Rechtsgeschichte. Susanne Hähnchen

Rechtsgeschichte - Susanne Hähnchen


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des Freilassenden benachteiligten, waren nichtig. Verbrecherische Sklaven wurden bei Freilassung peregrini dediticii (Rn. 76). Sonst führte die (formgerechte) Freilassung zum Erwerb des römischen Bürgerrechts (Rn. 42, 61, 174).

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      Später bevorzugten die Kaiser den Senat als Organ der Gesetzgebung (Rn. 140), obwohl die senatus consulta offiziell nie bindende Wirkung erhielten, sondern nur Empfehlungen darstellten. Da diese Senatsbeschlüsse aber dem Willen des (antragsbefugten) princeps entsprachen, wagte niemand, ihnen zuwider zu handeln. Als Beispiele solcher senatus consulta auf dem Gebiet des Privatrechts werden hier die folgenden angeführt:

      Das senatus consultum Velleianum (etwa 46 n. Chr.) erklärte Interzessionen von Frauen für unwirksam. Interzession bedeutet das Eintreten für fremde Schulden, also (befreiende) Schuldübernahme, Schuldbeitritt, Bürgschaft, aber auch Verpfändung und die Aufnahme von Darlehen im fremden Interesse. Grund der Regelung war die damalige Vorstellung, Frauen seien allgemein weichherzig, aber unklug. Praktisch wurde das senatus consultum dadurch verwirklicht, dass die verklagte Frau eine Einrede erhielt (exceptio senatus consulti Velleiani). Das Interzessionsverbot für Frauen galt im gemeinen Recht bis zum Inkrafttreten des BGB.

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      Hauskinder konnten bekanntlich zu Lebzeiten ihres Vaters für sich selbst kein Eigentum erwerben (Rn. 67, 133). Zwar waren sie in der Lage, sich zu verpflichten, aber das Vermögen zur Begleichung solcher Schulden fehlte ihnen. Um seine ihn bedrängenden Gläubiger befriedigen zu können, ermordete daher ein Haussohn namens Macedo seinen Vater. Der Kriminalfall bot den Anlass für das senatus consultum Macedonianum (zwischen 69 und 79 n. Chr.), wodurch Gelddarlehen an Söhne, die unter väterlicher Gewalt standen, verboten wurden. Im Formularprozess gewährte der Prätor dem beklagten Haussohn eine Einrede, die exceptio senatus consulti Macedoniani.

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      Mit Rücksicht auf die augusteischen Ehegesetze fielen manche Erbschaften als „kaduk“ an das Aerar oder (später) an den Fiskus (Rn. 149). Sein Recht an solchen Nachlässen machte der Staat mit der sog. vindicatio caducorum geltend, nicht im Formularprozess, sondern im Verfahren der cognitio (Rn. 155). Für einen solchen Prozess bestimmte das senatus consultum Iuventianum (129 n. Chr., unter Hadrian), dass der gutgläubige private Besitzer der Erbschaft nur haftete, soweit er noch bereichert war. Hatte er indessen im Bewusstsein des Fehlens seines Rechts gewollt Erbschaftsgegenstände fortgegeben, so war er dafür verantwortlich, d.h. er wurde zur Zahlung eines Geldbetrages verurteilt, der den Wert der fehlenden Gegenstände einschloss. Benannt ist der Senatsbeschluss nach dem Juristen Publius Iuventius Celsus, von dem später noch die Rede sein wird (Rn. 167). Hier liegt der Ursprung unserer §§ 2018, 2021 BGB, die weitgehend der Regelung des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses (§§ 987 ff BGB) entsprechen. Die §§ 987 ff BGB haben ihre Wurzeln in der Geldkondemnation bei der rei vindicatio (Rn. 57 ff), in deren Berechnung auch Nutzungen, Schadensersatz und Verwendungen einbezogen wurden.

