Märchen & Sagen aus dem Lande Baden und der Umgebung. Bernhard Baader

Märchen & Sagen aus dem Lande Baden und der Umgebung - Bernhard Baader


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durch das Männlein zurückführen ließen. Als dieses die Frau in der Nähe ihres Hofes verlassen hatte, warf sie das schlechte Geschenk unwillig hinweg. An ihrer Schürze blieben jedoch ein Halm Kornstroh und ein Halm Haberstroh hängen, und in der nächsten Frühe war jener zu Gold, dieser zu Silber geworden. Jetzt bereute die Bäuerin, den Büschel weggeworfen zu haben, welchen sie, trotz alles Suchens, nicht mehr finden konnte.

      (Andere lassen die Frau eine Hebamme von Gutach sein, die der Kröte scherzend ihre Dienste anbietet und später das Bergweiblein glücklich entbindet.)

      In der Folge ist die Goldkirche (welche, wie einige sagen, auf dem Berg Bielerstein gestanden) versunken; jedoch kann ein schwarzer Hahn ihren Thurmknopf in vierundzwanzig Stunden zu Tage scharren.

      Früher ertönte öfters in dem Berg Geläute; in der Neuzeit aber hat es aufgehört.

      89. Seltsame Fahrt.

       Inhaltsverzeichnis

      Auf dem zerfallenen Bergschlosse bei Kirnbach ist in einem steilen Felsen ein brunnenartiges Loch von unergründlicher Tiefe. Aus ihm steigt in den Adventsnächten eine Kutsche, die mit zwanzig Geißböcken bespannt ist, und woran zwei brennende Laternen hängen. Sie wird von einem vormaligen Grafen des Schlosses gelenkt, welcher in voller Rüstung, mit geschlossenem Helmgitter, allein darin sitzt. Nach ihr kommen mehr als hundert Knappen aus dem Loche, deren jeder einen Speer und eine angezündete Fackel trägt. Mit Blitzesschnelle und wildem Getöse fährt der Zug den steilen Felsen und eine Schlucht hinab und hält dann unten im Thale. Hier sammeln sich die Knappen um die Kutsche, der Graf steigt aus, legt an ein Rad den Hemmschuh und setzt sich wieder ein. Unter großem Geschrei werfen nun die Knappen ihre Fackeln, die sogleich verlöschen, von sich und verschwinden nebst der Hälfte der Geißböcke, welche als Vorspann gedient hatte. Bei dem spärlichen Lichte der zwei Laternen kehrt hierauf der Graf mit den übrigen zehn Böcken und mit gesperrtem Rade nach dem Felsenloch zurück, indem er den Weg ebenso schnell hinauffährt, als er ihn mit dem starken Vorspann und ohne Sperre herabgekommen ist.

      Schon öfters sind Leute dem Zuge begegnet; denen, die ihm Platz machten, ist kein Leid geschehen, dagegen sind diejenigen, welche ihm nicht auswichen, niedergeworfen und überfahren, jedoch dabei von dem leichten Fuhrwerke nicht beschädigt worden.

      90. Der weiße Mann und der Bauer.

       Inhaltsverzeichnis

      An dem Berg, worauf die verfallene Burg Schenkenzell liegt, weideten einst zwei Bauern mit einander ihre Ziegen. Da kam ein ganz weißer Mann zu ihnen und sagte zu dem einen, der allein ihn sah und hörte, er solle mit ihm gehen. Als derselbe folgte, wurde er auf die Burg an eine eiserne Bogenthüre geführt, die er zuvor nie gesehen hatte, und die sein Begleiter mit einem großen Schlüssel öffnete. Sie gingen hinein und kamen durch einen langen Gang und zwei andere eiserne Thüren, welche der weiße Mann auch mit dem Schlüssel aufschloß, zuletzt in ein Gewölbe, worin eine große Kiste stand. Nachdem der Bauer, auf seines Führers Begehren, deren Deckel zurückgeschlagen, hieß ihn der weiße Mann so viel von den Goldmünzen, womit sie angefüllt war, nehmen, als er fortzubringen im Stande wäre. Er aber nahm weit weniger, und da ihn sein Begleiter, als sie wieder im Freien waren, deßhalb fragte, antwortete er, er wolle schon wieder holen, wenn das, was er mitgenommen, verbraucht sei. Da sagte jener, dies könne nicht geschehen, und weil er ihm es erst jetzt eröffnen dürfe, habe er ihn vorhin so viel mitnehmen heißen, als er fortzubringen vermöge. Hierauf verschwand der weiße Mann; die Thüre war ebenfalls nicht mehr zu sehen und ist auch bisher nicht wieder wahrgenommen worden. Von den Goldmünzen, die dünn und so groß wie Sechsbätzner sind, befinden sich noch heute elf Stück im Flecken Schenkenzell, woselbst auch der andere Bauer, der den weißen Mann nicht hat sehen und hören können, noch lebt und beinahe hundert Jahre alt ist.1

