Neuestes Süddeutsches Kochbuch für alle Stände. Viktorine Schiller
viele Gewürze verursachen in manchem Körper unangenehme Wirkungen: das Blut geräth in stärkere Bewegung; man fühlt mehr Hitze, schläft unruhig, und wird mit der Zeit oft kränklich und hinfällig. Um nun verdauen zu können, müssen alsdann die Speisen mit Gewürzen aller Art gleichsam überladen werden. Auch werden die Speisen durch zu viele Gewürze nichts weniger als schmackhaft; denn der ihnen eigenthümliche Geschmack wird dadurch gänzlich verdrängt. Liebt man aber ja den Geschmack der Gewürze so sehr, daß man ihn nicht entbehren kann, so haben wir unschädliche Gattungen derselben in unsern Gärten genug.
VIII. Von Gewicht und Maas.
Gewicht und Maas betreffend, so habe ich bei meinen Rezepten das bairische Gewicht und die bairische Schenkmaas angenommen, nämlich:
das bairische Pfund ist 9/8 des alten augsburger oder schwäbischen, oder = 36 Loth württembergisch. | |||
1 Quart = 1/4 Maas. | |||
1 Maas bairisch ist = etwa 3 Schoppen | württembergisch. | ||
1 Seidel = 11/2 Schoppen | |||
1 Bouteille = 1/2 Maas oder 2 Schoppen |
Suppen.
1. Gewöhnliche Fleischbrühe.
Bereitet man blos aus Rind- oder Ochsenfleisch, Wasser und ein wenig Salz eine Fleischbrühe durch mehrstündiges Kochen, so ist dieses einfache oder gemeine Fleischbrühe, wie sie in der Folge genannt werden wird.
In größeren Küchen, an Höfen, in Gasthäusern und bei größeren Familien fällt vom Geflügel Vieles ab, welches man reinlich abpuzt, mit einem Faden zusammenbindet und entweder mit dem Fleisch kocht, oder in einem eigenen Topfe, in welche einfache Brühe abgegossen worden, mitkochen läßt; man legt auch wohl ein Stück Schinken, einen Kalbsknoten und andere reinliche Knochen, welche vom Braten übrig geblieben sind, bei, und kocht dieses immer mit dem Ochsenfleisch. Eine Köchin, welche sich einen solchen Bouillontopf mit Ordnung und Reinlichkeit zuzurichten weiß und hält, wird großes Lob davon tragen, besonders aber wird sie sehr delikate Gemüse damit zubereiten können. Eine jede solche Fleischbrühe nennt man eine gemischte Fleischbrühe.
Sehr viele Menschen lieben auch den Geschmack einiger mit dem Fleische gekochten Gemüse und vorzüglich der sogenannten Küchenwurzeln; darunter versteht man gelbe Rüben, kleine Rüben (bairische Rüben), Zwiebel, Schneidzwiebelröhren, Boragen, Sellerie, Petersilie, Wirsing und Lorbeerblätter; auch Pfeffer und Ingwer im ungestoßenen Zustande werden ebenfalls bei Bereitung einer kräftigen Fleischbrühe als Gewürze angewendet. Man nennt dieß Fleischbrühe mit Kräutern, Wurzeln und Gewürzen. Sollten jedoch Einige diese nicht lieben, so kann man die Wurzeln und Gemüse, nachdem sie sauber gepuzt und gewaschen sind, in einem besondern Töpfchen nebenbei kochen, um sie, wenn sie zu andern Sachen nothwendig sind, bei der Hand zu haben.
Anmerkung. Die hier angegebenen Benennungen der Fleischbrühen kommen bei der Bereitung anderer Speisen wieder vor; deßwegen sind die Namen derselben mit gesperrter Schrift gedruckt, und ich wiederhole, daß, wenn eine Köchin gute Brühen und Farcen, Fett u. dgl. vorräthig hält, was ihr bei geregeltem Fleiße leicht werden wird, sie dadurch den feinsten Gaumen befriedigen kann. Bei den Fleischspeisen und namentlich bei dem Ochsenfleisch wird noch näher angegeben werden, was auf den Wohlgeschmack und die Schönheit der Zurichtung des Fleisches selbst Bezug hat.