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      Die Rechtsfortbildung durch die Prätoren (Rn. 117 ff) blieb auch im Prinzipat zunächst noch möglich. Um 130 n. Chr. ließ der Kaiser Hadrian jedoch die Edikte des Stadt- und des Fremdenprätors sowie das Edikt des kurulischen Ädils (zum Kaufrecht) durch den Juristen Salvius Iulianus (Rn. 166) in eine Fassung bringen, die nur noch mit Erlaubnis des princeps geändert werden durfte. Damit wurde das ohnehin schon weitgehend fest stehende Edikt endgültig zum edictum perpetuum (ewigen Edikt). Die Rechtsgrundlage für die „Versteinerung“ des Edikts ist nicht bekannt. Jedenfalls reichte der Wille des Kaisers aus, um eine prätorische Rechtsbildung für die Zukunft zu unterbinden. Unklar ist, ob auch die Edikte der Provinzstatthalter, die den römischen weitgehend ähnelten, festgeschrieben wurden.

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      Dem vom Prätor eingeleiteten Formularprozess machte in der Kaiserzeit eine neue Prozessart Konkurrenz, die extraordinaria cognitio (außerordentliche Untersuchung, gerichtliche Erkenntnis). Hier entschied ein beamteter Richter ohne Erteilung einer Klagformel auf Grund des freien Sachvortrags der Parteien. Es handelte sich um eine Klage (actio) im untechnischen Sinne, also nur nach den Regeln des materiellen Rechts, woraus sich später der (materielle) Anspruch entwickelte. Die Einrede (exceptio) war nun nicht mehr eine „Ausnahme“ von den Verurteilungsbedingungen, sondern jedes dem Beklagten günstige Vorbringen. Der Prozess war nicht zweigeteilt und der Richter hatte viel mehr Einfluss auf das Verfahren, das mit einer halbamtlichen Ladung begann und mit einem schriftlichen Urteil endete.

      Die Anfänge dieser „modernen“ Prozessart gehen wohl mindestens auch auf Prozesse zwischen bzw. mit Peregrinen (Nichtrömern) in den Provinzen zurück, was eine erstaunliche Parallele zur Entstehung des Formularverfahrens darstellt. Beide Male dürfte also der (wirtschaftliche) Kontakt mit Fremden sich erneuernd und belebend auf das römische Recht ausgewirkt haben.

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      Augustus setzte kaiserliche Beamtenrichter zunächst zur Entscheidung von Rechtsfragen ein, für die es im Edikt keine Formel gab. Das waren einmal Prozesse um angeblich „kaduke“ Nachlässe im Besitz des Aerars (Rn. 149, 153).

      Zum anderen konnten (römisch-rechtliche) Fideikommisse in der extraordinaria cognitio eingeklagt werden. Fideikommisse waren ursprünglich rechtlich unverbindliche Bitten an den Erben, einzelne Nachlassgegenstände oder unter gewissen Umständen auch den ganzen Nachlass an einen Dritten (fideicommissarius) herauszugeben, so etwa die „Bitte“ an die erbende Ehefrau, den Nachlass im Falle ihrer Wiederverheiratung den gemeinsamen Kindern zu überlassen. Fideikommisse wurden üblicherweise in formlosen Nachträgen zum Testament (Kodizillen) angeordnet. Augustus ließ Klagen aus Fideikommissen zu, und zwar auch, wenn ein Peregrine bedacht war. Fideikommisse dienten bald dazu, Wirkungen ähnlich der unserer Vor- und Nacherbschaft zu erreichen, die dem römischen Recht fremd war (semel heres – semper heres; einmal Erbe – immer Erbe).

      Ein weiteres Beispiel für die extraordinaria cognitio war das Honorar (honorarium = Ehrensold) für einen an sich unentgeltlichen Auftrag. Der Auftrag (mandatum) hatte höhere Dienste (operae liberales) zum Gegenstand. Niedere Dienste (operae illiberales) wurden auf Grund locatio conductio (Rn. 132) für Lohn (merces) geleistet.

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      Zum kaiserlichen Beamtenprozess wurden im Laufe des Prinzipats auch Klagen zugelassen, die an sich im Formularverfahren hätten erhoben werden können. Die


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