergabe) übereignet.

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      Die Übereignung von res mancipi (Rn. 67) geschah durch das stark formalisierte Geschäft der Manzipation (mancipatio von manus = Hand und capere = ergreifen). Sie diente auch dem „Verkauf“ und der Freilassung von Hauskindern (Rn. 64). Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft nach heutiger Terminologie, also Kaufvertrag und Übereignungsgeschäft, waren eine Einheit (formeller Barkauf). Dazu Gaius Inst. 1, 119:

      Est autem mancipatio, ut supra quoque diximus, imaginaria quaedam venditio; quod et ipsum ius proprium civium Romanorum est, eaque res ita agitur: adhibitis non minus quam quinque testibus civibus Romanis puberibus et praeterea alio eiusdem condicionis, qui libram aeneam teneat, qui appellatur libripens, is qui mancipio accipit, rem tenens ita dicit hunc ego hominem ex iure quiritium meum esse aio isque mihi emptus esto hoc aere aeneaque libra; deinde aere percutit libram idque aes dat ei, a quo mancipio accipit, quasi pretii loco.

       Übersetzung:

      Die Manzipation ist aber, wie wir oben gesagt haben, eine Art Scheinverkauf; auch dieses Geschäft gehört zu dem Recht, das allein den römischen Bürgern eigen ist, und es wird wie folgt vollzogen: Unter Hinzuziehung von mindestens fünf mündigen römischen Bürgern als Zeugen und eines weiteren Mannes desselben Status, der eine bronzene Waage zu halten hat, dem sogenannten Waagehaltern spricht derjenige, der durch Manzipation erwirbt, indem er die Sache ergreift, wie folgt: Dass dieser Sklave nach dem Recht der Quriten mir gehört, behaupte ich, und er soll mir gekauft sein mit diesem Kupferstück und mittels der bronzenen Waage. Dann schlägt er mit dem Kupferstück gegen die Waage und übergibt demjenigen, von dem er durch Manzipation erwirbt, das Kupferstück gleichsam als Kaufpreis.

      Der Bericht des Gaius stammt aus dem 2. Jh. n. Chr.; was er aus der späteren Perspektive (Rn. 126) als Scheinkauf mit Kupferstück bezeichnet, ist der Überrest des ursprünglichen Vorganges, der nicht nur symbolisch war, denn zur Zeit der XII Tafeln und bis mindestens 320 v. Chr. wurde das Metall als Zahlungsmittel tatsächlich abgewogen, weil es kein geprägtes Geld (und erst recht keine Geldscheine) gab. Wegen der verwendeten Waage (libra) bzw. dem Abwägen spricht man auch von einem Libralakt. Das quiritische Recht ist das Recht der römischen Bürger (quirites, cives); der Ausdruck wurde vor allem im sachenrechtlichen Zusammenhang verwendet. Alle Beteiligten an diesem ritualisierten Vorgang (Veräußerer, Erwerber, Waagehalter und fünf Zeugen) waren notwendigerweise römische Bürger und nur diese konnten Eigentum an res mancipi haben.

      Die zu sprechende Formel erinnert auffällig an die legis actio sacramento in rem (Rn. 57 f). Über ihren Ursprung wissen wir nichts Sicheres. Es handelt sich jedenfalls um ein Produkt der frühen Priesterjuristen (Rn. 49 f). Der Veräußerer schwieg, wie ein Beklagter, welcher der Rechtsbehauptung des Klägers im Eigentumsprozess nicht widerspricht. Die Einhaltung der vorgeschriebenen Form ließ den Erwerber Eigentümer werden, weshalb man – ebenso wie für die Legisaktionen und die Stipulation (Rn. 72) – von Wirkformen spricht.

      Neben der mancipatio bildete sich später die in iure cessio heraus. Dabei behauptete der Erwerber gleich einem Kläger sein Recht vor dem Prätor, der Veräußerer schwieg, und der Prätor sprach die Sache dem Erwerber zu.

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      Die Anfänge des Schuldrechts und zugleich wohl des staatlichen Rechts sind (nicht nur in Rom) im Delikt zu suchen. Taten wie Mord und Totschlag, Körperverletzung, Diebstahl und Beleidigung berechtigten den Geschädigten – oder falls er getötet worden war seine Familie – zunächst zur undifferenzierten Selbsthilfe (Rache). Diese milderte sich im Laufe der Zeit zur Talion, d.h. der Geschädigte durfte dem Täter das antun, was dieser ihm angetan hatte, aber nicht mehr (ähnlich im Alten Testament, Ex. 21, 23-25: Auge um Auge, Zahn um Zahn).

       XII tab. 8, 2:

      Si membrum rupsit, ni cum eo pacit, talio esto.

      (Wenn er ihm ein Glied gebrochen hat und sich nicht mit ihm [auf Buße] einigt, soll die Talion stattfinden.)

      Die Rache konnte also abgelöst werden, durch Sach- oder Geldbuße, z. B. wurde ein „Sündenbock“ anstelle des Schädigers ausgeliefert. Die Bußen wurden ursprünglich durch streitbeilegendeVereinbarung (pacisci, pactum, Rn. 54, 71) festgelegt, später im Interesse des inneren Friedens vom Gemeinwesen erzwungen. Zunächst waren es feste Bußsätze, später ging man zu Schadensersatz über (lex Aquilia, Rn. 108).

      Strafrecht und privates Schuldrecht kann man auf der frühen Entwicklungsstufe noch nicht unterscheiden. Sowohl die Geldstrafe (heute Strafrecht) als auch der Schadensersatz (heute Zivilrecht) haben ihre Wurzeln in den Bußen. Gemeingefährliche Übeltäter wurden allerdings, sobald sich eine entsprechende Staatsgewalt herausgebildet hatte, für sacer (den Göttern geweiht, d.h. vogelfrei) erklärt oder mit dem Tode bestraft.

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      Hatte ein Hauskind, ein Sklave oder auch ein Tier einen Schaden angerichtet, so haftete der pater familias. Er konnte den Schaden ersetzen oder dem Geschädigten den Täter durch mancipatio ausliefern (noxae datio oder deditio, XII tab. 12, 2, Gaius Inst. 4, 75).

      Die Verletzung von Sklaven war noch zusammen mit der von Freien geregelt, aber es gab nur die halbe Buße:

       XII tab. 8, 3:


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