Rechtsgeschichte. Susanne Hähnchen

Rechtsgeschichte - Susanne Hähnchen


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des Erblassers mindestens ein Viertel ihres Intestaterbteils verbleiben musste (quarta Falcidia). Erwähnte der Erblasser diese Verwandten in seinem Testament nicht, so konnte der Berechtigte als Noterbrecht seine volle (Intestat-)Erbportion einklagen. Geschwistern des Erblassers stand das falzidische Viertel zu, wenn ihnen im Testament eine turpis persona (unehrenhafte Person) vorgezogen war. Der Rechtsbehelf, mit dem das Noterbrecht geltend gemacht wurde, war die querela inofficiosi testamenti (Klage wegen pflichtwidrigen Testaments).

      Einen Ehegattenpflichtteil gab es nicht, wie das römische Recht überhaupt zurückhaltend in der Frage des Ehegattenerbrechts war. Zur Versorgung der überlebenden Ehefrau diente, wie gesagt, in erster Linie die Mitgift (dos).

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      Im Sachenrecht blieb die Zweiteilung in res mancipi und res nec mancipi (Rn. 67 f) bestehen. Der hochklassische Jurist Gaius doziert dazu:

       Inst. 2:

      18. Magna autem differentia est inter mancipi res et nec mancipi. 19. Nam res nec mancipi ipsa traditione pleno iure alterius fiunt, si modo corporales sunt et ob id recipiunt traditionem. 20. Itaque si tibi vestem vel aurum vel argentum tradidero sive ex venditionis causa sive ex donationis sive quavis alia ex causa, statim tua fit ea res, si modo ego eius dominus sim. 21. In eadem causa sunt provincialia praedia, quorum alia stipendiaria, alia tributaria vocamus: stipendiaria sunt ea, quae in his provinciis sunt, quae propriae populi Romani esse intelleguntur; tributaria sunt ea, quae in his provinciis sunt, quae propriae Caesaris esse creduntur. 22. Mancipi vero res sunt, quae per mancipationem ad alium transferuntur; unde etiam mancipi res sunt dictae.

       Übersetzung:

      18. Ein großer Unterschied aber besteht zwischen res mancipi und res nec mancipi. 19. Denn die res nec mancipi werden durch Übergabe selbst vollen Rechts eines anderen, wenn sie körperlich sind und deshalb übergeben werden können. 20. Daher, wenn ich dir ein Kleidungsstück oder Gold oder Silber übergebe, sei es auf Grund Verkaufs oder Schenkung oder aus irgendeinem anderen Grund, wird diese Sache sogleich dein, wenn ich nur Eigentümer bin. 21. In der gleichen Lage sind Provinzialgrundstücke, von denen wir manche stipendiarische, andere tributarische nennen. Stipendiarische sind die, welche in den Provinzen sind, die dem römischen Volke gehören. Tributarische sind die, welche in den Provinzen sind, von denen man annimmt, dass sie dem Kaiser zu eigen sind. 22. Res mancipi aber sind, welche durch Manzipation auf einen anderen übertragen werden.

      Faktisch geriet die mancipatio als an sich erforderliche Übereignungsgeschäft für res mancipi aber zunehmend außer Gebrauch, wie schon beschrieben wurde (Rn. 125 f).

      Ebenso erhalten blieben die Ersitzung vom Nichteigentümer erworbener Sachen und der darauf beruhende gutgläubige Erwerb mithilfe des Schutzes durch die actio Publiciana (Rn. 124).

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      Im Schuldrecht versuchte man spätestens in klassischer Zeit, die Obligationen systematisch nach ihren Entstehungsgründen einzuteilen. Bei Gaius heißt es im 3. Buch seiner Institutionen:

       Inst. 3:

      88. Nunc transeamus ad obligationes, quarum summa divisio in duas species diducitur: omnis enim obligatio vel ex contractu nascitur vel ex delicto.

      182. Transeamus nunc ad obligationes, quae ex delicto nascuntur, veluti si quis furtum fecerit, bona rapuerit, damnum dederit, iniuriam commiserit. quarum omnium rerum uno genere consistit obligatio, cum ex contractu obligationes in IIII genera diducantur, sicut supra exposuimus.

