Märchen & Sagen aus dem Lande Baden und der Umgebung. Bernhard Baader

Märchen & Sagen aus dem Lande Baden und der Umgebung - Bernhard Baader


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      Als eines Abends in Freiburg ein betrunkener Student an das hohe Kruzifix bei der Martinskirche kam, machte er, um es zu verhöhnen, die Hosen hinunter und zeigte ihm den bloßen Hintern. Da ward er, zur Strafe, in ein Kalb verwandelt, das seitdem, unter dem Namen des Stadtthiers, in den Straßen spukt. Es sucht an dem Kreuz die Gestalt des Heilands zu erreichen, und wenn ihm dies gelänge, wäre es erlös't.

      59. Kruzifix senkt das Haupt.

       Inhaltsverzeichnis

      In der Kirche des Klosters Adelhausen befindet sich auf dem mittlern Altar ein hölzernes Kruzifix, dessen Haupt tief herabhängt. Jedes Jahr senkt sich dasselbe mehr, und wenn es endlich ganz mit dem Kinn auf der Brust liegt, dann geht die Welt unter.

      60. Macht Maria's.

       Inhaltsverzeichnis

      Vor etwa zehn Jahren behauptete ein lutherischer Schüler in Freiburg gegen mehrere seiner Genossen, daß die Muttergottes ohne alle Macht sei. Um dies zu beweisen, sägte er dem hölzernen Marienbilde auf dem Altar der Nothhelferkapelle nachts den Kopf ab und warf ihn hinweg. Drei Tage darauf begann sein Hals an den Stellen, wo er jenen des Bildes durchgesägt zu faulen, und obgleich er in das Spital gebracht und die Hülfe der geschicktesten Aerzte angewendet wurde, nahm doch das Uebel täglich mehr überhand. Nunmehr erkannte er die Macht der seligsten Jungfrau, bekannte seine Frevelthat und verschied reumüthig. Das verstümmelte Bild hatte man in der Kapelle bei Seite gestellt, allein, nachdem es einigemal von selbst auf seinen alten Platz gekommen war, ließ man es daselbst stehen, und es wird seitdem viel zu ihm gewallfahrtet.

      61. Das Mädchenkreuz.

       Inhaltsverzeichnis

      Am Tage vor Fronleichnam hütete einst, auf dem Freiburger Schloßberge ein dreizehnjähriges Mädchen weidende Rinder. Plötzlich fing eines derselben an, mit seinem Horn den Boden aufzureißen und grub endlich eine silberne Scheibe heraus. Auf ihr befand sich, in erhabener Arbeit, ein Kruzifix zwischen Maria und Johannes. Das Mädchen rief gleich Leute herbei und ließ durch sie das Geschehene in der Stadt anzeigen, worauf die Scheibe mit Kreuz und Fahne in's Münster abgeholt ward. An dem Orte, wo sie gefunden worden, errichtete man ein hölzernes Kreuz und sorgte zugleich für die lebenslängliche Pflege des Rindes, das nicht geschlachtet werden durfte. Sobald das Mädchen erwachsen war, ging sie ins Kloster. Weil man ihr die Scheibe verdankt, wird dieselbe bei Bittgängen stets den Mädchen vorgetragen, und deßhalb das Mädchenkreuz genannt. Statt des hölzernen Kreuzes, welches dreimal vom Blitz zerstört ward, steht jetzt weiter unten ein steinernes Kruzifix.

      62. Hexe als Hase.

       Inhaltsverzeichnis

      An zwei Tagen sah ein Jäger aus Freiburg im Walde des Schloßbergs einen Hasen und schoß nach ihm, aber beide Male blieb derselbe ruhig stehen, blickte den Mann spottend an und entfloh erst dann, als jener auf ihn zueilte. Da muthmaßte der Jäger, daß Hexerei im Spiele sei, lud sein Gewehr mit geweihtem Pulver und schoß damit auf den Hasen, als er ihn zum dritten Mal gewahrte. Statt desselben stand nun ein Portiunkulaweiblein auf dem Kopfe da, welches eine blutende Schußwunde in der Brust hatte und, als der Jäger es anrührte, todt zu Boden fiel.

