Märchen & Sagen aus dem Lande Baden und der Umgebung. Bernhard Baader

Märchen & Sagen aus dem Lande Baden und der Umgebung - Bernhard Baader


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Teller und das letzte Mal den ganzen übrigen Schatz des Schlosses.« Der Junge gab ihr gleich, wie auch am folgenden Samstag, den Kuß und empfing jedes Mal die versprochenen Teller, welche er zu Haus im Heu versteckte. Durch sein verändertes Betragen erweckte er den Verdacht des Bauers, bei dem er diente, und derselbe schlich ihm am dritten Samstag zum Schlosse nach. Als er dort sah, daß der Bube die weiße Frau küssen wollte, schrie er ihm drohend zu, worauf sie unerlös't verschwand, und der Junge von dem Schatze nichts mehr erhielt.

      74. Glocke zu Waldkirch.

       Inhaltsverzeichnis

      In der Stiftskirche zu Waldkirch ist eine große Glocke, die den Namen »Margaretha« trägt. Sie wurde auf dem Friedhof, in einem noch sichtbaren Loche, gegossen, und dabei ein ganzer Haufe geopferten Silbers unter das Erz gemischt. Hierdurch erhielt sie den schönen Klang, welcher weit und breit im Lande gehört wird. Nicht allein schwere Gewitter vertrieb ihr Geläut, sondern auch eine Schaar Hexen, die einst mit gläsernen Aexten den Kandelfelsen durchhauen und so den See, welchen er verschließt, auf das Waldkircher Thal loslassen wollten.

      Weil die Glocke ein solches Kleinod, suchten die Freiburger, sie für ihr Münster zu bekommen. Sie boten dafür dem Stifte so viel Kronenthaler, als sich auf dem Wege von Freiburg bis Waldkirch in einer zusammenhängenden Reihe würden legen lassen. Diesen Handel gingen die Stiftsherren ein und empfingen nach acht Tagen die Bezahlung. Eine Woche später kamen die Freiburger mit neun Wägen, die Glocke abzuholen. Um sie aus dem Thurme zu bringen, mußte ein Stück desselben ausgebrochen werden. Als sie mit großer Mühe aufgeladen war, wurde abgefahren, aber noch in dem Orte drückte sie drei der Wägen zusammen. Da ließen die Freiburger sie liegen und einen eisernen Wagen machen, worauf sie dieselbe luden und bis zum Bad »in der Enge« brachten. Dort sank der Wagen ziemlich tief in den Boden; er wurde zwar wieder herausgehoben und bis an die Waldkircher Banngränze gezogen, war aber, nebst den zweiunddreißig angespannten Pferden, schlechterdings nicht weiter zu bringen. Nun endlich erkannten die Stiftsherren des Himmels Willen, kündigten den Freiburgern den Handel auf und ersetzten ihnen den Kaufschilling und die übrigen Auslagen. Um die Glocke nach Waldkirch zurückzuführen, thaten der Vogelbauer und der Schwefelbauer aus dem Suggenthal auf ihren gewöhnlichen Wagen drei neue Tragbäume, spannten zehn Ochsen an und brachten damit die Glocke ohne Mühe in das Stift. Als sie dort wieder im Thurm hing, begann sie von selbst zu läuten und tönte die Worte:

      Margaretha heiß ich,

       Alle schwere Wetter weiß ich,

       Alle schwere Wetter kann ich vertreiben,

       Und im Glockenthurm zu Waldkirch will ich bleiben.

      Dieser Spruch steht jetzt auf der Glocke und ist im Waldkircher Thale jedem Kinde bekannt.