      Fußnoten

      1 So war es im Jahr 1836, wo diese Sage niedergeschrieben wurde.

      91. Mordthat offenbart.

       Inhaltsverzeichnis

      In Schiltach erschlug ein Mann seine Frau, verbarg es aber dadurch, daß er ein Tuch um ihre Kopfwunde band und sich über ihren Tod sehr betrübt stellte. Nachdem sie begraben war, erschien sie ihm nachts so oft, daß es endlich im Orte bekannt wurde. Da begab sich der Pfarrer abends in das Haus, welches, auf sein Geheiß, alle Bewohner verlassen mußten. Gegen zwölf Uhr kam die Frau, die auf des Geistlichen Anrede: »Alle gute Geister loben Gott, den Herrn,« erwiederte: »Und ich auch!« Dadurch ermuthigt, fragte der Pfarrer sie um die Ursache ihres Erscheinens und erhielt von ihr zur Antwort, daß ihr Mann sie ermordet und sie keine Ruhe habe, bis diese Missethat aufgedeckt sei. Hierauf nahm sie das Tuch von der Wunde und bat ihn, in diese seinen Fingerring zu legen, den er, zum Beweis, daß sie ihm die Wahrheit gesagt, noch darin finden werde, wenn er am nächsten Tag ihren Sarg öffnen lasse. Nachdem der Ring in der Wunde war, band sie der Geist wieder mit dem Tuche zu und entfernte sich. Kaum war es Morgen, so ließ der Geistliche den Leichnam ausgraben und fand an ihm die Todeswunde mit dem Ringe darin. Auf seine Anzeige erfolgte des Mörders Hinrichtung. Der Geist der Frau hat niemals wieder sich sehen lassen.

      92. Bergmännlein.

       Inhaltsverzeichnis

      Im Jahr 1834 weideten einige Hirtenbuben in der Gegend von Schiltach bei einer verlassenen Grube. Da sahen sie ein Bergmännlein, welches ganz wie ein Bergknappe gekleidet war, mit Licht und Gezäh in den Stollen der Grube fahren, und hörten alsdann es darin arbeiten. Erschrocken liefen sie in das Haus des Bauers, in dessen Hofmarkung das Bergwerk lag, und erzählten, was sie gesehen und gehört hatten. Als des Bauers erwachsene Tochter hierauf zur Grube geeilt war, hörte sie ebenfalls das Arbeiten darin. Durch alles dieses wollte das Bergmännlein anzeigen, daß die Grube mit Vortheil wieder gebaut werden könne; allein, dieses Fingerzeigs ungeachtet, ist der Bau noch bis heute nicht unternommen worden.

      93. Teufelsstein.

       Inhaltsverzeichnis

      Bei der Erbauung der Kirche zu St. Roman half der Teufel emsig mit, in der Meinung, es gebe ein Wirthshaus; sobald er aber inne ward, daß es ein Gotteshaus sei, beschloß er, es zu zerstören. Schon schritt er, einen mächtigen Felsen tragend, den Berg hinab gegen St. Roman, als ihm ein altes Männlein entgegen kam und ihn fragte, was er vorhabe. »Den Schweinstall da unten mit dem Stein zusammenzuwerfen!« antwortete der Böse, indem er auf die Kirche hinwies. Das Männlein redete ihm zu, vorerst seine Last ein wenig abzusetzen; allein er wollte dies nicht thun, weil er alsdann den Felsen, dessen erstes Aufladen ihm schon so schwer gefallen, nicht mehr in die Höhe bringen könnte. Durch die Zusage des Männleins, daß es ihm den Stein wieder aufhelfen wolle, ließ er sich jedoch bewegen und setzte den Felsen auf den Boden nieder. Kaum war dies geschehen, so verschwand das Männlein, welches unser Herrgott war, und der Teufel mußte den Stein, den er nicht mehr aufheben konnte, liegen und die Kirche stehen lassen. Lange Zeit lag der Felsen, woran die Krallen des bösen Feindes eingedrückt sind, an der Stelle unangefochten, bis endlich einem Steinhauer einfiel, ihn benützen zu wollen. Trotz der Warnung der Leute, mit dem Stein ja nichts vorzunehmen, sprengte der Steinhauer ihn mit Pulver in etliche Stücke, wobei eines derselben ihm an das Bein fuhr und es ihm abschlug. Hierdurch gewitzigt, wollte er mit dem Felsen nichts mehr zu schaffen haben und ließ ihn auf seinem Platze liegen. Dort befindet sich derselbe noch heute und wird, weil der Teufel bei ihm spukt, besonders nachts von den Leuten vermieden.1

      Fußnoten


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