       Übersetzung:

      88. Nun wollen wir zu den schuldrechtlichen Verbindlichkeiten übergehen, deren Anzahl in zwei Arten eingeteilt wird. Jegliche Obligation entsteht nämlich aus Kontrakt oder aus Delikt.

      182. Wir wollen nun zu den Obligationen übergehen, die aus Delikt entstehen, wie wenn jemand einen Diebstahl verübt, Güter raubt, Schaden anrichtet, eine Persönlichkeitsverletzung begeht. Bei allen diesen Dingen besteht eine Obligation einer Art, während die Obligationen aus Kontrakt in vier Arten eingeteilt werden, wie wir oben auseinandergesetzt haben.

      Heute verstehen wir Kontrakt im Sinne von Vertrag. Die Obligationen kann man aber nur grob in solche aus Vertrag und solche aus Delikt einteilen. Innerhalb des BGB unterscheiden wir zwischen vertraglichen und gesetzlichen Schuldverhältnissen und zählen zu denen aus Gesetz neben dem Delikt auch die ungerechtfertigte Bereicherung und die Geschäftsführung ohne Auftrag (negotiorum gestio). Gerade diese beiden fehlen aber im Schema der Gaius-Institutionen. Sie hätten darin nur einen Platz, wenn man annähme, Gaius habe unter contractus jeden rechtmäßigen Bindungsakt verstanden, im Gegensatz zum rechtswidrigen Delikt. Das passt aber nicht zu einer anderen, möglicherweise überarbeiteten Gaius-Stelle, die den Institutionen auch vom Zusammenhang her sehr ähnlich ist:

       Dig. 44, 7, 1 pr.:

       Gaius libro secundo aureorum. Obligationes aut ex contractu nascuntur aut ex maleficio aut proprio quodam iure ex variis causarum figuris.

       Übersetzung:

      Gaius im zweiten Buch der „Goldenen“: Obligationen entstehen entweder aus Kontrakt oder aus Untat oder gewissermaßen durch das Recht selbst aus verschiedenen Figuren von Rechtsgründen.

      Unter den verschiedenen, sonstigen Gründen nennt der Verfasser der „goldenen Regeln“[21] denn auch die ungerechtfertigte Bereicherung und die Geschäftsführung ohne Auftrag.[22] In den Gaius-Institutionen hingegen werden sie in der folgenden weiteren Unterteilung nicht explizit in den Zusammenhang mit dem Schema der kontraktlichen Obligationen gebracht.

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      In Inst. 3, 89 unterteilt Gaius die kontraktlichen Obligationen weiter:

      Et prius videamus de his, quae ex contractu nascuntur. harum autem quattuor genera sunt: aut enim re contrahitur obligatio aut verbis aut litteris aut consensu.

       Übersetzung:

      Und zuerst wollen wir die betrachten, die aus Kontrakt entstehen. Deren Arten aber sind vier: Entweder nämlich durch (Hingabe einer) Sache wird die Obligation begründet oder Worte oder Schrift oder Konsens.

      Auf diese Einteilung wurde hier schon eingegangen (Rn. 132). Für die Realobligation gibt Gaius sodann in Inst. 3, 90 das Beispiel Darlehen und fährt fort:

       Gaius Inst. 3, 91:

      Is quoque, qui non debitum accepit ab eo, qui per errorem solvit, re obligatur; nam proinde ei condici potest si paret eum dare oportere, ac si mutuum accepisset. unde quidam putant pupillum aut mulierem, cui sine tutoris auctoritate non debitum per errorem datum est, non teneri condictione, non magis quam mutui datione. sed haec species obligationis non videtur ex contractu consistere, quia is, qui solvendi animo dat, magis distrahere vult negotium quam contrahere.

       Übersetzung:

      Auch derjenige, der etwas nicht Geschuldetes von dem annimmt, der aufgrund Irrtums leistet, wird durch [Hingabe einer] Sache verpflichtet. Denn darauf kann man von dem kondizieren [nach der Formel] „wenn es sich herausstellt, dass er geben muss“, als wenn er ein Darlehen angenommen hätte. Daher glauben manche, dass ein Minderjähriger oder eine Frau, dem bzw. der ohne Genehmigung des Vormunds etwas nicht Geschuldetes irrtümlich gegeben worden ist, nicht


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