      63. Die Goldgrube bei Zähringen.

       Inhaltsverzeichnis

      Als die Herzoge von Zähringen das Freiburger Münster zu bauen begannen, fanden sie in ihrem Burgberge eine reiche Goldgrube, deren Ausbeute ihnen die großen Baukosten bestreiten half. Kaum war das Gebäude vollendet, so war die Goldgrube verschwunden. Um sie wieder aufzufinden, ließ ein späterer Burgherr durch seine Bergleute große Arbeiten vornehmen, wobei sie in ein unterirdisches Gewölbe kamen, in dem ein brennendes Licht auf einem Tische stand. An diesem saß eine schneeweiße Frau, mit einem Bund Schlüssel in der Hand, welche den Eintretenden zurief: »Entfernt euch augenblicklich und lasset euer unnützes Suchen; denn das Gold wird niemals wieder gefunden.« Voll Schrecken eilten die Bergleute davon, und seitdem hat niemand mehr gewagt, die Grube aufzusuchen.

      64. Brod wird zu Schlangen und Kröten.

       Inhaltsverzeichnis

      Im badischen Oberlande war eine Bäuerin, welche keinem Armen ein Almosen verweigerte und jedem wenigstens ein Stück Brod gab. Nachdem sie gestorben, und ihr Mann wieder eine Frau genommen, wollte diese sehen, wie viel jene den Armen gegeben hatte. Zu dem Ende legte sie, so oft ein Almosen von ihr begehrt wurde, ein Stück Brod in einen verschlossenen Kasten, während sie den Bettelnden mit einem leeren »Helf Gott« abspeis'te. Als so ein Jahr vorübergegangen, und der Kasten ganz voll war, führte sie ihren Mann zu demselben, um ihm zu zeigen, wie viel seine erste Frau verthan habe. Sie öffnete den Deckel, und sieh! statt mit Brodstücken, war der Kasten mit Schlangen und Kröten angefüllt, worüber beide heftig erschraken, und die Frau die Größe ihrer Sünde erkannte. Bei verschiedenen Geistlichen beichtete sie, aber keiner wollte sie lossprechen, und einer von ihnen, ein frommer Greis, rieth ihr, sich an den heiligen Vater zu wenden. In Begleitung ihres Mannes pilgerte sie nun nach Rom und legte vor dem Papst ein reumüthiges Sündenbekenntniß ab. Als sie damit zu Ende war, hieß er sie auf zwei Stunden abtreten, während deren er die Sache bedenken wolle; bei ihrer Wiederkunft aber gab er ihr die Lossprechung, mit der Buße: in der nächsten Nacht in einer verschlossenen Stube allein zu sein und die Schlange und die Kröte zu küssen, welche zwischen elf und zwölf zu ihr kämen. Alsdann entdeckte er ihrem Mann, daß sie, wie ihm offenbart worden, von den Schlangen und Kröten gefressen werden müsse; er hiernach ihre Buße bestimmt habe, und auf ihr Jammergeschrei in der Nacht niemand zu Hülfe kommen solle. Zur bezeichneten Stunde fanden die Schlange und Kröte bei der Frau sich ein, und so sehr dieser auch graus'te, gab sie doch jeder einen Kuß. Da sprangen ihr beide in's Gesicht, die andern Schlangen und Kröten, welche in dem Kasten gewesen, stürmten auch herbei, und alle zusammen fraßen die Frau, die vergebens um Hülfe rief, bis auf die Knochen auf. Am Morgen fand man diese in der Stube; die Schlangen und Kröten aber waren verschwunden. Der Papst ließ nun die Gebeine begraben und hielt selbst für die Frau das Todtenamt, und unter demselben erschien sie ihm als weiße Taube, zum Zeichen, daß sie ein Kind der Seligkeit sei.

      65. Billeisen.

       Inhaltsverzeichnis

      In dem Dorfe Harthausen am Kaiserstuhl, welches die Schweden verheert und seine Bewohner theils umgebracht, theils versprengt hatten, blieben zwei Bursche versteckt und fristeten ihr Leben durch Kleie. Am Jahrestag der Kirchweihe, den sie zufällig aus einem Kalender ersahen, verschafften sie, durch Aneinanderreibenvon Stücken Holz, sich Feuer und kochten einen Kleienbrei. Den dadurch erzeugten Rauch hatten kaum die Schweden bemerkt, welche in der Nähe lagerten, so sprengten sie ins Dorf, zogen die Bursche aus dem Versteck und schleppten sie an ihren Pferden ins Lager. Dort wurden dieselben, von einander entfernt, an Pfähle gebunden und sollten des andern Tags umgebracht werden. In der Nacht gelang es einem der Bursche, welcher Billeisen hieß, eine Hand loszubringen, damit sein Messer aus der Tasche zu ziehen und die Stricke zu durchschneiden. Auf dem Bauche kroch er dann aus dem Lager und entkam glücklich. Von allen Bewohnern des Ortes ist er allein in der Gegend übrig


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