      75. Hexe als Schwein.

       Inhaltsverzeichnis

      Einen Mann von Waldkirch trieb eines Samstagabends eine unerklärliche Angst von Haus in den Wald. Während er ohne Ziel darin umherstrich, ward es finstere Nacht, es kam ein schweres Gewitter, und er wußte zuletzt nicht mehr, wo er sich befand. Da kletterte er, als das Wetter vorüber war, auf einen hohen Baum und entdeckte von da Licht, auf welches er, nachdem er herabgestiegen, zuging. Er gelangte an ein einsames Haus, durch dessen Ladenritze Licht schimmerte, und durch welche er in eine Stube schaute, wo in einem Kreise von Weibern der Teufel stand. Dieser fragte jede, welche böse That sie am verflossenen Tage vollbracht habe; alle konnten eine solche angeben, außer eine alte Frau, in welcher der Mann seine Schwiegermutter erkannte. Zur Strafe wurde ihr vom Teufel auferlegt, am nächsten Morgen als Schwein ihr Enkelchen aufzufressen. Da dieses kein anderes als des Mannes Kind sein konnte, so erschrack derselbe sehr und eilte, was er konnte, nach Hause. Am Morgen sagte er zu seiner Frau, welche in die Messe ging, er sei krank, und sie möge für ihn auch im Hochamte bleiben. Als er allein war, band er das Kind in der Wiege fest, holte einen starken Prügel und legte sich, voll Erwartung, aufs Bett. Kaum hatte es in's Amt zusammengeläutet, so lief ein großes Schwein in die Stube und auf die Wiege los. Geschwind sprang der Mann hinzu und schlug mit dem Prügel so heftig auf das Schwein, daß es nur mit der größten Anstrengung sich noch wegschleppen konnte. Sobald des Mannes Frau aus der Kirche kam, wurde sie zu ihrer Mutter gerufen, die sie im Bette und so übel fand, daß sie eilig den Pfarrer rufen ließ. Demselben beichtete noch die Kranke, verschied aber, ehe sie die Kommunion empfangen. Gleich darauf wurde der Leichnam kohlschwarz. Bei der Beerdigung war der Sarg anfangs außerordentlich schwer, zuletzt aber ganz leicht, und als er, üblicher Weise, auf dem Kirchhof noch einmal geöffnet wurde, enthielt er, statt der Leiche, lauter Hobelspäne. Nun bereute der Mann sehr, an dem unseligen Tode seiner Schwiegermutter schuld zu sein.

      76. See im Kandel.

       Inhaltsverzeichnis

      Eine Frau, welche auf dem Kandel Holz machte, verlor darüber ihr Kind aus den Augen und konnte es zwei Tage lang nicht finden. Endlich am dritten traf sie es auf dem Kandelfelsen, wo es frisch und gesund dastand. Es erzählte ihr, es sei in den Berg, der ganz voll Wasser, versunken, eine wunderschöne Frau (die Muttergottes) habe es aber herausgezogen und hierher geführt. Durch diese Begebenheit weiß man, daß im Innern des Kandels ein mächtiger See verschlossen ist.

      77. Der Kandelsee soll losgelassen werden.

       Inhaltsverzeichnis

      Auf dem Kandel kam einst zu einem Hirtenbuben ein fremder Mann mit einer außerordentlichen Menge lebender Füchse. Er schlug in den Kandelfelsen einen goldnen Lottkeil und spannte an dessen Ring die Füchse, einen vor den andern, daß sie eine unabsehbare Reihe bis auf den, nach ihnen benannten, Fuchsbühl bildeten. Dann hieß er den Buben, die Füchse ins Teufels Namen forttreiben, wodurch der Fels herausgerissen, und der See, den er verschließt, auf das Waldkircher Thal losgelassen worden wäre. Der Bube trieb zwar die Füchse an, aber mit den Worten: Fort, in Gottes Namen! Da verschwanden Mann, Füchse und Lottkeil, und der Fels blieb unverrückt an seiner Stelle.

      78. Christoffelsgebet hilft zu Gelde.

       Inhaltsverzeichnis

      Zwei Männer von Oberprechthal und einer von Biederbach beteten, drei Vierteljahre lang, mit einander das Christoffelsgebet. Dies geschah Freitagnachts von elf bis zwölf Uhr; es mußte vor- und rückwärts gesprochen werden, wobei sie auf den Gesichtern lagen und nach dem steten Lärm, welchen es um sie hermachte, nicht aufschauen durften. Als sie das letzte Mal beteten, erschien ihnen eine Frau in großem Glanze, berührte ihre Köpfe und hieß sie furchtlos aufblicken, was sie auch thaten. Dieselbe sagte ihnen, weil allein die Noth sie zum Christoffelsgebet gebracht habe, so sollten sie Geld erhalten und zu dem Ende am nächsten Gründonnerstag, nachts von halbzehn bis zwölf, auf der Hochburg sein, auch durch das, was etwa dort vorfalle, sich nicht irren lassen. Nach dieser Rede verschwand sie. Zur vorgeschriebenen Zeit waren die Männer auf der Burg und beteten erwartungsvoll den Rosenkranz. Auf einmal entstand in dem Gewölbe ein stets wachsendes Getöse, wie von einer rollenden Kugel, sie gingen hinein, da stieg aus dem Boden eine von Fackeln umleuchtete Kiste, die offen und voll Geld war. Dieses wollten die Männer in die mitgebrachten Säcke füllen, aber in dem Augenblick erfolgte ein so gewaltiger Blitz und Donnerschlag, daß sie entsetzt nach allen Seiten entflohen. Erst bei Tagesanbruch wagte sich der Biederbacher, welcher der herzhafteste war, in die Nähe der Burg, um seine verlaufenen Freunde zu suchen, und als er dort einen Haufen dürren Kuhmist liegen sah, faßte er ihn in seinen Sack und warf denselben, gleichsam als den erlangten Schatz, in der nächsten Nacht einem


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