Märchen & Sagen aus dem Lande Baden und der Umgebung. Bernhard Baader

Märchen & Sagen aus dem Lande Baden und der Umgebung - Bernhard Baader


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wurde, in dessen Nähe es vorher ein Kloster gewesen.

      66. Der Brautbrunnen.

       Inhaltsverzeichnis

      In stattlichem Zuge, wobei mehrere Wägen mit Lebensmitteln, zog ein Fräulein von Landeck zu ihrer Hochzeit gegen Sponeck. Bei dem Brunnen, welcher zwischen Eichstetten und Bötzingen am Wege quillt, bekam sie Lust, von dem frischen Wasser zu trinken. Sie ließ halten und von der Sänfte, worin sie getragen wurde, bis zum Brunnen Brodleiber legen, damit sie, ohne ihren Brautstaat zu beschmutzen, sich dahin begeben könne. Als sie dann ausstieg und auf das Brod trat, sieh! da öffnete sich die Erde und verschlang sie. Seit der Zeit spukt ihr Geist an dem Brunnen, der von ihr der Brautbrunnenheißt. Sie läßt sich um Mitternacht und Mittag sehen und spricht die Vorübergehenden an, ihr von dem Wasser zu trinken zu geben.

      67. Die Hochburg.

       Inhaltsverzeichnis

      Das stattliche Bergschloß Hochberg ist längst im Verfall, und sein unterirdischer Gang auf die Burg Landeck verschüttet. In dem Schlosse geht eine weiße Jungfrau mit einem Bund Schlüssel bei einem verborgenen Schatze um. Wenn der Mond scheint, pflegt sie aus einem Erker zu schauen und manchmal zu singen; auch wandelt sie allnächtlich hinab in das Brettenthal, wäscht sich am Bache und kämmt und zöpft ihre langen Haare. Beim Hinuntergehen ist sie fröhlich; bei dem Rückgang hinauf aber weint sie.

      Einem Bauer aus Windenreuthe, der nachts mit einem Sacke Mehl aus der Mühle ging, kam die Jungfrau entgegen und sagte ihm Folgendes. »Gehe mit mir auf die Hochburg zu dem Schatze, nimm aber davon ja nicht mehr, als du, ohne unterwegs abzustellen, heimtragen kannst. So oft du wiederkömmst, mußt du es so machen, und wenn du endlich all das Geld beisammen hast, dann ist meine Erlösung da. Finde ich sie nicht durch dich, so muß ich ihrer noch lange harren, denn das Holz zu der Wiege des Kindes, das mir wieder helfen kann, ist noch nicht gewachsen.« Ohne Bedenken folgte er ihr in ein Gewölbe des Schlosses, worin auf einer eisernen Kiste ein schwarzer Pudel lag. Auf einen Wink der Jungfrau sprang er herab, der Deckel der Kiste fuhr von selbst auf und ließ das viele Geld sehen, womit sie angefüllt war. Gierig faßte der Mann eine große Summe in seinen ausgeleerten Mehlsack und machte sich damit auf den Heimweg; aber unweit des Dorfes mußte er seine Last, die zu schwer war, absetzen und ausruhen. Da fuhr etwas über ihn hinaus und drückte ihn nieder, daß er die Besinnung verlor, und als er wieder zu sich kam, war Sack und Geld hinweg. Ganz elend kam er nach Hause, erzählte, was ihm begegnet, und starb am dritten Tage.

      Das Geld, welches auf der Burg vergraben ist, hebt sich im März aus dem Boden, um sich zu sonnen. Als einst, im erwähnten Monat, mittags zwischen elf und zwölf, ein Mann auf das Schloß kam, sah er dort neun Körbe voll Bohnenschoten an der Sonne stehen. Aus jedem Korb nahm er eine Hand voll in seine Rocksäcke, worin Brodkrümmchen waren. Weil diese die Schoten berührten, konnten letztere, welche Geld waren, nicht mehr entweichen, und daher fand der überraschte Mann zu Hause seine Taschen mit Silbermünzen gefüllt. Unverzüglich eilte er wieder auf die Burg, aber da waren Körbe und Bohnen verschwunden.

      Ein Hirtenbube von dem Meierhof unter dem Schlosse kam eines Sonntags auf dieses und gewahrte durch ein Mauerloch einen großen Saal, der ganz mit rothen Teppichen ausgeschlagen war. Darin saßen an einer Tafel zwölf Männer, deren Kleider von Gold und Silber schimmerten. Vor jedem stand ein goldener Becher, in der Mitte der Tafel eine große, prachtvolle Kanne und um sie her eine Menge Speisen in kostbaren Geschirren. Ohne Zagen ging der Junge hinein und ließ, auf die stillschweigende Einladung der Männer, es sich trefflich schmecken. Nach diesem holten dieselben zwei schwere goldene Kugeln und neun solche Kegel herbei, winkten dem Buben, aufzusetzen, und fingen an zu kegeln. Als sie eine Zeit lang gespielt hatten, gab einer von ihnen, ohne zu sprechen, dem Jungen vier Goldstücke als Lohn, und den Augenblick nachher war der Saal mit Männern, Tafel, Kegelspiel verschwunden, und der Bube vor der Burg im Freien. Eilig begab er sich auf den Meierhof, erzählte das Vorgefallene, indem er die Goldstücke zeigte, und erfuhr mit Erstaunen, daß er drei Tage auf dem Schlosse gewesen. Nun mußte er zwar mit den Leuten wieder dahin, aber alles Suchen nach dem Saale war vergebens. –

      Die zwölf Männer sind in die Burg verwünscht; allein sie kommen, wenn Deutschland in der größten Noth ist, wieder heraus, und befreien es von seinen Feinden.

