Märchen & Sagen aus dem Lande Baden und der Umgebung. Bernhard Baader
ihrem Spitale. Daselbst ist er bis zu seinem Tode geblieben und auch begraben. Sein lebensgroßes Bild, das Wahrzeichen der Stadt, war Jahrhunderte lang an der nun abgebrochenen Mauer beim obern Thore mit folgender Inschrift zu sehen:
Als man zählt 1498 Jahr,
Hat hier gelebt, glaubt fürwahr,
Ein Wundermann Romeyas genannt,
Im ganzen Land gar wohl bekannt.
Nachdem er ritterliche Thaten vollbracht,
Sein Stärke ihn verführet hat,
Fieng an sein Obrigkeit zu schelten.
Deßen mußte er im Thurm entgelten,
Brach wunderlich mit List daraus,
Und floh in St. Johanniser Haus.
Alda noch ein Balken zu finden,
Wagt sich hernach über d'Mauren naus.
Welchen Romeyas dahin tragen konnte.
Belagert Kusenberg das veste Haus.
Das er in wenig Zeit eingenommen:
Daher wiederum Gnad bekommen,
Daß im Spital, bis in das Grab,
Die Herren Pfrund gegeben ward,
Endigt also in Ruh sein Leben.
Gott woll uns allen den Frieden geben.
83. Heu und Häckerling in Geld verwandelt.
Eines Abends sah ein Mann, der mit einem leeren Sack in die Mühle wollte, am Warenberg Heu und Häckerling liegen. In der Meinung, es habe jemand da gefüttert, füllte er den Fund in den Sack, der davon ganz voll wurde. Nachdem der Mann ihn eine Strecke fortgetragen, läutete die Betglocke, und alsbald ward derselbe so schwer, daß er ihn abwerfen mußte. Da klingelte es wie Geld, er öffnete den Sack und fand ihn, statt mit Heu und Stroh, mit blanken Silbermünzen gefüllt.
84. Geld im Warenbach.
Jährlich am ersten Mai heben sich die vergrabenen Schätze aus dem Boden, um sich zu sonnen. An einem solchen Tag sah ein fischender Knabe im Warenbach eine Menge Silbermünzen zum Vorschein kommen; er steckte sie nach einander ein und rief einigen Buben in der Nähe, herbeizukommen. Auf dieses erschienen keine Münzen mehr, die eingesteckten aber blieben ihm. Um auch so Geld zu erhalten, ging am folgenden ersten Mai ein anderer, böser Bube an den Bach; allein trotz seines Wartens und Suchens konnte er keines entdecken. Endlich kam ein Männlein und fragte, was er da mache und ob er blos Fische fangen wolle, worauf der Bube barsch antwortete, daß er nur fische, es übrigens das Männlein nichts angehe, und es sich fortpacken solle. Da ging dasselbe den Berg hinauf, aber bald war es so groß, wie ein Riese, drehte sich um und winkte drohend dem Knaben, der entsetzt davon lief und, in Folge des Schreckens, am andern Tage starb.
85. Die Glocken von St. Georgen.
1.
Als man in diesem Dorfe des Schwarzwaldes zur ersten lutherischen Predigt die alte Glocke zog, welcheSusanne hieß, fiel sie gleich aus dem Kirchthurm und eine Strecke den Berg hinab. Man lud sie auf einen Wagen, woran zehn Ochsen gespannt waren, und wollte sie wieder hinaufführen, allein der Wagen war nicht von der Stelle zu bringen, worüber die Bauern so böse wurden, daß sie riefen:
»Susanne, in unserer Kirche mußt du hangen, es sei Gott lieb oder leid!«
Kaum war dies gesagt, so rollte der Wagen mit Glocke, Ochsen und Fuhrleuten in den untenliegenden Weiher, wo alles miteinander versank. Noch jetzt hört man darin, zu den heiligen Zeiten, die Glocke läuten, die Ochsen brüllen und die Fuhrleute mit den Peitschen knallen; auch wird noch das Loch gesehen, welches die Glocke, bei ihrem Fall aus dem Thurm, in den Boden geschlagen hat.
