Märchen & Sagen aus dem Lande Baden und der Umgebung. Bernhard Baader

Märchen & Sagen aus dem Lande Baden und der Umgebung - Bernhard Baader


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rief, ohne den Knecht zu sehen, in den Schornstein hinauf: »Gib mir eine Schüssel Suppe; gib mir eine Schüssel Fleisch und Gemüse!« Im Augenblick standen diese Speisen in Schüsseln auf dem Heerde und wurden dann von der Frau für ihre Leute mitgenommen. Als dieselbe aus dem Hause war, verließ der Knecht seinen Versteck und, noch am nämlichen Tage, den Dienst der Hexe.

      70. Behextes Butterbrod.

       Inhaltsverzeichnis

      In einem Dorfe des badischen Oberlands ward einst ein achtjähriges Knäblein, auf dem Wege zur Schule, von einer Frau in deren Haus gerufen. Sie gab ihm ein Butterbrod, das es vor ihren Augen aufessen mußte, und ließ es dann in die Schule gehen. Dort fing das Büblein, als der Lehrer einmal hinausgegangen war, plötzlich an zu fragen, ob es Mäuse machen solle. Von den andern Kindern hierüber verlacht, klopfte es dreimal unten an die Tischplatte und sieh! sogleich wimmelte die ganze Stube von Mäusen. Heftig erschrocken, schrieen die Kinder um Hülfe, worauf der Lehrer hereineilte und, als er das Geschehene erfahren, das Knäblein fragte, ob es die Mäuse auch wieder fortbringen könne. »O ja!« antwortete es, schlug dreimal da auf das Obere der Tischplatte, wo es früher unten geklopft hatte, und augenblicklich waren alle Mäuse verschwunden. Der Lehrer schickte nun die Kinder heim, ausgenommen das Büblein, mit dem er eine scharfe Untersuchung vornahm, aber nur erfahren konnte, daß es noch andere solche Künste verstehe und kurz vor der Schule bei der Frau das Butterbrod gegessen habe. Da diese im Rufe der Hexerei stand, zeigte der Lehrer die Sache den Eltern des Kindes und dann mit ihnen der Obrigkeit an. Die Frau wurde eingezogen und zu dem Geständniß genöthigt, daß sie dem Knäblein durch das Butterbrod die Hexerei beigebracht habe, wovon ihm nicht mehr geholfen werden könne. Auf dieses ließ die Obrigkeit die Frau verbrennen, das Kind aber in ein kaltes Bad setzen und ihm die Adern öffnen, daß es sein Leben verblutete.

      71. Der Uebelmann.

       Inhaltsverzeichnis

      Die Leute auf dem Lehenhof zu Buchholz, die elf Kinder hatten, waren, trotz ihres Fleißes und ihrer Rechtschaffenheit, so heruntergekommen, daß ihnen Haus und Feld verkauft werden sollte. Am Abend zuvor sah der Bauer, gegen neun Uhr, noch zum Fenster hinaus und bemerkte einen alten Mann, der auf der Treppe vor der Hausthüre saß. Auf die Frage, was er begehre, antwortete derselbe, daß er um ein Nachtlager habe bitten wollen; weil aber die Hausthüre schon verschlossen gewesen, er auf die Staffeln niedergesessen sei. Der Bauer ließ ihn hineinkommen, ihm Nachtessen und ein Bett bereiten und erzählte ihm, daß er morgen seinen Hof verliere. »Das soll nicht geschehen,« erwiederte der Mann, »und wenn du heute Nacht um elf mit mir auf dem Schwarzenberger Schlosse sein willst, wirst du Geld genug erhalten.« Auf den Zweifel, welchen der Bauer äußerte, zog der Alte drei Ruthen hervor und sprach Folgendes. »Hiermit schlage ich den Deckel der Geldkiste in der Burg auf; denn ich bin ein Nebelmann. Im Waldkircher Bann sind so viel Schätze vergraben, daß alle dessen Arme dadurch reich werden könnten. Du mußt in dem Schlosse hinter sich zur Kiste gehen, daraus nur so viel Geld nehmen, als du in deine Taschen bringst und in sieben Minuten fertig sein.« Zur bestimmten Zeit waren sie an der Burg, worein der Alte sich allein begab, dann zurückkam und den Bauer hineinschickte. Derselbe ging rückwärts zur geöffneten Eisenkiste, nahm daraus, ohne sich umzuwenden, so viel Geld, als seine Taschen faßten, und war zur rechten Zeit wieder außen. Da sagte der Nebelmann zu ihm: »Nun hast du Geld genug, um deine Schulden zu bezahlen!« und verschwand mit diesen Worten. Der Bauer brachte das Geld glücklich nach Haus und machte damit sein Gut schuldenfrei, das seitdem der Hof des reichen Bauern genannt wird.