      68. Heiligkeit des Sonnabends.

       Inhaltsverzeichnis

      Am Freiamt bei Emmendingen arbeitete eines Samstagabends ein Bergmann allein in der Grube Silberloch. Auf einmal hörte er hinter sich, auf einem zugedeckten alten Schacht, gehen und den dort stehenden Schubkarren hin und her werfen. Da er niemand erblickte, eilte er erschrocken aus der Grube. Von seinem gewöhnlichen Mitarbeiter, dem er das Ereigniß erzählte, wurde er, wegen seiner Furcht, tüchtig ausgelacht. Als nun jener am nächsten Samstagabend im Silberloch beschäftigt war, vernahm er auch das Gehen, blieb aber ruhig und arbeitete fort. Bald darauf erblickte er einen Schein, schaute um, und sieh! da kamen mehrere Geister mit brennenden Lichtern vom Schacht her auf ihn zu. »Seid ihr böse Geister, so weichet von mir; seid ihr aber gute, so zeiget einem armen Bergmann reiche Anbrüche!« sprach er zu ihnen; allein einer der Geister packte ihn an der Achsel und warf ihn zehn Klafter weit, daß er die Besinnung verlor. Aus diesem Zustand erweckte ihn erst spät in der Nacht sein Genosse, der, um ihn zu suchen, in die Grube kam, und beide faßten nun den festen Vorsatz: den Sonnabend nie mehr durch arbeiten zu entheiligen. An der Achsel, wo der Mann von dem Geist ergriffen worden, behielt er sein Leben lang ein zeitweises Zittern.

      69. Hexe entdeckt.

       Inhaltsverzeichnis

      Im badischen Oberlande lebte eine reiche, kinderlose Bauersfrau, welche eine Hexe war. Alle Mittwochs-und Freitags-Nacht begab sie sich zum Hexentanz, der, fünfzig Stunden von ihrem Wohnort, in einem Felsenkeller gehalten wurde. Wenn sie dahin wollte, legte sie ein Gebund Stroh, dem sie durch Blendwerk ihre Gestalt gab, zu ihrem Mann ins Bett, ging dann in die Stube des Knechts, der ein starker Bursch war, legte dem Schlafenden einen Zaum an, verwandelte ihn in ein Pferd und ritt auf ihm hinaus. Ebenso kehrte sie später wieder nach Hause, und der Knecht, welcher darüber sehr abmagerte, erwachte am Morgen in seinem Bett, ohne von dem Vorgang etwas zu wissen. Beiläufig ein halbes Jahr hatte die Frau so ihr Wesen getrieben, als es sich zutrug, daß abends ein wandernder Handwerksgesell auf dem Feld bei dem Felsenkeller, im Rausche, einschlief. Er erwachte, nüchtern geworden, tief in der Nacht, hörte nahes Tonspiel und kam, als er ihm nachging, zur Thüre des Kellers. Da er sie verschlossen fand, schaute er durch das Schlüsselloch und sah, daß der Keller hell erleuchtet war, und darin gezecht und getanzt wurde, auch an der Wand ein Pferd angebunden stand. Sogleich sagte eine Frau der Sippschaft zu einer andern: »Gehe, blase das Licht aus!« worauf diese durch das Schlüsselloch dem Gesellen in das Auge blies, daß es augenblicklich erblindete. Hierüber entsetzt, schrie er dreimal nacheinander zum Schlüsselloch hinein: »Um Gotteswillen, machet auf!« Da flog die Thüre auf und Hexen und Teufel fuhren in wildem Getümmel heraus und nach allen Weltgegenden davon. Hierauf ging der Gesell in den Keller, worin nur noch ein Licht brannte, und sah, daß er durch sein Rufen alles Blendwerk vertrieben hatte. Das Essen war Viehkoth, der Wein Roßpisse, und das Pferd der Knecht geworden. Dieser erstaunte sehr, gezäumt im Keller sich zu befinden; als ihm aber der andere das Geschehene erzählte, ward ihm klar, wie er seither mißbraucht worden sei. Um zu erfahren, wer es gethan, ging er wieder in seinen Dienst und beobachtete die Frau genau, von der er schon manches Verdächtige gehört hatte. Nachdem er wahrgenommen, daß sie, wenn ihre Leute alle auf dem Felde zu thun hatten, gewöhnlich sehr spät und allein zum Kochen heimging; dennoch aber ihnen das Essen stets zur rechten Zeit hinausbrachte: schlich er sich, bei einer solchen Gelegenheit, auf


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