2. Bouillon.
Man nimmt 2 Pfund Ochsenfleisch, eben so viel Kalbsknochen und eine alte Henne, thut dieses zusammen in einen dreimäßigen Topf, und sezt es mit kaltem Wasser und etwas Salz zum Feuer. Sobald es zu kochen anfängt, nimmt man den Schaum fleißig ab, thut 2 geschabte und geschnittene Selleriewurzeln, 2 Lorbeerblätter, eben so viele gelbe Rüben, Lauch, Petersilienwurzel, nebst einer mit 4 Gewürznelken besteckten Zwiebel dazu, und läßt es bei gelindem Feuer kochen bis das Fleisch weich ist. Alsdann nimmt man dieses heraus, gießt die Brühe durch ein Haarsieb, schöpft das Fett davon ab, und stellt sie an einen kühlen Ort. Diese Bouillon wird zu allen weißen Saucen gebraucht.
3. Consommé.
Man nehme 10 bis 12 Pfund Ochsenfleisch, 4 bis 5 Pfund Kalbsknochen und 6 Kalbsfüße, 3 alte sauber gepuzte Hühner, hacke Alles zusammen in Stückchen, thue es in einen großen Kessel, gieße so viel Wasser daran, daß es 3 Finger hoch darüber geht, lasse es 10 bis 12 Stunden lang kochen und schäume es fleißig ab. Gesalzen darf es nicht werden, und Kräuter und Wurzeln sollten nicht viel genommen werden, weil sie das Sauerwerden leicht herbeiführen; während des Kochens muß öfters aufgegossen werden. Man lasse es auf den halben Theil einkochen, ziehe es sodann durch ein Haarsieb, und lasse es über Nacht stehen, wenn es die Zeit erlaubt. Wenn man es am Tag darauf kochen will, so nehme man das Fett oben ab, thue das Uebrige wieder in eine Casserolle (Kastrol), und lasse es so lange kochen, bis eine Probe davon auf einem Teller in Tropfen stehen bleibt. Während des Kochens muß die Consommé immer abgeschäumt werden; sodann gieße man sie durch eine Leinwand in ein flaches Geschirr, und schneide sie, wenn sie fest gestanden, in Täfelchen wie Chokolade. Sie ist vorzüglich gut zu Geflügel und zum Glasiren. Auch kann man aus solcher Consommé zu jeder Zeit die kräftigste Fleischbrühe und davon die reinlichsten Suppen bereiten, wenn man nur Wasser, Feuer und Brod hat. Deßwegen ist sie für Reisen sehr zu empfehlen[A].
4. Coulis (sprich Kuli).
4 Pfund altes Ochsen- oder Kuhfleisch, 2 Kalbsknoten, 3 Kalbsfüße, 1 altes Huhn, allerlei Wurzeln, Zwiebel, Muskatblüthe, Alles in kleine Stücke zerhackt, wird in einer bedeckten Casserolle oder Kessel mit 6 Maas Wasser 4 bis 6 Stunden gekocht. Ferner läßt man in einer Casserolle 1/2 Pfund Butter zerlaufen, rührt 2 starke Hände voll feines Mehl daran und läßt es zwei Minuten mit einander kochen; dann gießt man ein halbes Glas voll kaltes Wasser daran und rührt das Mehl damit glatt. Nun zieht man obige Kraftbrühe durch ein Haarsieb, nimmt das Fett oben ab, gießt die Brühe unter beständigem Rühren in die Casserolle und läßt sie mit dem Mehl noch 2 Minuten lang kochen; darauf gießt man diese Coulis in ein irdenes Geschirr und braucht sie zu allen weißen Saucen. Auf diese Art werden auch die Coulissuppen bereitet.
5. Baumwollesuppe.
1/4 Pfund Butter wird in einer Schüssel ganz leicht verrührt, nach und nach werden 4 Eier, 4 Eßlöffel voll süßer Rahm, 5 Kochlöffel voll Mehl daran gerührt; dieser Teig wird mit einem Kochlöffel in kochende Fleischbrühe gezettelt und Salz und Muskatnuß dazu gethan.
6. Biersuppe auf gewöhnliche Art.