2.
Nachdem die Einwohner von St. Georgen Luther's Irrlehre angenommen hatten, zwangen sie die dortigen Benediktiner, den Ort zu verlassen. Beim Abzug führten dieselben ihre Glocken mit, aber die Bauern, welche das schöne Geläut bei ihrem neuen Gottesdienst nicht entbehren wollten, nahmen nächst dem Weiher die Wägen, worauf die zwei größten Glocken geladen waren, mit Gewalt weg und fuhren damit den Berg hinauf. Da erhob sich ein fürchterlicher Sturmwind, der die beiden Wägen mit Glocken, Ochsen und Fuhrleuten in den tiefen Weiher hinabstürzte. Darin sind sie noch heute, und in der Christnacht läuten die Glocken, brüllen die Ochsen und klatschen mit ihren Peitschen die Fuhrleute. Auch geht zuweilen ein gespenstiger Fackelzug um den Weiher, und es läßt sich ein Gerassel hören, wie wenn schweres Fuhrwerk den Berg hinunterrollte.
86. Althornbergs Untergang.
Am Tage vor Weihnachten plünderten die Ritter von Althornberg ein Frauenkloster und hielten dann auf ihrem Bergschloß, in der Christnacht, ein schwelgerisches Mahl und einen zuchtlosen Ball. Von diesem gottvergessenen Treiben mahnte sie die Burgmagd mit dem Zusatz ab, daß ein schweres Gewitter heranziehe, wurde aber verlacht und verließ darauf, des Himmels Strafgericht fürchtend, das Schloß. Bald nachher gewahrten die Ritter unter den Tanzenden einen mit Schweif und Geißfüßen, und in demselben Augenblick schlug der Blitz zündend in die Burg und brachte allen, die darin waren, den Tod.
Seit dieser Zeit liegt das Schloß in Trümmern, und die beiden Brücken, welche von ihm über das Gutachthal gingen, sind spurlos verschwunden. Die eine, von geflochtenem Leder, führte auf den Schanzenberg, und die andere, aus Seilen bestehend, auf das Bergschloß Neuhornberg.
87. Teufelstritt.
Auf einem Berge bei Hornberg liegt ein großer Felsen, Windeck genannt. Von ihm trat einst der Teufel mit einem Schritte über das Reichenbacher Thal auf einen mächtigen Steinblock gegenüber. Dabei drückte er in diesem seinen Geißfuß, und im Windeck den Holzschuh ab, welchen er am andern Fuße trug. Beide Eindrücke sind noch vorhanden, und von dem des Geißfußes trägt der Steinblock den NamenTeufelstritt.
88. Bergmännlein im Gutachthal.
Im Bielersteiner Bergwerke hielten vordem sich Bergmännlein auf, welche mit den Bewohnern des benachbarten Hofgutes in freundlichem Verkehr standen. Einst sah die Bäuerin auf ihrer Wiese eine trächtige Kröte sitzen und sagte im Scherze zu ihr: »Wenn du niederkömmst, will ich bei dir zu Gevatter stehen!« Bald darauf kam in der Nacht zu der Frau ein Bergmännlein und sagte ihr, die Kröte sei ein Bergweiblein gewesen, und sie müsse nun mit ihm gehen, um ihr Versprechen zu erfüllen. Nachdem die Bäuerin sich dazu bereit erklärt hatte, verband ihr das Männlein die Augen und führte sie an einen unbekannten Ort, wo es ihr die Binde wieder abnahm. Sie befanden sich in einer kleinen Kirche, die mit all ihrem Geräthe von lauterem Gold war. Darin waren viel Berg-Männlein und Weiblein mit dem neugebornen Kinde, welches nun getauft und dabei von der Frau gehoben ward. Nachher hielten sie ein köstliches