      72. Suggenthal.

       Inhaltsverzeichnis

      In diesem Grunde befanden sich vor Zeiten viel reiche Gold- und Silbergruben, worin fünfzehnhundert Bergleute arbeiteten; er war so voll Häuser, daß die Katzen von der Elz bis zum obersten Hof auf den Dachfirsten kommen konnten, und auf der heutigen Schloßmatte stand ein stattliches Grafenschloß. Darin und in dem ganzen Orte herrschte großer Reichthum, aber auch große Hoffart und Ueppigkeit. Die Gräfin hatte eine einzige, wunderschöne Tochter, um die sich viele bewarben; allein dieselbe wollte nur denjenigen nehmen, welcher im Schloß einen gläsernen Weiher mit lebendigem Wasser anlegen würde, daß sie aus ihrem Bett die Fische darin umherschwimmen sähe. So schwer diese Bedingung auch zu erfüllen war, so ließ doch der Anführer der Bergleute sich nicht abschrecken, sondern führte mit unsäglicher Mühe eine dreistündige Wasserleitung (deren Ueberbleibsel jetzt der Mauerweg heißen) von derPlatte bis zum Schlosse, wo er den Weiher, ganz nach des Fräuleins Verlangen, anlegte. Auf dieses schenkte sie ihm ihre Hand; die Hochzeit ward im Schloß und Ort aufs üppigste gefeiert, und endlich der Uebermuth und die Frechheit so groß, daß sie die Brosamen des Weißbrodes herausschnitten und in der Kruste wie in Schuhen tanzten, ja, ganz nackt Reigen aufführten.

      Während dessen ging der Pfarrer mit dem hochwürdigen Gut am Schlosse vorüber zu einem Kranken, wobei der vorangehende Meßner üblicher Weise schellte. Da wollten einige mit dem Tanz einhalten und niederknieen, aber die Gräfin rief: »Was fragt ihr nach der Schelle, jede meiner Kühe hat auch eine solche!« und nun ging es fort mit Spielen und Tanzen. Auf dem obersten Hof bei dem Kranken, der ein christlicher, alter Mann war, angekommen, versah ihn der Pfarrer mit den heiligen Sakramenten und entfernte sich dann wieder in Begleitung des Meßners. Nicht lange darauf schickte der Mann seinen sechzehnjährigen Sohn, welcher allein bei ihm war, an das Fenster, um nachzusehen, ob am Himmel keine Wolke sei. Die Antwort lautete: es komme ein Wölkchen, so groß wie ein Hut, über den Schwarzenberg. Noch zweimal mußte der Sohn nach der Wolke schauen; das erste Mal hinterbrachte er: sie sei so groß wie eine Wanne; das zweite Mal: sie habe die Größe eines Scheuerthors. Da befahl ihm sein Vater, ihn geschwind auf den Luser zu tragen, denn Gottes Gericht breche jetzt über das Thal herein. Nachdem sie auf dem Berg angelangt waren, setzten sie sich nieder und betrachteten das kohlschwarze Gewitter, welches inzwischen über dem Thal sich zusammengezogen hatte, und nun mit schrecklichen Blitzen und Donnerschlägen und einem ungeheuren Wolkenbruche sich entlud. Alle Gebäude, außer der Kirche und dem obersten Hofe, wurden entweder vom Wasser weggerissen, oder von den einstürzenden Bergen bedeckt, sämmtliche Gruben zerstört, und von der ganzen Einwohnerschaft nur der alte Mann mit seinem Sohn und ein kleines Kind am Leben erhalten. Dieses Kind, ein Knäblein, schwamm in seiner Wiege mitten in der Fluth, und bei ihm befand sich eine Katze. So oft die Wiege auf eine Seite sich neigte, sprang die Katze auf die entgegengesetzte und brachte so die Wiege wieder ins Gleichgewicht. Darüber gelangte diese glücklich bis unterhalb Buchholz, wo sie im Dold oder Wipfel einer hohen Eiche hängen blieb. Als der Baum wieder zugänglich geworden, holte man sie herunter, und fand Kind und Katze lebend und unverletzt. Da niemand wußte, wer des Knäbleins Eltern gewesen, so benannte man es nach dem Wipfel des Baumes: Dold, und dieser Name wird von seinen Abkömmlingen noch heute geführt. Nachdem das Wasser aus dem Thal abgelaufen war, fanden die Leute der Nachbarschaft viele Leichen, die sie noch erkannten; auch stifteten sie für die Umgekommenen zahlreiche Seelenmessen. An der Kirche hatte das Wasser ein Zeichen seiner Höhe hinterlassen, das auf keinerlei Weise mehr weggebracht werden konnte.

      Der ganze Grund, welcher bisherReichenthal geheißen, erhielt nun den Namen Sunkenthal, und daraus ist in der Folge Suggenthal geworden.

      73. Schatz und Spuk auf der Burg Schwarzenberg.

       Inhaltsverzeichnis

      In dem zerstörten Bergschlosse Schwarzenberg liegt ein großer Schatz verborgen, bei dem eine weiße Frau umgeht. Ein Bube, welcher Samstagabends bei dieser Burg Vieh hütete, sah die weiße Frau auf einem Steine sitzen, und als sie ihm zu sich winkte, ging er unerschrocken hin. »Du kannst mich erlösen,« sagte sie zu ihm, »wenn du mir jetzt und die zwei nächsten Samstage um


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